Rezensionen und Eindrücke der Französischen Filmtage

Von Chrissi Maierhöfer

Was braucht man, um den Oberbürgermeister, den Schweizer Konsul, eine baden-württembergische Staatsekretärin und den französischen Botschafter für Kultur an einem Ort anzutreffen? Französische Filme! Und die gab es zu genüge in den letzten Tagen in Tübingen. Im Rahmen der 36. Französischen Filmtage wurden insgesamt rund 90 frankophone Filme in Tübingen und Umgebung gezeigt.  Wir haben für euch Eindrücke, Hintergründe und Rezensionen im folgenden Beitrag gesammelt.

Die Französischen Filmtage können auf eine lange Laufbahn zurückblicken. Bereits seit 1984, also seit 35 Jahren, stellt das Festival eine wichtige Plattform für das frankophone Kino im deutschsprachigen Raum dar. Dabei verstehen sich die Betreiber selbst als Veranstalter eines „Publikumsfestivals“, das eben nicht nur Filme zeigt, sondern gleichzeitig noch ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops und vielem mehr bietet.

 

Feminismus, LGBTQ+, KI und die Schweiz

 

Wie jedes Jahr hat auch das diesjährige Festival verschiedene Schwerpunkte. Neben Feminismus, LGBTQ+ Themen (also Themen der lesbischen/schwulen/transgender-Gemeinschaft) und Populismus standen besonders schweizerische Produktionen und das Thema der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Zeit vom 30.10. bis zum 6.11. im Fokus.

 

KI wurde aus vielen Gründen als Festival-Schwerpunkt ausgewählt. Besonders (medien-)ethische Fragen, die bis heute noch nicht ausreichend beantwortet werden können, beschäftigen die Gesellschaft und damit auch Filmemacher besonders. Auch Themen wie die Entwicklung der Protestkultur, beispielsweise die Entstehung der Gelbwesten, Arbeitslosigkeit und Phänomene wie „Fake News“ hängen mit Entwicklungen der KI aber auch der Berichterstattung darüber zusammen und sind damit Thema zahlreicher Filme. Diese wurden, wie bereits erwähnt, nicht nur im Rahmen des Festivals gezeigt, sondern um anschließende Diskussionen und Vorträge ergänzt. Das Publikum hatte somit die Möglichkeit, sich partizipativ an dem Diskurs um KI und dessen Verarbeitung im Medium Film zu beteiligen.

 

Da es sich, wenn man es ganz genau nimmt, um die frankophonen Filmtage handelt, hat sich der spezielle Fokus auf afrikanische Produktionen über die Jahre hinweg etabliert. Filme aus dem Sudan, Algerien sowie aus Westafrika haben zu Mitfiebern aber auch zum Nachdenken über die teilweise kritischen Verhältnisse des Kontinents eingeladen. Einer dieser Filme war „Talking About trees“ aus dem Sudan.

„Talking About Trees“

 Suliman und drei weitere Mitglieder des Sudanesischen Filmclubs haben das Ziel, ein altes Kino wieder aufzubauen. Dabei stoßen sie jedoch immer wieder auf Schwierigkeiten – sei es aufgrund monetärer Probleme oder auch aufgrund ihrer Position als oppositionelle Künstler. 

Der Film beleuchtet nicht nur die politisch schwierige Situation im Sudan, sondern auch Themen wie Freundschaft, Loyalität und Beharrlichkeit:

 

 

„On ment toujours à ceux qu’on aime“

 

„Man belügt immer die, die man liebt“ der französische Film von 2019 verdeutlicht die Vielfältigkeit des Angebots der französischen Filmtage – völlig anders und trotzdem interessant:

 

Die Chance auf die große Gesangs-Karriere hat Jewell verpasst. Die Beziehung zu Paul ist auch schon Jahre vorbei und ihren Lebensunterhalt verdient sie in einer kleinen Bar. Doch all das weiß ihre Großmutter, die nun ihren Besuch aus Amerika ankündigt nicht. Für sie ist jewell glücklich mit Paul verheiratet, eine erfolgreiche Sängerin und hat sogar eine kleine Tochter.

All dies droht jetzt aufzufliegen. Im Zuge des Versuchs, die Situation zu retten, zieht Jewell auch ihr Umfeld immer, inklusive Paul, weiter mit in ihr Lügenkonstrukt hinein.

Untermalt von den beeindruckenden Bildern aus der Landschaft der Pyrenäen wird der Zuschauer bei „On ment toujours à ceux qu’on aime“ auf eine Reise genommen, die erneut zeigt, dass menschliche Beziehungen insbesondere zu denen die man liebt, nie einfach sind:

 

Filme in Tübingen stehen gerade hoch im Kurs

 

Am 6.11 kamen die französischen Filmtage zu ihrem Ende. Rund 15ooo Gäste, 90 Filme, 7 Diskussionen und 1 Festivalparty sind nur einige der Zahlen, auf die man im Nachhinein blicken kann. Der Herbst ist jedoch die Zeit der Filmfestivals und damit auch der Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen im Medium Film in Tübingen – und die nächste Gelegenheit ist nicht fern: Am 20.11. startet das Filmfest FrauenWelten, bei der die Menschenrechte von Frauen im Blickpunkt des Films behandelt werden.

 

Wen weitere Audio-Rezensionen, Interviews, wie zum Beispiel mit oben genanntem französischen Botschafter, oder auch ein Interview mit dem Leiter der französischen Filmtage interessiert, der kann auch auf der Webseite der Wüsten Welle vorbeischauen.