Eine Frau im Hintergrund und doch ganz vorne mit dabei: Anne Thillosen

Von Larissa Dahner

Kommunikation von Wissen, von Themen aus der Wissenschaft an eine Öffentlichkeit. Dafür braucht es zum einen Menschen, die genau diese Themen wissenschaftlich erforschen. Aber es braucht auch Menschen, die dafür sorgen, dass nicht nur andere Fachwissenschaftler, sondern auch die Gesellschaft etwas über die Ergebnisse erfährt. Menschen, die im Hintergrund die Fäden ziehen, koordinieren und an Projekten für die Öffentlichkeit arbeiten. Genau das ist die Aufgabe von Anne Thillosen, die das Projektteam des Online Portals e-teaching.org leitet, einer Plattform für Hochschulbildung mit digitalen Medien.

Anne Thillosen   Copyright: Anne Thillosen

Schon Ende der 1990er Jahre, bevor Wörter wie Web 2.0. oder die Cloud in der Gesellschaft wichtig wurden, hatte Anne Thillosen den Eindruck, dass man um die digitalen Medien und e-learning im Bereich der Erwachsenenbildung nicht mehr drum herumkommt. In diesem Punkt lag sie zu 100 Prozent richtig, was sich im Laufe ihrer Karriere bestätigte.
Denn bevor Frau Thillosen den Bereich des e-learnings betrat, studierte sie Theologie und Germanistik auf Lehramt und wollte anschließend damit in die Erwachsenenbildung. Die Fortbildung „Experte für Multimediales Training“ brachte sie schlussendlich zu den digitalen
Medien im Zusammenhang mit Erwachsenenbildung. In diesem Bereich fand sie darauf ihre erste Stelle, ­– im Bundesleitprojekt „Virtuelle Fachhochschule“, einer großen Projektförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung –, für e-learning – Projekte an Hochschulen, „und so bin ich in diesen Bereich reingekommen“.

Digitales Lehren und Lernen

Inzwischen sind Internet und Lernen nicht mehr voneinander trennbar, das Web entwickelt sich stetig weiter und schafft unendlich viele Möglichkeiten. Seit 2008 ist Anne Thillosen nun am Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen. Dort leitet sie das e-learning Portal „e-teaching.org“, ein zentrales, Projekt des Instituts und mit inzwischen 16 Jahren auch das älteste. In dem Portal, welches durch öffentliche Gelder finanziert wird und kostenlos zugänglich ist, findet man wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Informationen zur Gestaltung von Hochschulbildung mit digitalen Medien. Wissen wird der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, kommuniziert und kommt der Gesellschaft zu Gute.

Das Portal e-teaching.org

Das Leibniz-Institut für Wissensmedien

Das 2001 gegründete Institut mit Sitz in Tübingen ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut in der Trägerschaft der Stiftung „Medien in Bildung“. Es erforscht den Wissenserwerb und die -Kommunikation mit digitalen Technologien, wie zum Beispiel welche Prozesse bei der menschlichen Informationsverarbeitung ablaufen, und wie diese durch digitale Medien unter-stützt werden können.

Die Fäden zusammenhalten

Anne Thillosen arbeitet dabei nicht nur an einem Projekt, sondern an mehreren, wie zum Beispiel „Smart Teaching Baden-Württemberg“ oder „Digital Learning Map 2020“. Dabei ist das e-teaching.org Portal nicht nur ihr Steckenpferd, sondern auch das zentrale Projekt, an das die anderen anknüpfen.

Hauptaufgabe ist dabei vor allem die Koordination und Planung, um die ganzen Projekte zusammenzuhalten und zu überlegen, welche Schwerpunkte in Zukunft gesetzt werden sollen. Was steht bei den einzelnen Projekten an?  Jedes halbe Jahr gibt es des Weiteren ein „Themenspecial“, zu welchem es auch eine immer Onlineveranstaltungsreihe gibt. Referenten einladen-, und das Anfragen von Beiträgen sind weitere Aufgaben, um welche sich Frau Thillosen kümmert. Das letzte Themenspecial im Sommersemester 2019 wurde zusammen mit „Smart Teaching Baden-Württemberg“ gestaltet. Dazu gab es auch eine Tagung am IWM mit ca. 100 Gästen aus ganz Deutschland, die natürlich konzipiert, organisiert und durchgeführt werden musste.

Eine Frage des Geldes

Solche Projekte, die der Gesellschaft kostenlos zur Verfügung gestellt werden, müssen natür-lich auch finanziert werden. Gefördert wurde das Projekt e-teaching.org lange Zeit als soge-nanntes Drittmittelprojekt, zeitweise z.B. durch das Bundesministerium für Bildung und For-schung, sowie andere Ministerien auf Bundesländerebene. Seit einigen Jahren wird es vom IWM finanziert, aber nur für das kleine Projektteam von e-teaching.org, welches auf Zusam-menarbeit angewiesen ist und aus diesem Grund immer wieder neue Drittmittelprojekte ein-werben muss, um mit diesen zusammenzuarbeiten.

Schnell erkennt man, Frau Thillosen hat viele Aufgaben. „Ich halte die Fäden zusammen und stimme ab, was in den unterschiedlichen Projekten passiert“ – Dann ist es klar, dass kein Tag dem anderen gleich ist und vor allem eins ist: abwechslungsreich. „Ich komme morgens ins Büro und check meine Mails, schau was so ansteht und dann gehen wir mit dem Team Kaffee trinken“. Ein wichtiger Punkt am Tag, um sich auszutauschen und zu planen. Dann geht es an die Arbeit: Texte schreiben, organisieren, nachbereiten und kommunizieren. Mit Kooperationspartnern, dem Team oder Referenten von Onlineveranstaltungen. Dabei arbeitet sie auch mit Kolleginnen und Kollegen des psychologischen Forschungsinstituts zusammen, die darüber forschen und Laborversuche durchführen, wie Menschen mit Medien am besten lernen können. Auch dadurch entstehen neue Inhalte des Portals.
Und wenn Frau Thillosen nicht am Institut in Tübingen ist, ist sie unterwegs. Zum Beispiel bei Fachgesellschaften oder auf Tagungen. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz.

Grundsteine legen und die Zukunft mitgestalten

Das Portal e-teaching.org fördert die Lehre mit digitalen Medien an Hochschulen und bietet Informationen und Unterstützung für Dozenten und Lehrende, aber auch für Mitarbeitende in Hochschuldidaktikzentren, Bibliotheken und Rechenzentren; es richtet sich also an alle Leute, die sich für digitale Medien in der Lehre interessieren. Was macht Lehren und Lernen mit digitalen Medien erfolgreich? Lehrende können sich informieren, wie sie Medien in Vorlesungen einsetzen können oder mal schauen, wie es die Anderen machen. Das findet Frau Thillosen wichtig: Mal über den Tellerrand herausgehen, nicht nur in seinem eigenen Kontext bleiben als Lehrender oder Mitarbeiter an einer Hochschule. Schauen, was es für Möglichkeiten gibt und sich dabei Unterstützung holen. Dabei ist nicht nur die Bereitstellung aktueller Inhalte wichtig, sondern vor allem auch eins: der Wissensaustausch und die Vernetzung. So kooperiert e-teaching.org etwa mit Einrichtungen anderer Bundesländer und Hochschulen, welche zum Beispiel eigene E-Learning Aktivitäten im Portal präsentieren können.
Man merkt, Anne Thillosen ist begeistert von ihrer Arbeit und macht das gerne. Es ändert sich fast nichts so schnell wie die Technik, sie entwickelt sich ständig weiter und es passiert sehr viel. Auch didaktisch und im Kontext von Hochschulen entwickeln sich immer neue Ideen, vor allem in den ersten Jahren. Und das waren wirklich Pioniere, die sich für das Digitale interessiert haben und die Lehre verbessern wollten. Sie haben den Grundstein für die Zukunft des Lernens mit digitalen Medien gelegt und gefördert. Es gibt natürlich nicht nur die Interessierten. „Je mehr sich das Thema ausbreitete, kamen dann natürlich auch noch andere Leute dazu, die Skeptiker“. Das war und ist für Frau Thillosen aber mehr eine Herausforderung, wie kann man die abholen, für die das kein Thema ist? Wichtig ist ihr dabei zu betonen, dass digitale Medien kein Allheilmittel für die Lehre sind und dass es viele Lernsitutationen gibt, die gut ohne Medien gestaltet werden können. Aber zugleich will sie auch zeigen, dass digitale Medien oft Potenziale bieten, die analoge Medien nicht haben und damit das Lehren und Lernen effektiver unterstützen können. Und natürlich geht es nicht zuletzt auch darum, Studierende auf berufliche Situationen vorzubereiten, in denen der professionelle Umgang mit digitalen Medien als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt wird.

„Die Hochschulen verändern sich und man gestaltet die Auseinandersetzung, die Diskussion darüber, die einfach unheimlich wichtig ist.“ – Unheimlich wichtig, das ist die Arbeit von Frau Thillosen. Und für sie selbst ist es eine ganz privilegierte Sache. Zum Teil auch die Zukunft ein wenig zu lenken und zu überlegen, in welche Richtung es gehen kann und soll.
Sie hilft dabei den Grundstein dafür zu legen, damit Wissen überhaupt über die Plattform kommuniziert werden kann. Dabei hofft sie, dass das, was sie tut, der Gesellschaft und der Hochschul-Landschaft, den Hochschulen, die digitale Medien einsetzen wollen, viel bringt. Denn es geht dabei um die Qualität von Lehre und wie man diese heute und in Zukunft gestalten kann.