„Erleuchtung garantiert“ – wirklich?
von Andrea Kroner
Zwei ungleiche Brüder begeben sich auf die Reise in ein buddhistisches Kloster, um dort zu lernen, besser mit ihrem Leben umzugehen. Doch schon auf der Reise dorthin müssen sie Hürden unterschiedlichster Art meistern. Und selbst im Kloster ist Erleuchtung ganz und gar nicht garantiert.
Ein Trip durch die Hürden des Lebens
Die Brüder Uwe (Uwe Ochsenknecht) und Gustav (Gustav-Peter Wöhler) könnten unterschiedlicher nicht sein. Uwe führt ein scheinbar glückliches, bodenständiges Familienleben und verkauft Einbauküchen. Gustav hingegen interessiert sich sehr für fernöstliche Lehren und die dortige Lebensweise. Deshalb arbeitet er auch als Feng-Shui-Experte. Er wirkt langweilig und introvertiert – und ist ebenso wenig zufrieden mit seinem Leben.
Als Uwes Frau ihn plötzlich mitsamt der Kinder verlässt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Deshalb flüchtet er zu seinem Bruder, um sich bei diesem auszuweinen. Doch Gustav ist gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt: Er möchte zu einem japanischen Zen-Kloster reisen, um dort seine Erleuchtung zu finden. Kurzentschlossen schließt sich ihm Uwe einfach an – ohne zu wissen, worauf er sich eigentlich einlässt.
Schon der Beginn ihrer Reise verläuft nicht ohne Komplikationen: Bereits bei ihrer Ankunft in Tokio müssen sie mit Hunger, Durst und eingezogenen Kreditkarten kämpfen und letztendlich sogar in einem gestohlenen Zelt übernachten. Dadurch finden sie aber schon ein Stück weit zu sich selbst, noch bevor sie sich im Kloster überhaupt näher damit befassen.
Doch auch dort wird es nicht leichter, da sie sich an strenge Regeln halten müssen. Und hier ist es eher Gustav, der dadurch einzuknicken droht – würde ihm Uwe nicht helfen. Und so finden die Brüder nicht nur zu sich selbst, sondern auch zueinander und entwickeln eine vollkommen neue Sichtweise auf ihr Leben.
Disziplin als oberstes Gebot
Nicht nur die Charaktere, sondern auch die Crew musste mit vielen Einschränkungen zurecht kommen, da in einem richtigen Zen-Kloster gefilmt wurde. Alle mussten sich an die dort lebenden Mönche anpassen: Aufstehen um halb vier Uhr morgens, kaltes Duschen und stundenlanges Meditieren im Lotussitz waren deshalb an der Tagesordnung. Dafür war äußerste Disziplin notwendig. Doch nur so konnte eine größtmögliche Lebensnähe und Unmittelbarkeit erzeugt werden, was den Film authentischer macht. Um den Eindruck dieser Nähe noch zu verstärken wurde lediglich mit einer kleinen Filmkamera gedreht und das Team in Japan auf fünf Techniker und zwei Schauspieler beschränkt.
Dadurch bekommt dieser Film eine ganz Stellung, da er sich nicht einem einzigen Genre zuordnen lässt, sondern eine Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm darstellt: Einerseits ist die Grundkonstellation der Handlung erfunden, jedoch wurde im Kloster das alltägliche Leben der Mönche und Schauspieler begleitet. Darüber hinaus filmten sich Uwe und Gustav gegenseitig mit einer eigenen, handelsüblichen Handkamera, wodurch eine noch beeindruckendere Nähe entstand.
Ein Film der Gegensätze
Nicht nur Uwe und Gustav sind vollkommen gegensätzlich, sondern auch die Handlungsorte des Films: Er beginnt im winterlichen Deutschland mit dem eintönigen Leben der Brüder. Darauf folgt der erste Teil ihres Abenteuers im überfüllten, lauten und hektischen Tokio. In dieser Stadt liegt der Fokus auf der Faszination der Medien. Die Einheimischen befinden sich fast ausschließlich im Bann ihrer Handys umgeben von bunt blinkenden Reklameschildern.
Diese werden den Brüdern noch zum Verhängnis: Sie wollen sich an einem Schild orientieren, um wieder zu ihrem Hotel zurückzufinden – doch auf dem Heimweg können sie es nicht mehr ausmachen und müssen sich deshalb anderweitig orientieren. Im Zen-Kloster angekommen empfängt sie dagegen eine enorme Stille und Einfachheit, die die Brüder nach der turbulenten Großstadt besonders überwältigt. Es gibt keinen Komfort, viel Arbeit und Betteln als die einzige Möglichkeit der Mönche zu überleben.
Besonders ist dabei, dass den ganzen Film über mit diesen Gegensätzen gespielt wird und es scheint, als würde nichts davon zusammen passen. Doch am Ende erkennt man, dass sich scheinbar Konträres gut kombinieren lässt, wenn man den Sinn dahinter verstanden hat.
Die Weisheiten des Zen
Um sich auf das Leben im Kloster einzustimmen hat Gustav durchweg ein kleines Buch mit Zen-Weisheiten bei sich. Doch beide wissen zunächst nichts mit den rätselhaften Formulierungen anzufangen – bis sie im Kloster mithilfe der Mönche lernen, damit umzugehen. Sie beginnen langsam zu verstehen, wie sie ihr zukünftiges Leben leben können und schließen mit ihren schlechten Erfahrungen ab. Uwe beginnt, damit klarzukommen, von seiner Frau verlassen worden zu sein. Und Gustav gesteht sich ein, dass er schwul ist.
Und so bringt der Film am Ende viele Fäden zusammen: Er schafft es auf ganz besondere Weise, die fernöstliche, mit der westlichen Lebensweise zu verbinden und zeigt, dass Erleuchtung wirklich garantiert ist, wenn man gewillt ist, sie zu finden.
Foto: wikimedia.org
Weitere Artikel aus dieser Reihe:
Teil Eins: Vergessene Filme – verborgene Schätze
Teil Zwei: Der Meister der Stille
Teil Drei: „Faust“ – die Geschichte lebt wieder auf
Teil Vier: „Erleuchtung garantiert“ – wirklich?
Teil Fünf: „5×2“ – Wieso ging es schief?
Teil Sechs: „Moolaadé“ – Bann der Hoffnung