Musik

Online-Streaming: Hier spielt die Musik!

Von Josephin Noka

Musikstreaming ist spätestens seit der legalen Einführung keine Besonderheit mehr. Das schwedische Unternehmen Spotify hat durch die Einführung von Online-Streaming die Gelegenheit ergriffen, Musik kostenlos oder zu einer niedrigen Leihgebühr anzubieten. Weshalb der Streamingdienst nun auch an der DNA seiner Nutzer interessiert ist und was für Nachteile das Musikstreaming mit sich bringen könnte, erfahrt ihr hier.

Das Display leuchtet orange und die Silberscheibe fängt an sich zu drehen. Jetzt nur noch darauf warten, dass der klobige Kasten etwas leiser wird und ein rhythmisches Klicken von sich gibt. In wenigen Sekunden wird die sehnlichst begehrte „Bravo Hits 49“ abgespielt, für die das ganze Taschengeld, inklusive das der Geschwister, dran glauben musste.

Wir – damit spreche ich stellvertretend für die 90er-Generation – kennen sie noch, die Zeit als wir CDs kauften, die darin eng eingeklemmten Songtext-Heftchen auswendig lernten und die Lieder in Dauerschleife lautstark mitsangen. Ein nostalgisches Gefühl kommt auf, wenn man seine alten CDs beim Ausmisten entdeckt. Heute werden Tonträger wie CDs oder Schallplatten kaum noch gekauft, denn seit der Einführung des Internets kann Musik online gestreamt werden.

 

Es war einmal ein schwedisches Start-Up-Unternehmen…

Spotify Musik

Spotify ist für viele junge Leute ein alltäglicher Begleiter. Foto: Pixabay

Das Paradebeispiel aller Musikstreaming-Dienste nennt sich Spotify, eine Wortkombination aus dem Englischen „to spot“ für „entdecken“ und „to identify“, also „identifizieren“. Mit schlappen 5,259 Milliarden Euro Umsatz kann sich das Unternehmen als Spitzenreiter küren (Statista, 2018). Der schwedische Gründer des Start-Ups Daniel Ek entwickelte einen Musikstreaming-Dienst, bei dem Musik, Podcasts und Hörbücher kostenlos über das Internet abgerufen werden können. Das sogenannte Freemium-Modell sollte Nutzer vorerst anlocken, um das Produkt kennenzulernen. Um dennoch Einnahmen zu generieren, werden Freemium-Nutzer beim Musikhören immer wieder von Werbespots unterbrochen. Mit einem monatlichen Beitrag bietet Spotify unter einem Premium-Status das werbefreie, unbegrenzte Streamen an. Pluszahlen hat das Unternehmen jedoch noch nicht verzeichnet, trotzdem zählt Spotify zu den erfolgreichsten Start-Up-Unternehmen weltweit.

Wenn der Algorithmus den Musik-Geschmack bestimmt

Wer Spotify-Nutzer ist, findet in der sogenannten „Spotify-Bibliothek“ gespeicherte Songs und die damit verbundenen Playlists oder Alben. Nahezu jedes Lied kann gesucht und abgespielt werden. Beim Durchstöbern der Genreauswahl fällt eines ganz besonders auf: Ob „Konzerte“, “Sommer“, „Rock“, „Hörbücher“, „Fitness“, „Schlaf“, „K-Pop“ oder „LGBTQ*“, Spotify scheint für jedermann, egal in welcher Stimmung und Lebenssituation, die passenden Playlists zu haben.  Aber nicht nur das bietet das schwedische Unternehmen. Der Musikstreaming-Dienst stellt seinen Nutzern individualisierte Playlists wie „Dein Mix der Woche“ oder „Dein Sommer Flashback“ zusammen, denn anscheinend kennt er deren Musikgeschmack sehr gut.

Klingt erstmal sehr entgegenkommend, doch was dahintersteckt, ist nichts Geringeres als ein Algorithmus, der das Streaming-Verhalten der Nutzer analysiert und kategorisiert. Ein Verfahren, das dazu neigen könnte, seine Nutzer in eine Spirale des Musikhörens zu bewegen, nach der ursprünglich gar nicht verlangt wurde. Musiktitel, die von den meisten Nutzern angeklickt werden, ergattern sich einfacher einen Platz in den von Spotify zusammengestellten Playlists und werden somit immer mehr nach vorne gepusht.

Deshalb scheint das Empfehlungssystem durchaus eine gute Möglichkeit zu sein, um seinen Musikhorizont zu erweitern. Fraglich ist jedoch, ob das, was Spotify seinen Nutzern tatsächlich vorschlägt, hauptsächlich Werbung für Massenware ist, die durch den Algorithmus in die beliebtesten Playlists gelangte.

„Stream mir das Lied meiner DNA!“

Wie der Name Spotify schon sagt, geht es dem Musikstreaming-Giganten auch darum, zu identifizieren. Wer nun denkt, dass E-Mail-Adressen und Bankdaten dafür reichen sollten, der irrt sich. Spotify will jetzt auch etwas über die Gene seiner Nutzer wissen. Natürlich nur in deren Interesse, so das Unternehmen. Der Start-Up-Überflieger kündigte im Jahr 2018 an, dass es in Kooperation mit dem Genforschungsunternehmen Ancestry künftig möglich sein solle, mithilfe der eigenen DNA ein Musiksortiment zusammenzustellen, das dem Musikgeschmack der „Spotifyer“ entspricht.

Wer also laut seinem Gentest 5% italienischer und 10 % deutscher Herkunft ist, der darf sich dann möglicherweise mit Liedern von Eros Ramazotti und Helene Fischer das Leben versüßen. Da bleibt einem doch wirklich mal kurz der Atem weg. Ganz abgesehen davon, dass dieser neue Service eher profitorientiert scheint und datenschutzrechtlich mit hoher Skepsis zu betrachten ist.

Wer streamt, besitzt nicht

Musikstreaming ist spätestens seit der legalen Einführung keine Besonderheit mehr. Die Musikindustrie hat sich der Digitalisierung angepasst, wenn auch, von Seiten der Musiker und Musiklabels, gezwungenermaßen, denn diese verdienten an dem Verkauf von CDs mehr, als über das Streaming. Der Musikstreaming-Anbieter Spotify hat durch die Einführung von Online-Streaming die Gelegenheit ergriffen, Musik kostenlos oder zu einer niedrigen Leihgebühr anzubieten. Durch Streamingdienste wie diese kann Musik bequem über das Smartphone gehört werden und ermöglicht den Nutzern, Musik überall hin mitzunehmen. Dadurch ist Musik ein ständiger Wegbegleiter. Gehören tut uns die Musik jedoch nicht, denn sie ist nur geliehen.

Musik macht Erinnerungen

Schallplatten

Trotz der diversen digitalen Möglichkeiten gibt es noch immer Leute, die sich lieber CDs oder Schallplatten zulegen. Foto: Pixabay

Ob an der selbstgebrannten CD, oder dem Kelly Clarkson Album, das man sich damals kaufte: An diesen Tonträgern haften Erinnerungen, die jederzeit aufgerufen werden können. Was aber, wenn man sich nach zehn Jahren Musik streamen auf Spotify dazu entscheidet, das Abonnement zu kündigen? Sämtliche Musik-Playlists, die man sich über Jahre hinweg zusammengestellt hatte, wären weg. Musikdienste wie iTunes ermöglichen ihren Nutzern das Kaufen von Musiktiteln und verhindern somit einen Verlust der eigenen Musiksammlung.

Eine gute Alternative für all diejenigen, die nach etwas mehr Beständigkeit trachten. Denn sind wir mal ehrlich:  Braucht es wirklich eine DNA-Analyse oder einen Algorithmus, der nebenbei dazu neigt, eine Monokultur hervorzurufen? Da sich das mühevolle Erstellen von Playlists über Jahre hinweg durch eine Abonnement-Kündigung größtenteils als umsonst erweisen könnte, liegt der Gedanke nicht fern sich die Zeit zurückzuwünschen, als das Display orange leuchtete, die millimeterdünne CD-ROM begann sich zu drehen und wir sehnlichst auf die ersten Klänge der 49. „Bravo Hits“ warteten.

Quellen:

https://investors.spotify.com/financials/press-release-details/2019/Spotify-Technology-SA-Announces-Financial-Results-for-Fourth-Quarter-2018/default.aspx

https://www.spiegel.de/kultur/musik/spotify-wie-der-streaming-gigant-musik-zur-monokultur-macht-a-1201972.html

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/812241/umfrage/umsatz-von-spotify-weltweit/

http://www.mtv.de/news/y0sab0/bald-kornnt-ihr-auf-spotify-musik-hoeren-die-zu-eurer-dna-passt