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Der Wandel eines Berufs: Journalist*in

Von Nurijan Rasidova

Als ich 2017 anfing, Medienwissenschaft in Tübingen zu studieren und mein erstes Seminar an der Uni besuchte (Titel „Medienpraxis“), stellte unsere Dozentin die Frage, wer von uns später gerne als Journalist*in arbeiten würde. 

Ungefähr die Hälfte meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen meldete sich. Meine Dozentin war sehr überrascht, freute sich jedoch über „das Wiederaufblühen der Journalisten“. Heute, drei Jahre später, weiterhin entschlossen, Journalistin zu werden, denke ich oft an diesen Moment zurück.

Der Weg zum Journalismus

Der Journalismus hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Die Aufgabe einer Journalistin oder eines Journalisten ist es, zu informieren und bestenfalls diese Informationen unterhaltsam zu gestalten. In der Regel macht man ein Volontariat, eine journalistische Ausbildung, welche in den Bereichen Hörfunk, Print, PR oder Online-Medien absolviert werden kann. Überall dort, wo man in einer Redaktion Themen aufbereiten kann. Die Dauer eines Volontariats beträgt zwischen zwölf und 24 Monaten. Die Vergütung ist tariflich geregelt. Ein Studium ist keine Voraussetzung, lediglich das Abitur.

Journalist*innen interviewen Politiker*innen, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen. Sie befassen sich mit aktuellen Themen und treffen auf verschiedene Menschen. Dabei beobachten sie, was in der Welt passiert und verfassen dazu verschiedene Artikel. 

Der Journalismus hat sich verändert

Doch, wie auch viele andere Berufe, hat der Journalismus mit der Digitalisierung einen Wandel erfahren. Von der Zeitung, hin zum Radio, dann zum Fernsehen und anschließend das Internet. Klassische Massenmedien finden sich seit einigen Jahren in einer neuen Medienlandschaft wieder. Rezipient*innen nutzen nun digitale Medien, insbesondere das Internet. Mobile Empfangsgeräte ermöglichen den Zugang zu Informationen, jederzeit und ortsunabhängig. Das Mediennutzungsverhalten wirkt sich auf die Arbeit der Journalist*innen aus, diese arbeiten heute vielfältiger – nämlich crossmedial. Das bedeutet, sie arbeiten medienübergreifend. Dies betrifft sowohl die Verbreitungsform der Information als auch die Aufbereitung der Themen. Die Journalist*innen von heute sollen nämlich für möglichst viele Kanäle produzieren. Verschiedene Berufsfelder wachsen dabei zusammen.

Warum sich der Journalismus in einer Krise befindet

Der Journalismus befindet sich in einer Art Krise. Einerseits sinkt das Interesse an professionell produzierten Nachrichten und Informationen kontinuierlich. Nutzer*innen hinterfragen häufig die Quellen und den Wahrheitsgehalt der Information nicht. Anderseits ist das Vertrauen der Nutzer*innen Journalist*innen gegenüber gebrochen. Das World Wide Web ist die beliebteste Nachrichtenquelle. Dort holen sich die meisten ihre Informationen mit ansprechend bereiteten und leicht greifbaren Grafiken. Durch den einfachen Zugang zu Online-Informationen werden weniger Zeitungen und Zeitschriften verkauft, Menschen hören weniger Radio und sie schauen weniger Fernseher. Viel beliebter sind Apps und soziale Netzwerke. Doch gerade dieser einfache Zugang stellt ein Problem dar: Medienrezipierende können durch wenige Klicks schnell und einfach selbst zu Medienproduzierenden werden. Dies bietet Raum für Falschmeldungen und Hate Speech. Akteure können anonym bleiben. Gerade zur Zeit der Hochkonjunktur von Verschwörungstheoretiker*innen sehen sich Journalist*innen immer wieder mit dem Vorwurf der „Lügenpresse“ konfrontiert. Es kommt zu einer scheinbaren Deprofessionalisierung der Berufsgruppe, denn Journalist*innen müssen mittlerweile nicht mehr studiert haben. Ein eigener Blog, sowie ein eigener YouTube-Kanal sind einfach erstellt und bespielt. Heute ist jede*r potenzielle*r Journalist*in, weil jede*r Medieninhalte produzieren kann. Jede*r hat digitalen Zugang zu Informationen und kann diese entsprechend aufbereiten, niederschreiben und uploaden. Die Qualität der Information bleibt jedoch fragwürdig. Viele Nutzer*innen haben (vielleicht gerade deshalb) kein Vertrauen mehr gegenüber den Medien. Doch Vertrauen ist essenziell, um gegen die Glaubwürdigkeitskrise anzukämpfen.  Das Medienverhalten, der Medienkonsum, sowie die Darstellung der Medieninhalte haben sich verändert, dies wirkt sich auch auf den Journalismus aus. Brauchen wir bald keine ausgebildeten Journalist*innen mehr?

Die Zukunft des Journalismus

Werden unsere Nachrichten bald von Algorithmen geschrieben? Bildquelle: Pixabay.

Algorithmen werden in vielen Bereichen heute eingesetzt. Selbst Jurist*innen können durch Algorithmen „ersetzt“ werden. So erstreiten Rechtsdienstleistungen im Internet Entschädigungen für unpünktliche Flüge. Schreiben Algorithmen in Zukunft auch unsere Zeitungs-Artikel? Computerlinguist*innen haben bereits Algorithmen entwickelt, die selbstständig Texte schreiben können: Journalistenroboter. Algorithmen werden wohl in Zukunft selbst Nachrichten erzeugen können, durch hinzugefügte Daten. Einzigartige Geschichten werden sie aber nicht schreiben. Denn erst Autor*innen geben den Geschichten eine eigene Perspektive. Diese Informationen können Algorithmen nicht zusammensetzen.

Online und jederzeit aufrufbar – Die Zukunft des Journalismus. Bildquelle: Pixabay.

Rückblickend auf das erste Semester wird deutlich, dass Studierende den Journalismus in einer Krise sehen. Doch viele junge Menschen sind bereit, neue Wege und Formen des Journalismus zu finden. Sie sind kreativ und bereiten Informationen nun in verschiedener Art und Weise auf. Der Beruf hat sich verändert und wird sich im Laufe der Jahre sicherlich weiter verändern. Journalist*innen haben nach wie vor eine wichtige gesellschaftliche Funktion, sie haben einen Bildungsauftrag. Die Kreativität und die Vielfalt, die die heranwachsende Generation der Journalist*innen mitbringt, können sich positiv auswirken. Ein neues Vertrauen kann gewonnen werden. Der Journalismus von morgen entsteht genau jetzt.

Mein Studium neigt sich dem Ende zu. Drei Jahre später, weiterhin fest entschlossen, als Journalistin zu arbeiten, freue ich mich auf die Herausforderungen. Gerade in einer Zeit wie dieser ist es wichtiger denn je, Informationen zu vermitteln, auf die sich Leser*innen verlassen können. Und gerade das crossmediale Arbeiten, das Aufbereiten der Nachrichten in Bild, Video oder Ton bietet die Chance, das alles den Rezipient*innen zugänglicher und interessanter zu gestalten. Nun heißt es für mich, einen begehrten Volontariats-Platz zu ergattern, um meinem Traumberuf ein Stückchen näherzukommen.

Zum Weiterlesen:

  • https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/journalismus-der-zukunft-es-zaehlt-die-einzigartige-geschichte/11292964-2.html?ticket=ST-13628113-jwysypYU1EvBSGgJbAYe-ap2
  • https://www.deutschlandfunk.de/legal-techs-algorithmen-statt-juristen.1773.de.html?dram:article_id=461060
  • https://www.geo.de/geolino/berufe/5534-rtkl-beruf-journalist
  • https://blog.zeit.de/schueler/files/2010/09/8.4-Aktuelle_Tendenzen.pdf
  • https://www.researchgate.net/publication/280040305_Der_Arbeitsmarkt_fur_JournalistInnen_Trends_und
    _Perspektiven_im_Auftrag_des_AMS_Osterreich