Die Ästhetik von Heartstopper: Wie Farben und Musik zur Atmosphäre der Serie beitragen

Von Pia Schneider

Seit 2016 erobert „Heartstopper“ als Web Comic und später als Graphic Novel die Herzen junger Leser:innen. Zusätzlich begeistert „Heartstopper“ nun seit 2022 durch die Verfilmung der Novellen in eine Netflix Original Serie mit beeindruckender Ästhetik und herzerwärmender musikalischer Untermalung. Doch wie genau trägt das Harmonieren der Farben und die Musik zur Ästhetik bei und welchen Effekt hat das auf die Zuschauer:innen?

Die Autorin und ihr Werk

Alice Oseman ist eine britische Jugendbuchautorin, die im Alter von 19 Jahren ihr Debütbuch „Solitaire“ veröffentlicht hat. Neben „Solitaire“ schrieb sie bisher noch drei weitere Romane und zwei Novellen. Im Jahr 2016 fing sie an, ihren selbst illustrierten Web Comic „Heartstopper“ zu veröffentlichen, der auf der gleichnamigen Novelle „Nick and Charlie“ basiert. Durch ihren einfühlsamen Schreibstil, sowie den Themen der Identität, Sexualität, und der mentalen Gesundheit, konnte Oseman bereits damals ein diverses Publikum von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für sich gewinnen.

Foto: The Guardian

Nick und Charlie sind zwei Teenager, die sich im Schulunterricht kennenlernen. Nick, als Kapitän des Rugby Teams, sticht Charlie sofort ins Auge. Während Charlie durch einen unglücklichen Vorfall im vorherigen Schuljahr durch einen Mitschüler geoutet wurde, hat Nick noch nie wirklich über seine Sexualität nachgedacht – bis er Charlie getroffen hat. Im Laufe der ersten Staffel der Serie werden die Zuschauer:innen auf Nicks Weg der Selbstfindung bis zu seinem letztendlichen Coming-out als bisexuell mitgenommen.

Farben in Heartstopper

Vorerst kann man erkennen, dass die Farben Blau und Gelb klassisch genutzt werden, um eine generelle Atmosphäre zu erzeugen. Blau ist in Szenen zu sehen, die Romantik und emotionale Verbindungen darstellen. Die Farbe Gelb hingegen, wird benutzt, um Momente der Freundschaft, Zufriedenheit und Glücklichkeit hervorzuheben. Die Kombination der beiden Farben spiegelt das Zusammenspiel von Freundschaft und Intimität wider, was das Thema von „Heartstopper“ perfekt aufgreift.

Nick und Charlie im Korridor ihrer Schule. Foto: musiccitydrivein

Charlie, sowie Nick, werden zu Beginn der Serie indirekt Farben zugewiesen, die in Schlüsselszenen eingesetzt werden. Die Farben wurden bereits auf den Postern für die Werbung der Serie genutzt. Nick wird hierbei die Farbe Blau zugewiesen, während Charlie die Farbe Gelb repräsentiert. Der erste bemerkenswerte Moment dieser Farbtheorie wird sehr deutlich in Szenen, in denen Nick und Charlie in der Schule interagieren. Die Wände um die beiden herum sind blau und gelb gestrichen, wodurch in allen Schulszenen auf die Beziehung der beiden hingewiesen wird, auch wenn nicht immer beide gemeinsam im Shot sind. Im Zusammenhang mit den Charakteren sieht man die Farbe Blau öfter in Szenen, die bedeutend für Nicks Coming-out Erfahrung sind. Szenen, in denen er Charlie als mehr als nur einen Freund sieht, haben oft eine blaue Untermalung. Das Gelb, das Charlies Charakter repräsentiert, sieht man des Öfteren in Szenen, in denen Charlie glücklich ist und sich selbst, wie auch seine Identität, akzeptiert, da er seit seinem Outing-Vorfall sehr unsicher war.

Im direkten Vergleich der Serie mit einem Ausschnitt aus den Graphic Novels wird der Effekt und die Wichtigkeit der Farben noch deutlicher. In der folgenden Szene ist Nick auf dem Weg nach Hause, nachdem Charlie und er ein wichtiges Gespräch hatten. Um nicht im strömenden Regen nach Hause laufen zu müssen, gab Charlie Nick einen Regenschirm – in den Farben blau und gelb. Außerdem tragen die beiden Kleidung, die die Farbe des jeweiligen Jungen widerspiegeln. Nick trägt einen blauen Pullover und Charlie ein gelbes T-Shirt. Durch das doppelte Wiederspiegeln der repräsentativen Farben wird der erwünschte Effekt der Nutzung verstärkt.

Foto: Tumblr

Foto: Netflix

Nicht nur in Bezug auf Nick und Charlie spielt die Nutzung der Farben eine Rolle. Zu Beginn der Serie geht ein Gerücht herum, dass Nick und eine Klassenkameradin Tara mehr als nur Freunde sind. Auf einer Party, auf der die Beiden sind, unterhalten sie sich über das Gerücht und Tara erzählt Nick, dass die lesbisch ist. In dieser Szene leuchten die Lichter die Tara umgeben in Pink und Orange, den Farben der lesbischen Pride Flagge.

Foto: The Tab

Musik in Heartstopper

Die Verwendung von Musik in Filmen und Serien ist zwar nichts neues, allerdings ist es dennoch ein erwähnenswertes Spektakel, wenn es um „Heartstopper“ geht. Musik wird auf geschickte Art und Weise eingesetzt, um die emotionale Wirkung der Szenen zu verstärken und die Zuschauer:innen noch tiefer in die Geschichte miteinzubeziehen. Sanfte und romantische Melodien werden in zarten Momenten zwischen Nick und Charlie eingesetzt, um deren Verbindung und Liebe fühlbar zu machen. Komponistin Adiescar Chase ist verantwortlich für einige der wunderschönen Melodien. Außerdem war es ihre Idee einen spezifischen Sound zu kreieren, der mit Hilfe eines Synthesizers erzeugt wird, bei dem die Note nach oben gebogen wird. „Durch das Biegen der Note entsteht dieses Gefühl eines kleinen Herzklopfens oder dieses Gefühl, wenn man über eine Beule auf der Straße fährt und der Magen einen kleinen Sprung macht. […] Es ist nur ein kleines Easter Egg, das sagt ‚Nick ist hier!‘ oder, dass Charlie gerade an ihn denkt“, sagt Chase selbst. Zusätzlich scheint der Soundtrack der Serie durch die vielen queeren Künstler:innen, deren Lieder in der Serie erscheinen. Ein Beispiel hierfür wäre Orla Gartland, deren Lied „Why Am I Like This?“ am Ende von Staffel 1 Folge 2 spielt. In dieser Szene kommt Nick nach Hause, nachdem er Zeit mit Charlie verbracht hat. Während er auf Instagram Charlies Bilder anschaut, läuft das Lied im Hintergrund mit den Lyrics „Why am I like this?“ (Warum bin ich so?). Diese Szene ist besonders bedeutsam für junge queere Menschen, die selbst einmal an sich und ihrer Identität gezweifelt haben. Als queere Person ohne ein tolerantes support System ist es nicht ungewöhnlich sich zu fragen, was mit einem selbst nicht stimmt, da man nicht der heteronormativen Norm entspricht.

Insgesamt trägt die Ästhetik von Heartstopper, durch die Nutzung von Farben und Musik, maßgeblich zur Atmosphäre der Serie bei und verstärkt die emotionale Wirkung auf die Zuschauer. Die Kombination dieser Elemente macht die Serie zu einem einzigartigen und berührenden Erlebnis, das das Publikum in die Welt von Nick und Charlie eintauchen lässt und wichtige Themen wie Identität, Liebe und Selbstakzeptanz behandelt. Zudem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass, wenn einem einmal auf die Farben in „Heartstopper“ auffallen, man gar nicht mehr aufhört, alles blau und gelb zu sehen.

Quellen:

https://thetab.com/uk/2022/04/28/heartstopper-soundtrack-all-the-iconic-songs-you-recognise-from-the-netflix-series-248056#:~:text=Any%20Other%20Way%20by%20Tomberlin,with%20Harry%20and%20his%20mates

https://ontherecordunisa.com/2022/07/18/creating-queer-happiness-through-music-meet-the-genius-behind-heartstoppers-soundtrack%EF%BF%BC/%20(11.06.2023)%20%2

https: //heartstoppercomic.tumblr.com/post/167730562135/chapter-3-9-couldnt-end-this-scene-without-a 

https://www.netflix.com/tudum/articles/heartstopper-kiss-in-the-rain-scene

https://thetab.com/uk/2022/05/05/heartstopper-colours-lighting-blue-yellow-249738

https://aliceoseman.com/about/

https://www.theguardian.com/books/2022/nov/19/alice-oseman-author-heartstopper-sex-romance-asexuality