Ich habe heute eine BILD für dich.
von Alexander Karl
Die BILD wird 60. Dieser runde Geburtstag soll gefeiert werden. Deshalb hat sich der Axel-Springer-Verlag, der hinter BILD steckt, etwas Einzigartiges überlegt: Jeder Deutsche soll am 23. Juni eine Ausgabe des Blattes umsonst nach Hause bekommen. Deutschlandweit. 41 Millionen Haushalte. Auch solche, die keine Werbesendungen möchten. Im Internet wird schon laut überlegt, wie man dem Springer-Konzern ein Schnippchen schlagen kann.
BILD für lau
Man kann über die BILD-Zeitung viel diskutieren, Fakt ist: Sie polarisiert. Jeder kennt sie, doch die Leserschaft wird immer geringer. Innerhalb der letzten zehn Jahre verlor die BILD etwa 1,55 Millionen Leser. Bei der BILD am Sonntag sind es nicht ganz so viele, aber auch hier stehen etwa 1 Millionen weniger Leser zu Buche. Das kann natürlich auch mit dem digitalen Wandel zu tun haben. Denn online ist BILD das stärkste Nachrichtenportal mit fast 200 Millionen Klicks im Monat. Auch wenn BILD durch seine Volksprodukte noch den ein oder anderen Euro verdient, muss sich die Zeitung immer wieder überlegen, wie sie wieder mehr Beachtung findet und im Geschäft bleibt.
Es ist also ein kluger Schritt, zum 60. Geburtstag jedem Deutschen zu zeigen, wie eine echte und gedruckte BILD aussieht. Und daran kann man auch gut verdienen. Denn: Die Anzeigenpreise sind bei so einer riesigen Verbreitung natürlich immens hoch. 4 Millionen Euro verlangt die BILD für eine Anzeigenseite. Sonst kostet eine ganzseitige Anzeige 432.455 Euro.
Kritik im Web
Viele Blogger kritisieren die BILD für ihr Vorhaben, durch ihre bundesweite Postwurfsendung die Anzeigenpreise in die Höhe zu treiben. Andere wollen das Blatt aus Prinzip boykottieren. So heißt es etwa im Blog lifesoundsreal: „Ich finde das milde gesagt eine grobe Unverschämtheit, dass ich eine hirnlose, volksverblödende und journalistisch tieffliegende Zeitung zugestellt bekomme – ob ich das nun will oder nicht: Von Springer´s Gnaden sozusagen.“ Passend dazu gibt es ein Logo, das man an den Briefkasten kleben kann, um den Postboten vom Einwurf abzuhalten. Juristisch sei es auch möglich, die BILD zu verweigern. Im law blog von Udo Vetter heißt es dazu,
„[d]as Urteil (früherer Bericht im Blog) sagt nämlich klipp und klar, dass Postwurfsendungen jedenfalls dann unzulässig sind, wenn der Empfänger beim Absender widersprochen hat. Ich werde also mal einen kleinen Brief (vorab als Fax) an den Axel Springer Verlag senden und fordern, mich aus der Empfängerliste zu streichen. Sollte dann doch die BILD im Briefkasten sein, wird man über Unterlassungsansprüche nachdenken können.“
Ein weiterer Vorschlag wird in Blog medienblase gemacht:
„Als dritte und wohl charmanteste Möglichkeit, Springer bei seiner „BILD für ALLE“-Aktion ein wenig Breitseite zu geben, kann man die Zeitung auch einfach in den nächstbesten Briefumschlag stecken, als Absender
„Axel Springer AG
Axel-Springer-Straße 65
10888 Berlin„angeben und das Ganze mit dem Vermerk „Porto zahlt Empfänger“ gen Berlin senden.“
Was BILD damit auf jeden Fall gelungen ist, ist bereits jetzt für Gesprächsstoff zu sorgen. Und genau das kann BILD. Kein anderes Blatt sorgt für so viel Aufsehen, manchmal sogar, wenn sie eben nichts schreibt, sondern andere schreiben lässt – wie im Fall Wulff. Gleichzeitig dürfte es aber spannend zu sehen sein, wie die BILD an ihrem Geburtstag aussieht und aufgemacht ist. Wird ein Skandal enthüllt, den ganz Deutschland am Frühstückstisch serviert bekommt? Wirft BILD sein sonst übliches boulevardeskes Gesicht über Bord und liefert einen historischen Rückblick über die letzten 60 Jahre mit BILD? Das dürfte spannend werden. Denn gerade in 60iger und 70iger Jahren sorgte BILD für mächtig Zündstoff – zu nennen sei hier nur der Name Wallraff. Ende letzten Jahres sorgte aber der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG Mathias Döpfner für Tauwetter, in dem er Günter Wallraff verbal die Hand reichte.
Übrigens: Erstmals erscheint die BILD am Sonntag nun auch an einem Feiertag – nämlich dem 1. Mai.
Leider finden sich die Metadaten zur Aktion der BILD nicht mehr online, weshalb in diesem Beitrag auf Sekundärquellen gesetzt werden musste.
Foto: Sophie Kröher
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