Unternehmertum, soziales Engagement und … Medienpraxis!

Von Chrissi Maierhöfer

Ohne soziales Engagement würde unsere Gesellschaft in vielen Bereichen nicht mehr funktionieren! Im Rahmen von Social Entrepreneurship beschäftigen sich jetzt auch immer mehr (Jung)Unternehmer mit der Lösung von gesellschaftlichen Problemen – doch was hat das mit Medienwissenschaften zu tun? Teil 1 der neuen Reihe zu sozialem Engagement in der Welt der Medienpraxis.

Man hört es immer wieder: Unsere Gesellschaft wird zunehmend egoistischer, jeder ist sich selbst der Nächste. Wir sind zu abgestumpft und verlieren den Blick für das Leid anderer. Zudem zerstören wir unaufhaltsam die Umwelt, erst langsam regt sich Protest dagegen – vermutlich schon zu spät. Scheinbar düstere Aussichten für die Menschheit.

Do something great?!

Gleichzeitig erreichen uns Bilder von Menschen, die Geflüchtete an Bahnhöfen mit Kuscheltieren empfangen. Bilder von tausenden von jungen Leuten, die jeden Freitag für die Umwelt auf die Straße gehen. Bilder von Helfern in Krisengebieten. Also doch noch nicht alle Hoffnung verloren?

„Im Jahr 2018 gab es in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre rund 14,89 Millionen Personen, die ein Ehrenamt hatten bzw. unentgeltlich in einer Bürgerinitiative, einem Sportverein, einer sozialen Organisation oder Ähnlichem tätig waren.“ (Quelle: Statista,2019)

Das sind rund 36% der Bevölkerung, und die Zahlen steigen stetig weiter an. 

Und nicht nur in der Zivilgesellschaft tut sich etwas: Seit einiger Zeit gibt es auch auf unternehmerischer Seite eine Entwicklung, die sich die Lösung von sozialen Problemen und einen positiven Wandel unserer Gesellschaft zum Ziel gesetzt hat: Diese Art des Unternehmertums wird als Social Entrepreneurship bezeichnet.

Social Entrepreneurs erobern den Markt

Zusammen sind wir stärker. Foto: pexels.com

Ob es um Entwicklung von nachhaltigeren Kondomen, Bereitstellung von Arbeitsplätzen für benachteiligte Personengruppen oder „nur“ um die Generierung von Aufmerksamkeit für soziale und/oder ökologische Probleme geht – Social Entrepreneur ist, wer sein Unternehmen nicht primär gewinnmaximierend aufbaut, sondern seinen Fokus auf die Lösung von Problemen der Gemeinschaft legt. Wirkungsorientierung statt Profitorientierung. 

Zwar ist soziales Unternehmertum kein komplett neues Phänomen, trotzdem scheint es sich erst in den vergangenen Jahren einer breiten Öffentlichkeit zu erfreuen. Dies kann die Veröffentlichung des ersten umfangreichen Deutschen Social Entrepreneurship Monitors (DSEM) 2018 nun auch in Zahlen belegen.

Kein Entkommen der Digitalisierung

Ebendieser macht gleichzeitig auf eine Entwicklung aufmerksam, der auch Sozialunternehmen nicht entgehen können: der Einfluss der Digitalisierung und der „neuen Medien“. Gerade die Organisationsentwicklung, also das Geschäfts- und Wirkungsmodell, wird stark von zunehmender Digitalisierung gesteuert. Nur 7,1% der deutschen Social Entrepreneurs sehen sich und ihr Unternehmen nicht von der Digitalisierung beeinflusst. Jedes vierte soziale Unternehmen nutzt zudem intensiv digitale Technologien wie beispielsweise Mobile Apps oder aber auch Künstliche Intelligenz. 

Und was hat das jetzt mit Medienwissenschaft zu tun? Mit zunehmender Digitalisierung dringen Medien und damit verbundene Herausforderungen auch in den sozialen Sektor vor. Der professionelle Umgang mit Social Media und anderen neuen Medien muss gelernt werden. Aber auch Fragen der Medienethik drängen in den Vordergrund, wie es auch in konventionellen Unternehmen und gesamtgesellschaftlich immer weiter passiert. Gleichzeitig werden im Bereich der Neugründungen von Sozialunternehmen immer mehr digitale Projekte verwirklicht. Medienkompetenzen sind also, nicht nur in der Öffentlichkeitsarbeit von sozialen Unternehmen (immerhin 38% der Ehrenamtlichen sind in diesem Bereich beschäftigt), so gefragt wie nie.

Abgesehen von dieser, vielleicht offensichtlichen, Verbindung der Medienwissenschaft und Medienpraxis mit Sozialunternehmen, gibt es einen weiteren Aspekt, der Medienproduktion und soziales Engagement eng verbindet. Die Bewegung des „Konstruktiven Journalismus“ setzt an dem Konzept der Social Entrepreneurs an: gut recherchierte Nachrichten, die Lösungsansätze und damit Mehrwert für die Gesellschaft liefern, anstatt klassisch nur von Problemen zu berichten. Desweiteren gibt es zahlreiche journalistische und medienproduzierende Organisationen, die sich soziale Verantwortung und das Ziel eines gesellschaftlichen Wandels auf die Fahne schreiben. Eins der bekanntesten Beispiele hierzu sind die Reporter ohne Grenzen.

Soziales Engagement? – Da bleiben wir dran!

Deutlich wird also, dass Medienpraxis und soziale Verantwortung auf mehreren Ebenen miteinander verbunden sind. Auch der neu akkreditierte Master-Studiengang der Medienwissenschaft mit dem Schwerpunkt Öffentlichkeit und Verantwortung hier an der Uni Tübingen spricht dafür. Deshalb liegt es uns am Herzen, allen MeWi-Studierenden, aber auch allen anderen Interessierten, das Feld des sozialen Engagements näher zu bringen. Und wie geht das besser, als dem Thema eine eigene Reihe hier auf diesem Blog zu widmen? 

In den kommenden Wochen könnt ihr weiter gespannt sein auf Beiträge zu oben angeschnittenen Themen, wie beispielsweise konstruktivem Journalismus, medienpraktischem Arbeiten in sozialen Unternehmen, studentischem Engagement in Tübingen und vielem mehr!

Quellen:

https://de.statista.com/themen/655/soziales-engagement/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/196003/umfrage/haupttaetigkeit-waehrend-des-freiwilligen-engagements/

https://www.send-ev.de/uploads/dsem-2018_web.pdf

https://www.gruenderkueche.de/fachartikel/die-social-entrepreneurship-szene-in-deutschland-teil-1-startups-unternehmen-und-events/