Bild: Lucas Eiler

Unter 900 Mitbewerbern durchgesetzt

Ein Portrait über Lucas Eiler

Von Nina Helfenstein

MAINZ. Der 27-jährige Lucas Eiler studierte ab 2013 Politikwissenschaft und Rhetorik an der Eberhard Karls Universität in Tübingen. 2014 kam dann noch Medienwissenschaft hinzu. Heute ist er Redakteur und Reporter bei ZDFzoom. Wie er zu seinem Job kam und welchen Rat er für die Studierenden hat, verrät er in einem Interview mit Nina Helfenstein.

Nina Helfenstein: Lucas, bevor wir einen näheren Einblick in Deinen akademischen und beruflichen Werdegang erhalten, erzähl doch kurz etwas über Deine Person. 

Lucas Eiler: Ich bin 27, komme aus der Nähe von Stuttgart. In meiner Freizeit koche ich sehr gerne und gehe joggen. Ansonsten ist durch Corona ja aktuell nicht so viel mit Freizeit. 

Nina Helfenstein: 2013 hattest Du begonnen, in Tübingen zu studieren. Allerdings nicht Medienwissenschaft, sondern Politikwissenschaft und Rhetorik. Was hat Dich dazu bewogen, noch die Medienwissenschaft draufzusetzen? 

Lucas Eiler: Genau, 2013 habe ich in Tübingen begonnen, Politikwissenschaft und Rhetorik zu studieren. 2014 habe ich dann Medienwissenschaft im Parallelstudium dazu genommen. Ich kannte ein paar Kommilitoninnen und Kommilitonen, die auch Medienwissenschaft studiert haben, was sie erzählten, fand ich spannend. Ich hatte zu der Zeit zum Beispiel auch schon Uniradio und Praktika im Medienbereich gemacht. Für mich war klar, dass ich später in den Journalismus gehen will. In der Politikwissenschaft haben wir über die politischen Themen gesprochen, in der Medienwissenschaft ging es darum, wie darüber berichtet wird. 

Nina Helfenstein: Du arbeitest ja aktuell als Redakteur und Reporter bei ZDFzoom. Könntest Du Deinen Job und Arbeitsalltag kurz beschreiben? 

Lucas Eiler: Wir machen politisch-investigative Dokumentationen. Da geht es zum Beispiel um Erdogans Einfluss in Deutschland oder darum, was uns die Coronakrise kostet. Also um Themen, die die Gesellschaft bewegen, um unterbeleuchtete Aspekte und um Missstände. Da bin ich einerseits Redakteur: Das heißt, ich betreue die Filme von Autoren und nehme sie ab. Wir besprechen gemeinsam die Inhalte des Films, welche Aspekte wichtig sind und wo es sich lohnt, nachzubohren.  Andererseits bin ich Reporter: Das heißt, ich mache selber Filme wie zum Beispiel den Film über die Corona-Schulden. Hier recherchiere ich, gehe ich raus, interviewe Protagonistinnen und Protagonisten und erzähle ihre Geschichten, erkläre die Hintergründe. Auf YouTube mache ich außerdem für unser Format zoomIN Filme als Host. 

Nina Helfenstein: Seit wann arbeitest Du beim ZDF als Redakteur und Reporter? 

Lucas Eiler: Seit 2017 bin ich beim ZDF, von 2019 an dann bei ZDFzoom. 

Nina Helfenstein: Uns als Studierende der Medienwissenschaft interessiert natürlich vor allem, wie Du einen Fuß in die Tür der Medienbranche gekriegt hast und den Einstieg in den Journalismus geschafft hast.  

Lucas Eiler: Ich wusste schon als Schüler, dass mir der Umgang mit den Medien Spaß macht. Während der Schulzeit habe ich schon in der Schülerzeitung mitgearbeitet. Als ich dann an die Uni gekommen bin, wollte ich auch gleich was für das Uniradio machen. Ich wusste, das ist eine gute Gelegenheit, mich auszuprobieren – von Beiträgen bis zur Moderation und Gestaltung von Sendungen. Über mein ganzes Studium hinweg habe ich fürs Uniradio gearbeitet. Außerdem habe ich während meines Studiums zwei Praktika beim WDR in der investigativen Redaktion von Monitor gemacht. In Berlin durfte ich bei der investigativen ZDF-Sendung Frontal 21 ein Praktikum machen und ich war in der aktuellen Hörfunk-Redaktion des SWR-Studios in Tübingen. Dann habe ich mich im Prinzip auch schon um ein Volontariat beim ZDF beworben und hatte Glück, dass ich es bekommen habe. 

Nina Helfenstein: Du hast gerade das Volontariat als nächsten Schritt beschrieben. Könntest Du mal schildern, wie so ein Auswahlprozess aussieht? Was wird da von einem erwartet, welche Aufgaben kommen auf einen zu? 

Lucas Eiler: Ich habe die Anzeige gesehen und habe mich beworben. Erstmal wurde ausgesiebt, geschaut, ob die Bewerbungsvoraussetzungen erfüllt werden und ob schon Vorerfahrungen vorhanden sind. Es haben sich insgesamt über 900 Leute beworben. Diese erste Runde habe ich überstanden. Im nächsten Schritt gab es ein Online-Assessment. Da gab es verschiedene Aufgaben, beispielsweise zu Kreativität, Wissen und Multitasking. Außerdem gab es noch die Aufgabe, mit dem Smartphone einen Trailer für seinen eigenen YouTube-Kanal zu filmen, zu schneiden und sich dabei selbst zu präsentieren. Auch diese Runde habe ich überstanden. Dann wurde ich nach Mainz auf den Lerchenberg eingeladen. Hier bin ich mit 60 weiteren Leuten gewesen, die im Assessment-Center waren. Es gab dann drei Aufgaben:  eine Sondersendung zu entwickeln mit crossmedialen Elementen und eine Kamera-Übung, womit in diesem Fall ein Aufsager gemeint ist. Die letzte Aufgabe war eine Präsentation und ein Gespräch mit der Auswahlkommission. Die Mitbewerber- und -bewerberinnen waren alle wahnsinnig gute Leute. Deswegen dachte ich auch nicht, dass ich große Chancen habe. Aber es hat tatsächlich funktioniert. Ich wurde dann zur letzten Auswahlrunde eingeladen, in der dann Gespräche mit den Direktoren geführt wurden, also unter anderem mit dem Chefredakteur und dem Intendanten. Am Ende waren wir 14 Volos. 

Nina Helfenstein: Du hast Deinen Job und Deinen Arbeitsalltag schon beschrieben. Was ist für Dich das Beste an Deinem Job? Was macht Dir am meisten Spaß? 

Lucas Eiler: Ich liebe die Themen. Ich mag es, dass man Zeit dafür hat, sich mal intensiv in ein Thema rein zu fuchsen. So habe ich wirklich auch mehrere Tage oder Wochen, wo ich mich dann mit einem Thema beschäftigen und dann tiefer einsteigen kann. Und gleichzeitig ist es vielfältig. Ich kann andere betreuen, ich kann selbst Filme drehen, ich kann für YouTube Filme machen. Das finde ich ganz cool. Und dass du rumkommst, Leute triffst und in neue Themengebiete einsteigen kannst. 

Nina Helfenstein: Was war bisher Dein Highlight oder der größte Dreh, den Du machen durftest? Und welche spannenden Persönlichkeiten hast du schon kennenlernen dürfen? 

Lucas Eiler: Im Sommer habe ich Olaf Scholz interviewet. Damals glaubte noch kaum einer, dass er Kanzler wird. Das Interview war auf jeden Fall eine spannende Herausforderung. Aber es gab auch andere spannende Personen. So habe ich zum Beispiel ziemlich am Anfang meines Volos einen Beitrag über einen Obdachlosen gedreht, der in Mainz auf der Straße gelebt und einen Job gesucht hat. Nachdem das ZDF über ihn berichtet hatte, gab es viele, die sich gemeldet haben, unter anderem auch die Leiterin eines Gnadenhofs – mit einem Jobangebot. Wir haben ihn dann dorthin begleitet. Das war sehr beeindruckend – und sehr emotional. 

Nina Helfenstein: Du hast uns jetzt einiges über Deinen Werdegang und Deinen Berufsalltag erzählt. Einige von uns Studierenden würden später gerne einmal in dieselbe Richtung gehen. Was muss eine Person Deiner Meinung nach mitbringen, um Redakteur beziehungsweise Reporter zu werden? 

Lucas Eiler: Neugierde und ein großes Interesse. Man sollte aufgeschlossen sein. Und die richtigen Fragen stellen können. Du musst dich mit den Themen auskennen, du musst wissen – gerade wenn du ein langes Format machst – wie hängt das alles miteinander zusammen? Wenn man einen Film von einer halben Stunde macht, musst du tiefer gehen und in der Lage sein, größere Zusammenhänge zu verstehen. Und die dann aber im nächsten Schritt so verdichten, dass jeder andere es auch versteht. Das ist ziemlich wichtig. Verständlichkeit. 

Nina Helfenstein: Hast Du vielleicht noch ein paar Tipps für die Studierenden auf Lager, die aktuell in Tübingen studieren, oder möchtest Du Ihnen etwas mit auf den Weg geben? 

Lucas Eiler: Macht auf jeden Fall Praktika. Und zwar dort, wo ihr gerne arbeiten würdet. Bewerbt euch einfach! Man denkt manchmal nicht, dass es klappt, aber man muss es versuchen. Man muss es früh versuchen, man muss es immer wieder versuchen. Auch während des Studiums gibt es schon viele Möglichkeiten, sich auszuprobieren und auch Erzählformen auszuprobieren. Zum Beispiel beim Uniradio, wo ich mich schon mit dem Medium auseinandersetzen konnte und auch mit crossmedialem Erzählen. Und für meine Bachelorarbeit habe ich eine Webdoku gedreht. Da habe ich über Geflüchtete, die in Tübingen studieren, berichtet. Solche Webdokus sind auch eine Möglichkeit, sich auszuprobieren. Insgesamt die Auseinandersetzung mit Social Media und Crossmedia – darin liegt glaube ich auch wirklich die Chance für junge Leute. Es gibt schon viele fähige, gute Journalisten – aber das ist ein Skill, der immer gefragter wird. 

Nina Helfenstein: Würdest Du sagen, Du hast Deinen Traumjob gefunden? 

Lucas Eiler: Einfache Antwort: Ja! 

Falls ihr einen Eindruck von seinen Projekten erhalten möchtet, schaut euch doch einmal Folgendes an:

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