Hüttengaudi meets Big Brother

 von Selina Juliana Sauskojus

Der Horrorfilm The Cabin in the Woods sollte das Genre revolutionieren. Kommerziell gelang der Produktion in den Kinos zwar ein beachtlicher Erfolg, aber das vom Regisseur Drew Goddard vorgegebene Ziel, dem Genre den Spiegel vorzuhalten und dadurch stilbildend zu wirken, war wohl doch etwas zu hoch gegriffen.

Eine Teenagerin möchte sich einen schönen Filmabend zu Hause machen. Das Popcorn steht schon auf dem Herd  – da klingelt das Telefon. Eine dubiose Männerstimme am anderen Ende der Leitung möchte ein Horrorfilmquiz spielen. Sie spielt mit. Und verliert. Der Rest ist Kinogeschichte.

Die Einstiegsszene des Horrorfilms Scream aus dem Jahr 1996 hat mittlerweile beinahe Kultstatus erreicht. Dem Regisseur-Urgestein Wes Craven gelang mit diesem Slashermovie die Wiederauferstehung eines tot geglaubten Genres. Scream führte die Absurditäten des Horrorfilmes vor, parodierte die gängigen Strukturen und machte durch seinen Erfolg den Weg frei für Horrorproduktion aller Couleur, besonders aber dem Teenslasher.

2011 scheint die Kinolandschaft dasselbe Problem zu haben, wie vor 15 Jahren. Der geneigte Horrorfan wird mit so gut wie jedem neuen Film, der im Kino erscheint, herausgefordert. Nicht aber, weil sich das Genre in eine ganz vortreffliche Richtung entwickelt, sondern weil es eine Herausforderung ist, sich denselben Film in unterschiedlichen Variationen wieder und wieder anzusehen. The Cabin in the Woods aber versprach Neues. Dabei klingt die Handlung zunächst einmal alles andere als einfallsreich.

Teenies (fast) allein im Wald

Fünf Collegestudenten wollen ein paar Tage in einer einsamen Hütte mitten im Wald verbringen. Auf dem Weg dorthin werden sie von einem ruppigen Tankwart vor jener Hütte gewarnt – keiner der Vorbesitzer hätte es dort lange ausgehalten. Alle Warnungen in den Wind schießend, macht sich die Gruppe auf zu ihrem Ziel. Was sie nicht wissen: sie werden beobachtet von einer internationalen Organisation, die den Jugendlichen ein Wochenende der etwas anderen Art bescheren will. Genauer gesagt: keiner der fünf soll das hochtechnologisch abgeschirmte Areal jemals lebendig verlassen. Der Plan scheint aufzugehen. Die Protagonisten verhalten sich wie erwartet: die Blondine Jules spielt das Girlygirl, der Sportler Curt lässt den Macho raushängen, die prüde Dana ziert sich zu jeder möglichen Gelegenheit, der attraktive Gruppenintellektuelle Holden ist ganz Gentleman und der Kiffer Marty kifft und philosophiert am laufenden Band. Während des ungezwungenen Wahrheit oder Pflicht-Spieles am Abend entdeckt die Gruppe eine Luke zum Keller, der sogleich besichtigt wird. Die Jugendlichen finden allerlei Gegenstände: Spieluhren, Puppen, alte Schmuckstücke und ein Tagebuch aus dem Dana einen lateinischen Spruch vorliest. Daraufhin wühlt sich eine Schar Zombies aus der Erde um den fünfen das Leben nicht nur zu erschweren, sondern auch dramatisch zu verkürzen.

Tour de Force der Parodie

Wie bei Scream klingt der Plot nicht einfallsreicher als andere dieses Genres. Aber während bei diesem das Spiel mit der Konvention und deren Bruch zunächst nicht ganz offensichtlich ist, so wird dem Zuschauer bei Cabin in the Woods jedes erdenkliche Klischee vor Augen und anschließend ad absurdum geführt.

Wes Craven bediente sich derer noch dosiert. Ihm gelang das Kunststück aus einem reichen Fundus an gängigen Horrorfilmklischees zu schöpfen, ohne den eigenen Film und dessen Handlung aus den Augen zu verlieren. Daran scheitert  Drew Goddard allerdings kläglich. Der Film scheint von einem Seitenhieb zum nächsten zu hetzen. Zumindest vermag er es, von Zeit zu Zeit zu überraschen. Dass die Jugendlichen, nicht wissentlich, wählen können, welches Szenario ihnen bevorsteht, ist ein geschickter Kniff. Es hätten statt Zombies schließlich auch Vampire, Kettensägenmörder oder Wassermänner sein können, die der Gruppe den Garaus machen. Auch die Tatsache, dass alle Geschehnisse von einer Organisation inszeniert und auf eine beinahe abstruse Art manipuliert werden, bringt frischen Wind in den Film. Zumindest für eine gewisse Zeit. Der Film scheint schon fast vorbei, die Zombies haben ihren Job erledigt, im Überwachungsraum der Organisation knallen die Sektkorken. Dann steuert der Film unerwartet den nächsten Höhepunkt an. Dieser scheint zunächst auch seinen Sinn zu haben. Allerdings macht der Film an dieser Stelle einen qualitativen Schnitt. Bei der Beantwortung der Fragen, wer denn diese Organisation ist und warum sie tut, was sie tut, scheint jede Motivation der Drehbuchautoren, kreativ mit dem Material umzugehen, verflogen. Als wäre man eine Checkliste durchgegangen, wird nun jedes Element, das sich irgendwie in einen Horrorfilm einbauen lassen könnte, verheizt. Dass es noch zwei Überlebende gibt, die das Hauptquartier der Organisation finden und somit die Euphorie unter den Mitarbeiten dieser vorerst dämpfen, stellt an sich noch keinen Bruch dar. Allerdings wirkt die Armada an allen erdenklichen Ungetümen, Killern und Monstern, die nach der Befreiung durch Dana und Marty kurzen Prozess mit der Belegschaft macht, eher ungewollt komisch, als furchteinflößend. Die wenigsten werden bei einer Fledermaus das Stottern und Schwitzen beginnen – es sei denn, man ist Bruce Wayne. Dass eine solche ungruselige Fledermaus plötzlich ein Blutbad anrichten soll, kommt beim Zuschauer nicht wirklich an. Kreativ mag das Potpourri an alptraumwürdigen Wesen schon gar nicht wirken. Und wenn man sich als Zuschauer denkt, man könne nicht mehr Klischees auffahren, da legt Goddard erst richtig los. So stellt sich heraus, dass die ganze Inszenierung ein Ritual war, um unterirdisch lebende Götter mit einem jährlichen Opfer in Schach zu halten. Vom Gelingen dieser Unternehmung hängt nicht weniger ab als das Überleben der gesamten Menschheit. Als dann noch Sigourney Weaver als Leiterin der Organisation auftaucht, möchte man am liebsten die Hände vor dem Kopf zusammenschlagen und sich wünschen, dass der Film nach sechzig Minuten einfach zu Ende gewesen wäre.

Fazit

Drew Goddard hat sich mit The Cabin in the Woods zu viel vorgenommen. Es gelang ihm nicht konsequent, die richtige Mischung aus einem Film mit eigenständiger Handlung und einer bloßen Collage zu finden. Der Film amüsiert zeitweise, keine Frage. Er hat auch seine starken Momente, insbesondere in den ersten sechzig Minuten. Insgesamt wirkt der Film aber eher wie ein aufgezogenes Duracell-Häschen, das von einem parodierenden Moment zum nächsten hetzt. Weniger ist manchmal mehr, das wusste 1996 auch schon Wes Craven.

 

THE CABIN IN THE WOODS, USA 2011 – Regie: Drew Goddard. Buch: Joss Whedon, Drew Goddard. Kamera: Peter Deming. Mit: Kristen Connolly, Chris Hemsworth, Jesse Williams. 95 Minuten.

 

Szenebilder: Universum Film

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