Vom Hobby zum Traumberuf

Die Biologin Dr. Ulrike Brandt-Bohne über ihren Weg aus der Forschung in die Wissenschaftskommunikation. Ein Porträt.

Von Magdalena Gredel

„Licht aus und los geht’s!“ Während sie das sagt, berührt Dr. Ulrike Brandt-Bohne zaghaft eine große Stahlkugel mit ihrem Zeigefinger, die sie elektrisch auflädt. Mit einem breiten Lächeln verfolgt sie den Versuch mit erwartungsvollem Blick und bewegt sich natürlich vor der Kamera. Lachend entlädt sie sich an einer metallenen-Spirale, die Funken sprühen. Man merkt gleich: Die lebendige, wissbegierige Frau hat Spaß an dem, was sie macht. Sie hat ihren Weg gefunden.

Noch vor einigen Jahren war Ulrike Brandt-Bohne es, die in einem langen, weißen Kittel, das schulterlange, blonde Haar zum Zopf gebunden, die Schutzbrille auf der Nase, auf der anderen Seite des Labortisches stand, mit Reagenzgläsern hantierte und Versuche durchführte. Uli, wie sie sich von Familie, Freunden und Kollegen rufen lässt und sich auch auf ihrer Webseite und Social-Media-Kanälen nennt, war es, die als Doktorandin jahrelang der Funktion bestimmter Proteine im Gehirn auf die Spur kommen wollte. Noch fokussiert sie sich auf ihre akademische Laufbahn und ahnt nicht, dass ihre Begeisterung für die Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte später einmal Ihr Beruf werden würde.

Ulrike Brandt-Bohne ist 1977 in Bangkok geboren. In Lateinamerika aufgewachsen, kam sie erst nach dem Abitur nach Deutschland. Ihrem Biologiestudium in Karlsruhe und Konstanz folgte eine Promotion in der Biochemie an der Universität Köln. Ihre wissenschaftliche Laufbahn führte sie als Postdoktorandin in Köln und am Centre for Genomic Regulation (CGR) in Barcelona fort.

Wechsel der Perspektive

In Experimentenshows geht Ulrike Brandt-Bohne wissenschaftlichen Fakten spielerisch auf den Grund. Foto: Ulrike Brandt-Bohne.

Parallel zu ihrer wissenschaftlichen Laufbahn, ihrer Zeit als Doktorandin und während des Postdocs beginnt Ulrike Brandt-Bohne mit der Wissenschaftskommunikation. Nach den ersten Kontakten, Castings und Drehs im Jahr 2005, steht sie im Januar 2006 für das ARD-Wissensformat Kopfball als Moderatorin vor der Kamera.

Es folgen Wissensshows und Event-Moderationen. „Es hat mir große Freude gemacht. Ich merkte, dass ich als Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gut funktioniere“, erklärt die Biologin. Anfangs war die Wissenschaftskommunikation ein Hobby, in dem sie aufgeht. Ob im Fernsehen oder in Online-Formaten: Von da an sieht man die zierliche, sympatische junge Frau mit dem strahlenden, aufgeschlossenen Lächeln, voller Energie und Tatendrang häufiger für Wissensformate vor der Kamera stehen. Mit ruhiger Stimme geht sie wissenschaftlichen Fragestellungen auf den Grund, führt Experimente durch und erklärt komplexe Inhalte einem breiten Publikum. Erst als ihre Stelle in der Forschung im Jahr 2008 nicht verlängert wird und Versuche in der Forschung zu bleiben scheitern, fasst sie den Entschluss:

„Ich will neue Wege gehen und mich trauen, aus dem Hobby Wissenschaftskommunikation meinen einzigen Beruf zu machen.“

Die Wissenschaft als Bühne

Als Moderatorin begleitet Ulrike Brandt-Bohne zahlreiche wissenschaftliche Events und Preisverleihungen, wie hier die Preisverleihung von „Schule trifft Wissenschaft“ der Robert Bosch Stiftung. Foto: Robert Bosch Stiftung

Und das gelingt ihr auch: Kopfball sowie diverse Moderationen von Events liefen bereits und auch als Wissenschafts- journalistin gewinnt Ulrike Brandt-Bohne mehr und mehr Expertise. Erfahrungen mit dem Schreiben hatte sie bereits durch ihren Blog Science-Meets-Society. Auf einer Webseite startet sie mit Experimenten für Kinder und gibt Seminare dazu. Sie schreibt als Autorin für die Zeitschrift des Forschungszentrum PRBB in Barcelona, El.lipse, und ist Autorin der Sendung Planet Wissen. Für die Spanische Krebsgesellschaft übernimmt sie die Onlinekommunikation und ist an Filmbeiträgen für Science-Museen beteiligt. Es ergeben sich immer neue Jobs. Auf ein bestimmtes Medium möchte sie sich dabei nicht beschränken. Ihre Zielgruppe ist stets situationsabhängig und durch das jeweilige Format bedingt. „Ich hatte immer neue und wechselnde Aufgaben, die mich herausforderten und an denen ich wuchs“, berichtet sie heute.

„Ich hatte immer neue und wechselnde Aufgaben, die mich herausforderten und an denen ich wuchs.“

Zwischen zwei Welten

Leicht war ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation nicht immer. „Ich habe keine Ausbildung im Bereich der Wissenschaftskommunikation und musste mir vieles abschauen und autodidaktisch dazulernen“, erklärt Ulrike Brandt-Bohne. Umso mehr freue es sie, dass Forschende heute in Seminaren das lernen können, was sie sich jahrelang selbst beibringen musste. Seit 2016 gibt sie nämlich Seminare für Wissenschaftlerinnen und Wissenschafler als Dozentin des Nationalen Instituts für Wissenschaftskomunikation (NaWik). Dort lehrt Ulrike Brandt-Bohne, wie Forschende Soziale Medien nutzen können, um in den Dialog zu treten und sich und ihre Arbeit sichtbar zu machen. Sie gibt Tipps zu Interview- und Präsentationstechniken und zum wissenschaftlichen Schreiben. Das alles sowie die Tools, die das NaWik zu diesem Zweck entwickelt, gibt die Wissenschaftskommunikatorin in ihren Seminaren weiter. Als Redakteurin für die Plattform Wissenschaftskomunikation.de erfüllt sie ebenfalls das Ziel Forschenden bei ihrer Kommunikation zu unterstützen. Sie führt Interviews mit Forschenden, die selber kommunizieren und befragt sie zu ihren Projekten. Sie führt Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich der Wissenschaftskommunikation auf, sammelt Leitlinien und schreibt Tipps für eine gute Kommunikation. Die langjährige Erfahrung als Wissenschaftlerin und freie Wissenschaftsjournalistin ist dabei von Vorteil, denn, sie versteht beide Welten und kann sie zusammenbringen. Und auch für sie gilt das, was sie den Seminarteilnehmenden vermittelt: Am Ende steht sie da vorne mit ihrem Thema und versucht, das Gesagte verständlich zu präsentieren und das Publikum für ihre Inhalte zu begeistern. „Es ist wichtig, wie man erzählt, wie man im Raum steht, wie man sich präsentiert,“ erklärt Brandt-Bohne.

Wissenschaftskommunikation in Form von Seminaren

Das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) vermittelt Studierenden, Wissenschaftlern*Innen und Öffentlichkeitsarbeitern*Innen die Grundlagen guter Wissenschaftskommunikation in Form von praxiserprobten Seminaren. Mehr zum NaWik, den Dozenten sowie dem Kursangebot gibt es unter https://www.nawik.de/.

Wissenschaft und Kommunikation

Als Dozentin gibt Ulrike Brandt-Bohne Seminare zur
Wissenschaftskommunnikation am NaWik. Foto: Ulrike Brandt-Bohne

Forschende sollten ihre Themen kurz und verständlich zusammenfassen können. Erst wenn man Interesse geweckt habe, könne man mehr Informationen einbauen. Man überrenne die Zuhörer*Innen sonst, wirke möglicherweise sogar lehrmeisterhaft oder arrogant. Ziel sei kein Vortrag auf Distanz, sondern eine Erzählung, die zum Gespräch einlädt. Und, interessierte Menschen durch spannende Formate abzuholen. Die Schwierigkeit: Diejenigen zu erreichen, die keinen Zugang zu Wissenschaft haben. Man müsse immer neue Wege finden, um auch mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

„Wissenschaftskommunikation ist Aufklärung. Neuerung. Das Verständnis der Welt. Unterhaltung.“

Forschungsergebnisse beeinflussen das Handeln der Zukunft und Entdeckungen verändern unsere Gesellschaft. Daher müsse die Gesellschaft auch informiert sein – über Potenziale, genauso wie über Risiken und Folgen. „Wissenschaft wird von öffentlichen Geldern finanziert. Wenn die Gesellschaft nicht versteht, was die Forschung macht, warum sollte sie dann Geld dafür bereitstellen?“, gibt die Biologin zu bedenken. Der forschende Mensch werde immer alles Mögliche ausprobieren. Die Wissenschaft und die Gesellschaft müsse die Erkenntnisse zum Guten nutzen, steuern und Grenzen setzen. Dafür müssen Forschende auch manchmal Gesicht zeigen, öffentlich für ihre Inhalte und auch ihre Meinungen einstehen und diese belegen. So könne Vertrauen in die Wissenschaft geschaffen werden.

Der Weg in die Wissenschaftskommunikation

Ihr Tipp für alle, die den Weg in die Wissenschaftskommunikation beschreiten wollen? „Es wagen! Nischen finden und verschiedene Medien und Formate ausprobieren: Wer gerne schreibt, kann einen Blog starten. Wer filmisch Talent hat, sich mit einem Clip für Youtube versuchen. Wer gerne auf der Bühne steht, bei einen Science Slam mitmachen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten!“. Zum Abschluss wünscht sie

„Viel Spaß nach dem Motto: Jeden Tag etwas Neues entdecken! Danach versuche ich zu leben – bei der Arbeit und privat. Ich liebe die Wissenschaft.“