Veganismus – ein Trend mit Potential zum Überleben?
von Elena Hodapp
Vegane Lebensmittel, vegane Kosmetik, vegane Kleidung, vegane Kochbücher – vegan zu leben hat sich in den letzten Jahren zu einem Trend entwickelt, der immer mehr Anhänger findet. Laut einer vom Bundesernährungsministerium in Auftrag gegebenen Studie gab es im Jahr 2006 rund 60.000 vegan lebende Bundesbürger. Vegane Interessensbände sprechen heute von bis zu 600.000 Veganern. Aber was ist die Faszination der veganen Lebensweise und warum stößt die bereits seit Jahrtausenden existierende Idee der bewussten Abkehr von „Leichenverzehr“ gerade jetzt auf so viel Zustimmung? Ist die Popularität des Veganismus ein kurz aufflammender Trend oder hat diese Lebensweise Chance auf Beständigkeit?
Vegan zu leben heißt auf jegliche Art tierischer Produkte zu verzichten. Konsequent zu Ende gedacht bedeutet das nicht nur den Verzicht auf Fleisch, Eier und Milchprodukte, sondern beispielsweise auch auf mit Gelatine gefiltertem Wein oder Orangesaft. Die Idee einer veganen Lebensweise beginnt bei der Ernährung, lässt sich aber auf viele weitere Bereiche ausweiten: So findet man immer mehr vegane kosmetische Produkte in den Regalen der Drogeriemärkte und Kleidung wird gezielt als vegan ausgezeichnet und vermarktet. Konkret bedeutet das, bei kosmetischen Produkten auf tierische Inhaltsstoffe und Tierversuche zu verzichten und Kleidung ausschließlich aus Baumwolle oder Kunstfaser – nicht aber aus Seide, Wolle oder etwa Leder – zu produzieren.
Klaus Gaiser, Geschäftsführer des veganen Tübinger Imbiss Kasvis und des Unternehmens Wheaty, das vegane fleischalternative Produkte entwickelt und verkauft, hält diese Entwicklung nur für konsequent. Warum der Hype um eine vegane Lebensweise gerade jetzt auf so viel Zustimmung stößt, darauf hat allerdings auch er keine Antwort. Unabhängig von der Frage warum, befindet er vor allem die Tatsache, dass immer mehr Menschen auf tierische Produkte verzichten, als entscheidend.
Vegan leben – Der Umwelt Gutes tun
Als wichtigste Argumente für eine vegane Ernährung nennt er zum einen den Tierschutz und zum anderen die globalökologische Krise, die durch zunehmende Umweltzerstörung voranschreitet. Gaiser erklärt, dass ein Großteil des benötigten Viehfutters um vegetarische Produkte herzustellen, aus Übersee kommt. Allein für die riesigen Mengen an Futtermittel müsse Regenwald weichen.
Gaiser betont, dass nicht nur Idealisten, sondern ganz offizielle Stellen, wie das FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nation) bereits in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2006 vorgerechnet haben, dass die gesamte Umweltbelastung aus der Tierhaltung größer ist, als die Gesamtbelastung aus dem Verkehr zu Wasser, Lande und in der Luft.
Beim Verzehr von Milch- und Eiprodukten nehme man außerdem immer in Kauf, so Gaiser, dass Tiere geboren werden, die als Kollateralschaden gleich wieder „vernichtet“ werden. Dieses Schicksal erleiden beispielsweise massenhaft männliche Küken, da nur weiblicher, eierlegender Nachwuchs profitabel ist.
Vor diesen gewaltigen Tatsachen kann man sich in den Zeiten von Klimawandel und Umweltkatastrophen immer weniger verschließen und die ansteigende Zahl der Menschen, die sich bewusst von dem Konsum tierischer Produkte abwenden, spricht für eine zunehmende Bewusstseinsentwicklung für diese Problematik.
Vegan leben – mehr als nur ein Hype?
Die vegane Lebensweise ist eine Reaktion auf die globalökologischen Zwänge, deren Schlinge sich immer weiter zuzieht. Mag vegan gerade vielleicht modern und angesagt sein, so wird es dennoch keine Modeerscheinung bleiben. Klaus Gaiser, der die alternativen Fleischprodukte von „Wheaty“ als Möglichkeit sieht, Fleischessern eine fleischlose Ernährungsweise näherzubringen, sieht die vegane Welle, die gerade durch unsere Gesellschaft rollt, als notwendige Reaktion auf die ökologischen Entwicklungen unserer Zeit. Es muss völlig klar sein, so Gaiser, dass es sich bei Veganismus zwar jetzt um eine Lifestyleentscheidung handelt, es sich aber langfristig unabhängig von diesem Hype etablieren muss.
Zwar glaube er nicht, dass der Mensch innerhalb der nächsten 20 Jahre komplett davon absehe, ein Tier zu schlachten, aber er sei überzeugt davon, dass es extrem eingedämmt werden müsse. Immer mehr Restaurants nehmen neben vegetarischen Gerichten auch eine kleine Auswahl an veganen Speisen in ihre Karte auf; in immer mehr Städten öffnen vegane Cafés, es gibt vegane Supermärkte und auch vegane Onlineshops findet man zahlreich.
Vegan zu leben ist zum gesellschaftlichen Thema geworden. Immer mehr Menschen setzten sich mit Veganismus, seinen Chancen und Risiken, seine Vor- und Nachteilen auseinander. Veganismus ist auf dem besten Weg in der Mitte der Gesellschaft anzukommen – ein Auslaufen der Welle scheint nicht in Sicht.
Fotos: flickr.com/rinalia (CC BY 2.0) & flickr.com/ilovesunshine (CC BY 2.0)
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