X-Men: Zurück in die Vergangenheit
von Marius Lang
Die Geschichte der X-Men-Filme ist ein famoses Beispiel von Qualitätsschwankungen. Waren die ersten beiden Filme gut, im Falle des zweiten Teils X2 sogar sehr gut, so fielen der dritte Film Der letzte Widerstand und das Spin-off X-Men Origins: Wolverine bei Kritikern und Fans gleichermaßen durch.
Der Reboot Erste Entscheidung hingegen war erneut ein Publikumsliebling, der mit neuem Cast überraschte und mit Lob überhäuft wurde. Der neueste Teil der Filmreihe Zukunft ist Vergangenheit vereint nun die Altstars der ersten Filme mit den jüngeren Helden des Reboots. Das alles unter der Regie von Bryan Singer, der schon bei den ersten beiden Filmen die Fäden in der Hand hatte. Es steht viel auf dem Spiel: Im Film selbst die Zukunft der Mutanten, in der Realität die Zukunft des Franchise.
Vergangenheitspläne und Zukunftsbewältigung
In einer düsteren Gegenwart hat ein Krieg zwischen Menschen und Mutanten letztere an den Rand ihrer Ausrottung gebracht. Die Waffe der Menschen sind die Sentinels, unzerstörbare Androiden. In Moskau wird ein kleiner Trupp Mutanten von den Sentinels aufgespürt und nach und nach vernichtet. Doch dank Kitty Pryde (Ellen Page) gelingt es, eine Nachricht in die Vergangenheit zu schicken, um noch vor dem Angriff zu warnen. Der Trupp flieht nach China, wo einige alte Bekannte hinzustoßen: Professor X (Patrick Stewart), Storm (Halle Berry), ein reformierter Magneto (Ian McKellen) und natürlich Wolverine.
Gemeinsam fasst man einen Plan: Die Sentinels basieren auf einem Konzept des Mutantenhassers Bolivar Trask (Peter Dinklage), aus den 70ern. Als die Mutantin Mystique (Jennifer Lawrence) Trask ermordete, entschloss sich die Regierung dazu, das Sentinel-Programm weiter zu verfolgen. Der Plan des Widerstands: Kitty muss das Bewusstsein eines X-Men in seinen Körper der Vergangenheit senden. Dieser soll dann Kontakt zu den jüngeren Professor X (James McAvoy) und Magneto (Michael Fassbender) aufnehmen, um gemeinsam Mystique an dem Attentat zu hindern.
Wolverine ist der Einzige, der den Zeitsprung überleben kann und ergreift deshalb die Initivative. Doch die Reise birgt Probleme: Professor X ist in den 70ern nur ein versoffener Schatten seiner selbst und Magneto sitzt in Haft. Außerdem läuft die Zeit in der Gegenwart wie gewohnt weiter und die Sentinels kommen immer näher. Wolverine muss sich in der Vergangenheit also beeilen, um die Zukunft zu verändern.
Klingt kompliziert? Ist es auch. Aber so ist das Zeitreisen-Geschäft nun einmal.
Mutanten-Rassismus
Das Leitmotiv von Rassismus und Intoleranz zieht sich von jeher durch die X-Men. Ein Beispiel ist die Figur des Magneto, der in den früheren Filmen vom Holocaustüberlebenden zum Herrenrassenbeschwörer mutiert. Der Löwenanteil der Mutanten sind friedlich, doch einige Radikale bringen sie in Verruf.
Der Auftakt des neuen Films spielt die Endlösung durch: Mutanten werden in Lagern zusammengetrieben und in Massengräbern beigesetzt. Die Bilder am Anfang sind recht deutlich, fast schon simpel, aber dennoch kraftvoll. In diesem Setting spielt sich die Rahmenhandlung im „heute“ ab. Den Löwenanteil des Films übernehmen jedoch Wolverine und die Helden des Reboots, James McAvoy, Michael Fassbender und Jennifer Lawrence.
Überzeugender Cast
Hugh Jackman als Wolverine lässt sich gut vermarkten und war daher auch das Zentrum der Reklame für den Film. Leider war er aber in früheren Filmen nie wirklich interessant. In Zukunft ist Vergangenheit aber wird die Figur aus seiner Komfortzone herausgenommen. Der grobschlächtige, brummige Einzelkämpfer muss auf einmal den Mentor mimen. Damit noch nicht genug: Kitty ermahnt ihn auch dazu, dass er möglichst friedliche Gedanken pflegen muss, da sie sonst die Verbindung seines Bewusstseins mit seinem früheren Ich nicht aufrecht erhalten werden kann. Jackman spielt Wolverine gewohnt gut und die Story des Films gibt der Figur weit mehr Tiefe, als es die beiden Solofilme des Helden vermochten. Doch auch die übrigen Schauspieler überzeugen. Die Helden des Reboots sind durch die Bank fantastisch. Jennifer Lawrence ist eine großartige Mystique und auch McAvoy und Fassbender spielen die jüngeren Versionen von Professor X und Magneto, schon damals verfeindet, brillant. In der Rahmenhandlung wiederum überzeugen vor allem Patrick Stewart und Ian McKellen, bekannt aus den früheren X-Men-Filmen. Beide Versionen der Figuren profitieren davon, dass sie im Film nebeneinander gestellt werden. Als rassistisch versnobter Bösewicht Trask überzeugt hingegen Peter Dinklage (bekannt aus Game of Thrones).
Ein Wehrmutstropfen: Da der Großteil der Handlung in den 70ern spielt, leiden all jene Charaktere, die in der Rahmenhandlung ohne junge Version der Vergangenheit auskommen müssen, unter einer recht schwachen Charakterisierung. Dafür spielt jede Figur eine Rolle und niemand steht nur nutzlos daneben. Eine helle Freude ist hierbei der kurze, aber fantastische Auftritt von Evan Peters als Quicksilver, der bei Wolverine und Professor X bei der Befreiung Magnetos unterstützt.
Krach, Knall, Bumm!!
Und noch etwas überzeugt in diesem Film. Die Action ist die bislang Beste der X-Men-Filme. Ein Actionfeuerwerk jagt dabei das nächste, jeder der Kämpfe ist ein neuer Höhepunkt des Films. Dabei sahen die Kräfte der Mutanten nie so gut aus und nie war ein Film so einfallsreich in ihrer Durchführung. Das Finale ist hierbei einer der bombastischsten Auftritte, die je in einem X-Men-Film zu sehen waren.
Bryan Singers Rückkehr in den Regiestuhl hat sich in jedem Fall gelohnt. Sein Film ist eine fantastische Verbindung der alten Filme und des Reboots und optisch eine helle Freude. Mit X2 und Erste Entscheidung definitiv der beste Film der Reihe. Und obwohl es eigentlich bei Marvel-Filmen nicht mehr nötig ist, das zu sagen: Es lohnt sich, bis nach dem Abspann zu bleiben.
Bilder: Wolverine in der Vergangenheit mit Professor X; Professor X und Magneto; Mystique
© 2013 Twentieth Century Fox