„Wissenschaftskommunikation gehört einfach dazu“
Von Elisabeth Harvey
In der Medizin werde viel zu wenig über die Forschung dahinter berichtet, sagt die Studentin Marlene Heckl. Mit ihren Youtube Videos und Blogeinträgen möchte sie das ändern. Wissenschaftskommunikator Philipp Schrögel und sie sprechen im Interview darüber, warum Wissenschaftskommunikation wichtig ist.
Von Wissenschaftskommunikation profitiert die Gesellschaft. Viele Themen haben die breite Öffentlichkeit noch gar nicht erreicht, sagt Wissenschaftskommunikatorin und Bloggerin Marlene Heckl. Auch Philipp Schrögel, Mitarbeiter am Teilinstitut für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie ist der Meinung, dass kommuniziertes Wissen aus der Forschung dabei hilft, wichtige Entscheidungen im Alltag zu treffen. Welches Format sich für die Vermittlung besonders eignet, erklärt Philipp Schrögel.
Sind YouTube Kanäle oder Blogs ein geeignetes Format zur Vermittlung von wissenschaftlichen Inhalten?
Philipp Schrögel: Beide Formen sind durch eine persönliche Perspektive gekennzeichnet. Der Blog bietet eine wunderbare Möglichkeit selbst Wissenschaft zu vermitteln. Die Frage ist aber immer, wen erreiche ich? Bei wissenschaftlichen Blogportalen wie Scilogs sind es treue Stammleser und Akademiker. Da kommt es zu einer Interaktion. Viel spannender ist aber das Teilen der Blogs auf Social Media. Auch YouTube ist sehr interessant. Hier erreicht man vor allem junge Interessierte sowie Schüler oder Studenten. Die YouTuber sind vor allem erfolgreich, weil sie ihre Kanäle stark personalisieren. Damit können sie ihre eigenen Marotten und Sprachweisen etablieren.
Welche Vor- und Nachteile hat YouTube?
Philipp Schrögel Der Vorteil von YouTube sind die audiovisuellen Aspekte. Es ist aber sehr anspruchsvoll einen guten Kanal zu gestalten. Wenn man es macht, dann muss man es richtig machen. Der Nachteil ist, dass die Informationen auf YouTube nicht immer leicht zu finden sind.
Wie sieht es beim Blog aus?
Philipp Schrögel Dort ist es genau andersrum. Man muss genau überlegen, wie man ein Thema aufbereitet. Der Nachteil ist, man braucht sehr viel Zeit um einen Beitrag sorgfältig zu recherchieren.
Wie muss Wissenschaftskommunikation Ihrer Meinung nach vermittelt werden?
Philipp Schrögel Es gibt keine allgemeinen Anforderungen. Im Blick behalten sollte man immer seine Zielgruppe.
Ist es Ihrer Meinung nach gut, wenn auch Studenten Wissenschaftskommunikation betreiben oder sollten sich da vielleicht nur Journalisten betätigen?
Philipp Schrögel Ja und nein. Je früher man mit der Wissenschaftskommunikation beginnt, desto besser. Studenten können gut recherchieren, aber als Rezipient merkt man oft, dass sie noch kein vertieftes Wissen haben. Es ist wichtig zu üben, aber man sollte sich seinen Grenzen bewusst sein.
Frau Heckl warum ist Ihnen als Studentin Wissenschaftskommunikation wichtig?
Marlene Heckl: In meinem medizinischen Umfeld wird oftmals viel zu wenig über Forschung kommuniziert. Das Interesse daran ist gering, denn Wissenschaft zu vermitteln braucht Zeit und die ist selten vorhanden und wird häufig nur sehr schlecht oder gar nicht honoriert. Auch im Studium ist Wissenschaftskommunikation bei uns kein Thema. Es müsste dafür ja kein verpflichtendes Fach geben, aber Angebote von der Fakultät wären sinnvoll, um damit zumindest einmal in Kontakt zu kommen. Mit meinen Blogeinträgen und Videos habe ich einen Weg gefunden, Themen aus der Wissenschaft sichtbar zu machen. Ich spreche über Studien, die vielleicht die breite Bevölkerung noch gar nicht erreicht haben.
Was ist Ihrer Meinung nach die Aufgabe der Wissenschaftskommunikation?
Marlene Heckl: Die Aufgabe der Wissenschaftskommunikation ist es nicht nur Forschung möglichst klar und einfach zu kommunizieren. Es ist auch wichtig die Bedeutsamkeit von Themen für die Öffentlichkeit zu vermitteln und zusätzliche Blickwinkel und Perspektiven aufzuzeigen, sowie Projekte ebenso kritisch zu bewerten.
Wofür braucht es überhaupt Wissenschaftskommunikation?
Marlene Heckl: Wissenschaft geht heutzutage jeden etwas an! Die Vermittlung von Wissenschaft schlägt eine wichtige Brücke zwischen Forschern auf der einen und Laien auf der anderen Seite. Oftmals benutzen die Wissenschaftler eine abstrakte und sehr komplexe Sprache. Die Ergebnisse sind aber für uns alle, also für die Gesellschaft relevant. Daher ist der Dialog sinnvoll, um vernünftige Entscheidungen zu treffen. Neue Entwicklungen können sich nur durchsetzen, wenn die Menschen ihnen vertrauen. Außerdem ist es wichtig, Transparenz zu schaffen, damit die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft nicht leidet. Gerade in heutigen Zeiten, in denen es immer mehr Impfgegner gibt und pseudowissenschaftliche Theorien über soziale Medien verbreitet werden können, ist es wichtig über diese wissenschaftliche Methoden verständlich für Laien und kritisch hinterfragend aufzuklären.
Was ist Ihre Meinung Herr Schrögel?
Philipp Schrögel: Wissenschaftskommunikation ist relevant, weil sie Informationen zu vielen Entscheidungen gibt, die einen selbst betreffen. Zum Beispiel impfe ich meine Kinder? Auch hilft sie sich eine eigenen Meinung zu bilden zu gesellschaftlichen und politischen Bereichen.
Was bringt das der Wissenschaft?
Philipp Schrögel: Es muss nicht unbedingt was bringen. Was bringt es dem Arzt einen Patienten zu heilen? Vielmehr geht es darum, dass Wissenschaftskommunikation Spaß macht. Es gehört zur Wissenschaft einfach dazu. Das ist eine moralische Verpflichtung.
Der Wissenschaftsjournalismus hat existentielle Probleme. Verlage streichen Stellen. Honorare sind niedrig. Wäre ein Stiftungsmodell zur Unterstützung ratsam?
Philipp Schrögel: Eine Stiftung wäre sinnvoll oder ein finanziertes Forum. Schlecht wäre eine Stiftung, die nur für die Wissenschaftskommunikation verantwortlich ist.
Bisher wurde unter Wissenschaftskommunikation alles zusammengefasst, was von den Hochschulen, Institutionen und Forschern selbst kommuniziert wurde. Jetzt gibt es seitens des so genannten Siggener Kreises, einem Expertengremium für Wissenschaftskommunikation, die Forderung sich im Kampf gegen FakeNews und Populismus mit dem Wissenschaftsjournalismus zu verbünden. Die Wissenschaftsjournalisten sehen sich aber als Korrektiv, als vierte Gewalt und wollen sich nicht von der Wissenschaftskommunikation vereinnahmen lassen. Was ist Ihre Position?
Philipp Schrögel: Es braucht jemanden, der die Wissenschaft kritisch begleitet. Die Gegenüberstellung von PR und den Wissenschaftsjournalisten ist verkürzt. Auch andere Formen wie YouTube oder Blogs können Wissenschaft vermitteln und interessant sein. Wenn Universitäten über Wissenschaft berichten, brauchen sich die Journalisten nicht vereinnahmt fühlen. Es ist eine Aufklärung und trotzdem kann die Zeitung darüber berichten.