Bild: Unsplash

Auf der Karriereleiter steil nach oben

Alumni-Portrait über die Senior Producerin Annemarie Moritz

Von Carolin Wenzel

In weniger als drei Jahren schafft es die 27-Jährige vom Trainee zur Senior Producerin und leitet heute ihr eigenes Team. Der Weg dorthin und inwieweit das Masterstudium an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen dazu beigetragen hat, erfahrt ihr in diesem Blogeintrag.

Schauspielschule oder irgendwas mit Medien

Nach dem Abitur muss Annemarie Moritz sich entscheiden: Soll sie ihrer großen Leidenschaft des Schauspielens folgen oder den Weg hinter die Kulissen in der Medienbranche einschlagen. Die Neugier und der Wille, Formate zu produzieren, eigene Ideen umzusetzen sowie mediale Prozesse zu begleiten, überwiegt. 2012 zieht es die gebürtige Stuttgarterin daher für den Bachelorstudiengang der Medienkultur nach Weimar. Der Blick auf Medien als kulturelles Phänomen gefällt ihr gut, doch die theoretischen Seminare fernab von Inhalten aus der Medienpraxis entsprechen weniger ihren Vorstellungen. Das verpflichtende Praktikum gibt Annemarie jedoch einen Einblick in die Arbeit von Medienschaffenden und ebnet maßgeblich ihre berufliche Zukunft. Das Praktikum absolviert sie als Produktionsassistenz in einer Marketing- und PR-Agentur und bringt sie erstmals in Verbindung mit den Tätigkeitsfeldern der Producerin. 

Zurück in die Heimat – für die Liebe und den Master

Bild: Annemarie Moritz

Das Bachelorstudium ist für Annemarie „unfassbar weit weg von der Realität“ und sie fühlt sich ungenügend auf die Arbeitswelt vorbereitet. Daher will sie ein Masterstudium mit medienpraktischen Inhalten anknüpfen. Der Studiengang Medienwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen ist durch den praktischen Schwerpunkt der Seminare mit der Möglichkeit, selbst eigene Produktionen zu verwirklichen und berufspraktische Erfahrungen zu sammeln, genau das, was Annemarie noch fehlt. Dazu kommt, dass auch ihr damaliger Freund im Raum Stuttgart lebt. So zieht es sie 2015 zurück in die baden-württembergische Heimat, um der Fernbeziehung ein Ende zu setzen und das praxisnahe Studium in Tübingen anzutreten. 
Viele Vorlesungsinhalte im Masterstudium decken sich zwar mit ihrem Wissen aus dem Bachelor, doch durch die Produktion von Medieninhalten im Zuge der Seminare kann sie auch neue Kompetenzen ausbilden. Dabei gelangt sie bei Projektarbeiten „mehr oder weniger durch Zufall“ immer wieder in die Rolle der Producerin. Besonders viel lernt sie durch ihre freie Mitarbeit als Creative Producerin im Zentrum für Medienkompetenz (ZFM). Der Leiter des ZFM, Kurt Schneider, wird auf Annemarie und eine Kommilitonin aufmerksam und bietet ihnen an, entgeltlich Online-Filme zu erstellen, bei denen Annemarie das Producing übernimmt. Dadurch erlernt sie viel Selbstständigkeit, Selbstorganisation und Selbstverantwortung, was ihr auch im späteren Berufsleben hilft. Neben dem vorgeschriebenen Praktikum, welches sie in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einer NGO in Tübingen absolviert, haben auch die Workshops vom ZFM (Schauspiel, Regie, Kamerabedienung) ihr berufliches Profil geschärft. Durch das Angebot des ZFM gestaltet sie außerdem das Marketing für die Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart 2016 mit. Mit den Kenntnissen aus dem Studium entwickelt sie in der Masterarbeit ein Konzept für ein neues Format des ARD- und ZDF-Netzwerks funk, das aus fünf möglichen Episoden inklusive Drehbüchern besteht. Das Masterstudium kann Annemaries Erwartungen standhalten und sie endlich auf das Arbeitsleben vorbereiten. 

Das Producer*innen 1x1

Die Positionen von Producer*innen hängen immer mit der Berufserfahrung zusammen. Auch das Verhandlungsgeschick spielt eine Rolle, wenn es darum geht, aufzusteigen. Je nach Position erhält der/die Producer:in mehr Verantwortung und mehr Gehalt.

  • entwickeln von kreativen Ideen
  • inhaltliche Verantwortung
  • Neueinsteiger*innen
  • Anleitung durch Vorgesetzte
  • eigenständiges Arbeiten
  • mehr Verantwortung in den Bereichen Kundenbetreuung und Budget
  • ausführende Hauptansprechpartner*in
  • mehr Verantwortung in den Bereichen Kundenbetreuung und Budget
  • organisiert das Team und hat das letzte Wort
  • mehr Koordination und weniger Ausführung
  • mehr Verantwortung in den Bereichen Kundenbetreuung und Budget
  • höchste Verantwortung
  • viel Koordination und kaum Ausführung

Fliegender Wechsel: Vom Hörsaal in die Agentur 

Zwei Tage nach der mündlichen Masterprüfung 2018 folgt für Annemarie bereits der Einstieg ins Berufsleben. Nach Bewerbungen für verschiedene kreative Berufe bei Marketing-, PR- und Werbeagenturen, tritt sie schließlich eine Traineestelle im Creative Producing bei einer Werbeagentur in Stuttgart an. Die Entscheidung für eine Agentur fällt ganz bewusst, da sie im ersten Pflichtpraktikum bereits feststellt, dass ihr die abwechslungsreiche Arbeit mit unterschiedlichen Themen und Kunden in einem jungen Team großen Spaß macht. Die Arbeit mit dem Bewegtbild und in der Werbefilmproduktion findet sie ebenfalls schon immer spannend. Nach drei Monaten als Trainee in der Kreation, „mit einem unvorstellbar schlechtem Gehalt für einen Haufen Überstunden“, ist Annemarie „ins Producing gerutscht“. Da sie dort bereits praktische Erfahrungen durch das Studium gesammelt hat und mit den Abläufen vertraut ist, wird ihr eine fair bezahlte Junior-Producerin-Stelle angeboten. Obwohl ihr Weg nach dem Studium also eigentlich in der kreativen Konzeption liegen sollte, bewegt sie sich seit dem Wechsel in die Junior-Stelle bis heute im Producing. Dort geht es vor allem um die Planung und Organisation von Prozessen der Vorproduktionsphase, dem Dreh und der Postproduktionsphase. Producer*innen stehen in engem Kontakt mit den Kunden und sorgen dafür, dass deren Wünsche in vorgegebener Zeit und mit dem vorgegebenen Budget fertiggestellt werden. Auch die Locationauswahl und Drehplanerstellung gehören zu ihren Aufgaben. An den Drehtagen sind Producer*innen (in der Werbebranche) ebenfalls vor Ort. Das macht Annemarie am meisten Spaß. Dort nimmt sie gleich mehrere Rollen ein und agiert wie ein „Mixer“ aus Kundenbetreuerin, Aufnahmeleiterin, Produktionsleiterin, Set-Runnerin und Projektleitung. 

Et kütt wie et kütt 

Bild: Annemarie Moritz

Nach 1 1/2 Jahren als Junior Producerin steigt Annemarie zur Producerin auf, weil sie schnell Verantwortung und damit auch eigene Kunden zugesprochen bekommt. Nach knapp über einem Jahr trägt sie erneut so viel Verantwortung und große Kunden, dass sie den Senior Producer-Titel bei ihrem Arbeitgeber anfordert. Parallel bewirbt sie sich auf eine Stelle in Köln bei der MEDIA ELEMENTS GROUP. Durch ihr Verhandlungsgeschick bekommt sie die Stelle und arbeitet nun seit Ende 2020 als Senior-Producerin in Köln. Bei ihrem neuen Arbeitgeber arbeitet sie nicht mehr in der klassischen Werbefilmproduktion, sondern setzt mit ihrem Team Eigenproduktionen für Influencer*innen um. Trotz ihres Titels bewegt sich ihr Arbeitsbereich auch in der Position der Creative Producerin: Sie sitzt mit in der Redaktion und arbeitet auch inhaltlich mit, macht also das, was sie schon immer wollte. Außerdem ist sie praktisch der Head of Production, da sie keine Vorgesetzten mehr hat und alle aus ihrem Team ihr unterstellt sind. Die Personalverantwortung, die der 27-Jährigen zugeschrieben wird, ist eine neue Herausforderung für Annemarie, an der sie großen Spaß hat und wachsen will.

Als nächstes…

will sie erst einmal „die Probezeit bestehen“, sich in ihrem Job und in Köln einleben, ein gut funktionierendes Team aufbauen, sowie die neuen Herausforderungen meistern, die ihre neue berufliche Position an sie stellt. Im Producing hat Annemarie in Rekordzeit die verschiedenen Ränge durchlaufen und „kein konkretes Ziel in dieser Laufbahn mehr“. Falls es ihr dort irgendwann mal langweilig werden sollte, kann sie sich vorstellen, noch einmal in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens zu arbeiten. Agenturen sind zwar gut für den Einstieg ins Berufsleben und „man hat viel Spaß und lernt coole Leute kennen“, „und wenn du Glück hast, bekommst du jedes Vierteljahr eine fette Party“, doch Unternehmen zahlen „besseres Gehalt“, „sind familientauglicher“, haben „geregeltere Arbeitszeiten“ und „ andere coole Benefits – wie die Betriebsrente oder sowas“, lacht sie. Auch die Arbeit an größeren Projekten, wie zum Beispiel in der Produktion von Serien oder Spielfilmen, findet Annemarie spannend und schließt den Weg dahin nicht aus. Generell sind ihre Zukunftspläne offen und sie lässt, wie immer, alles auf sich zu kommen. 

Tipps für Medienwissenschaft-Studierende von Annemarie Moritz

„Man muss sich auf dich verlassen können.“

Bei neuen oder zukünftigen Arbeitgeber*innen immer ehrlich sein und offenlegen, was man kann und was man nicht kann. Und wenn man etwas noch nicht kann, deutlich machen, dass man bereit ist, es zu lernen.

„Probiert so viel aus wie möglich!“

In Tübingen hat man die Chance, sich Equipment zu leihen, in universitärem Kontext aber auch selbstständig Projekte durchzuführen und damit später beruflich zu punkten.

„Mehr zu machen als notwendig ist, kann sehr nützlich sein.“

Angebote vom ZFM annehmen oder bei CampusTV engagieren, um Erfahrungen zu sammeln und sich weiterzubilden.