„Nur gucken, nicht anfassen!“ – Eifersuchtsfalle Social Media
Von Sandra Fuhrmann
„Liebe ohne Eifersucht gibt es praktisch nicht, und in gewissem Maße ist sie sogar positiv“, sagt der Berliner Psychologe Wolfgang Krüger. Eine klassische Situation: Der Partner trifft jemanden auf der Straße und unterhält sich angeregt. „Wer war das denn?“ wird die fast unvermeidliche Frage der besseren Hälfte folgen. Doch wie kann man in sozialen Netzwerken bei zweihundert oder noch mehr Freunden den Überblick über die Kontakte des Partners behalten? Laut einer Studie der kanadischen Psychologin Wera Aretz verstärkt Facebook die Eifersucht in Beziehungen.
„Früher musste ein Partner ja nicht den ganzen Tag Rechenschaft ablegen, mit wem er sich trifft und was er so tut. Heute posten die meisten freiwillig Informationen über ihr Leben“, so Aretz. Gerade diese Öffentlichkeit der persönlichen Informationen ist es laut der Psychologin, die geradezu zum Schnüffeln verführt. Damit werden auch die Partner zum potenziellen Kontrollfreak, die im nicht digitalen Leben kaum zu Eifersucht neigen – die Hemmschwelle sinkt, denn das Spionieren ist einfach und zudem unauffällig. Doch welchen Einfluss hat das auf unsere Beziehungen?
Der Lippenstift am Hemdkragen
Psychologe Wolfgang Krüger ist der Meinung, dass hinter Eifersucht die Angst steckt, verlassen zu werden. Zum einen ist Eifersucht ein Stück weit normal und kann dem Partner zeigen, dass er uns wichtig ist. Nimmt sie jedoch überhand, kann sie eine Beziehung gefährden. Soziale Netzwerke können unter Umständen einen Nährboden für diese Eifersucht liefern, indem sie private Informationen zu öffentlichen machen, die von jedem eingesehen werden können. Die meisten Leute geben diese persönlichen Informationen sogar freiwillig preis. Sie posten ihren Beziehungsstatus, veröffentlichen Bilder ihrer Partys und zeigen jedem, mit wem sie befreundet sind. Was früher der Lippenstift am Hemdkragen war, kann heute ein plötzlich neu auftauchender Freund in Facebook sein oder ein Partybild mit einer unbekannten Schönheit, auf dem man von einem Freund markiert wird. Mit genügend Phantasie und dem entsprechenden Eifersuchtspotenzial können so die heißesten Affären entstehen – wenn auch nur in der Fantasie des Partners.
Die Verführung ist groß – viele Menschen aktualisieren regelmäßig ihren Status, sammeln Freunde und versuchen sich in ihrem Profil möglichst gut zu präsentieren. Ein durchaus legitimes und zuweilen sogar ratsames Bestreben. Gerade für berufliche Zwecke, doch auch im privaten Leben, ist es heute wichtiger denn je, ein wenig Mühe in die Gestaltung seines Online-Auftritts zu stecken. Doch hier sollte differenziert werden: Welche Informationen gehören tatsächlich auf eine öffentlich einsehbare Seite und welche Dinge behält Mann oder Frau doch lieber für sich? Hat der eigene Beziehungsstatus tatsächlich etwas auf der Facebook-Profilseite zu suchen? Geht es jemanden etwas an, mit wem man am Vorabend feiern war? Letztendlich ist es eine Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss.
Das fehlende Stück Wahrheit
Ein Blick sagt mehr als tausend Worte – das gilt auch für Worte, die sich uns nur in digitaler Form auf dem Bildschirm zeigen. Die kanadische Psychologin Aretz weißt darauf hin, dass ein Stück der Wahrheit im Internet leicht verloren gehen kann. Genau deshalb ist die digitale Eifersucht auch gefährlich. Neuere Erkenntnisse in der Psychologie gehen davon aus, dass 90 Prozent unserer Kommunikation auf der nonverbalen Ebene stattfinden. Das heißt, dass diese Form der Kommunikation einen weit höheren Stellenwert einnimmt, als das, was wir in Form von Worten – ob nun geschrieben oder gesprochen – mitteilen. Verlässt man sich also nur auf digitale Informationen, ist die Chance groß, dass man einem Missverständnis unterliegt. Wer zu Eifersucht neigt, tut gut daran, sich dieses Umstands bewusst zu werden. Ein offenes Gespräch in der realen Welt könnte unter Umständen viel klären.
Das Internet und auch soziale Netzwerke werden immer mehr ein Teil unseres Lebens. Eine Entwicklung, die durch technische Tools wie Smartphones noch verstärkt wird. Warum also nicht die Regeln des realen Lebens auf die Online-Aktivitäten übertragen? Zumal es ohnehin schwer ist von zwei Welten zu reden, wo unser digitales Leben – heute vermutlich mehr denn je – unser reales beeinflusst und umgekehrt. Ist uns Ehrlichkeit in unserer Beziehung im realen Leben wichtig, dann sollte das auch für digitale Aktivitäten gelten. Und wer seinem Partner in der richtigen Welt vertrauen kann, der kann es mit großer Wahrscheinlichkeit auch online.
Fotos: flickr/DonDahlmann (CC BY-NC-ND 2.0); flickr/renee.hawk (CC BY-ND 2.0)
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