Beruf eines Spieleredakteurs: Wissenschaft interaktiv erleben

Von Alexandra Gracev und Natalie John

Fragen rund um Wissenschaft und Natur machen vor allem Kinder neugierig. Warum die jungen Menschen ihr Wissen nicht selbst interaktiv und spielerisch entdecken lassen? Mit diesem Konzept arbeitet der Ravensburger Spieleverlag nun schon seit einigen Jahren erfolgreich. tiptoi® heißt die sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern beliebte Produktreihe, mit der man unzählige Themen entdecken kann. Äußerlich erinnert der orangefarbene Stift an eine Karotte, technisch gesehen steckt in dem Gerät jedoch noch etwas ganz anderes: Mit einem eingebauten Lesekopf kann tiptoi® Codes lesen, die in Pappbüchern und -spielen eingedruckt sind. Wenn der Stift also verschiedene Objekte an der Oberfläche berührt, erklärt er etwas dazu oder es ertönen Geräusche. Doch wie entsteht überhaupt so ein Spiel? Wir haben uns mit Philipp Feucht, einem tiptoi®-Mitarbeiter von Ravensburger, unterhalten. In einem Interview erzählt er uns, wie so ein Produkt zustande kommt und was das Spannende an seinem Beruf ist.

Der Ausbildungsweg einer/s Spieleredakteurs/in beginnt normalerweise mit einem Praktikum und einem Volontariat im Verlag. Philipp ist jedoch ein Ausnahmefall: Er studierte Wirtschaftsinformatik und arbeitete als IT-Berater, bevor er als Redakteur im Ravensburger Spieleverlag anfing. Neben klassischen Projektmangement-Aufgaben ist er dafür zuständig, gemeinsam mit Autoren Spielideen zu entwickeln sowie den gesamten Prozess zu überwachen und zu steuern. Ein Gespür für Projektmanagement und Kreativität sind dabei nur zwei von vielen Fähigkeiten, die man in diesem Beruf mitbringen sollte.

3 Fragen an Philipp Feucht

Wie hast du den Einstieg bei Ravensburger geschafft?

„Ich habe eigentlich einen Master in Wirtschaftsinformatik gemacht und bin da eher so durch Zufall hinein gerutscht. Ich habe davor ganz klassisch in einer IT-Beratung bei Bosch gearbeitet. Und dann habe ich diese Stelle gesehen und fand es irgendwie total interessant. Dann habe ich mir gedacht, ‘Okay, versuche ich mal und bewerbe mich‘. Am Anfang war alles ein großes Fragezeichen, aber dann fand ich es sehr interessant, weil da auch ein Stück weit pädagogischer und kreativer Anteil mit drin steckt.“

Du hast im Laufe der Zeit bestimmt schon viele verschiedene Spiele entwickelt. Welches bleibt dir besonders im Gedächtnis?

„Auf jeden Fall das erste Spiel, das ich gemacht habe. Denn es war natürlich komplett alles neu für mich und ich musste mich da erst reinfuchsen und machen und tun bis es dann im Laden stand. Das wird mir auf jeden Fall immer in Gedanken bleiben.“

Gab es bei einem Spiel auch mal besondere Schwierigkeiten?

„Ja. Auch gerade bei dem ersten. Und zwar ist es so, dass wir zu jedem Spiel Soundtake-Listen erstellen. Das heißt Listen, auf denen steht, jetzt zeigt dieser Charakter das und das. Normalerweise bewegen wir uns da bei einem Spiel zwischen 400 und 600 solcher Soundtakes. Und bei meinem ersten Spiel ist das Ganze ein bisschen eskaliert. Da hatte ich im Endeffekt glaube ich 1900 Soundtakes, die man dann aufnehmen musste. Das war definitiv eine Schwierigkeit.“

3 Fragen an eine/n Wissenschaftler/in: Manuel Ninaus

Was sagt die Wissenschaft über das spielerische Lernen? Dazu haben wir drei Fragen an den Neuropsychologen Manuel Ninaus gestellt.

Dr. Manuel Ninaus ist Postdoc am Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen und promovierte in Neuropsychologie an der Universität Graz (2015). Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf interaktiven Lerntechnologien wie dem spielerischen Lernen und Neuro/Biofeedback-Systemen. Er ist gewähltes Vorstandsmitglied der Serious Games Society und untersucht derzeit die kognitiven, emotionalen und neurofunktionalen Prozesse des spielerischen Lernens mit besonderem Fokus auf die numerische Kognition. 

Woher kommt beim Menschen die Fähigkeit zum spielerischen Lernen?

„Spielen ist evolutionär und kulturell in der menschlichen Geschichte tief verwurzelt und überlebenswichtig, da dadurch Fähigkeiten erprobt, geformt und erlernt werden. Beim Spielen handelt es sich um eine intrinsisch motivierende Tätigkeit und daher verfolgen wir beim Spielen meist keine höheren Ziele, sondern spielen um des Spielens Willen. Spielen bedeutet aber auch immer Lernen.“

Wie genau funktioniert spielerisches Lernen?

„Spielen und Lernen sind insbesondere bei Kindern untrennbar miteinander verbunden. Meist passiert das Lernen jedoch ganz nebenbei, während wir mit Lust und Freude am Spielen sind. Eine aktuelle Meta-Analyse von Wouters et al. aus dem Jahr 2013 zeigt sogar, dass spielerisches Lernen effektiver ist als herkömmliche Unterrichtsmethoden. Die emotionale und belohnende Komponente des Spielens scheint dabei eine besonders wichtige Rolle zu spielen. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass beim Spielen Belohnungsareale des Gehirns aktiviert werden und darüber die Lernleistung verbessert wird.“

Welche Effekte hat spielerisches Lernen auf die weitere Entwicklung eines Kindes?

„Wissenschaftler haben die Bedeutung des Spielens für die kognitive Entwicklung und das Lernen längst erkannt. Bereits Jean Piaget beschrieb 1962 das Spiel als integralen Bestandteil für die kognitiven Entwicklungsstufen von Kindern. Laut Piaget wird das Spiel abstrakter, symbolischer und sozialer, wenn Kinder durch die verschiedenen Entwicklungsstufen gehen. Beispielsweise kann ein Kind so tun, als ob ein Stein ein Auto wäre, um damit zu spielen, während es gleichzeitig weiß, dass es kein Auto ist. Diese Art von Spiel ermöglicht es Kindern, mehrere Darstellungen desselben Objekts im Auge zu behalten. Eine Fähigkeit, die für die Entwicklung des symbolischen Denkens erforderlich ist, welches wiederum grundlegend für den Erwerb der Lese- und Rechenfähigkeit ist.“

Podcast: Wie entsteht ein Spiel?

Alexandra und Natalie im Gespräch mit Spieleredakteur Philipp Feucht.