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Zwischen Glamour und Hass

Die Situation des Profisports in der Online-Welt

Von Annika Wolfer

Die Welt des Profisports wirkt von außen häufig glamourös und Sportler*innen scheinen den Traum vieler zu leben, doch wie so oft ist nicht alles Gold was glänzt. Denn viele Sportler*innen erfahren täglich Hass im Netz. Doch wie groß ist das Ausmaß dieses Hasses und was wird dagegen getan?

Hate Speech und Sport sind zwei Begriffe, die im ersten Moment nicht zusammen-passen zu scheinen und doch ist der Umgang mit Hassrede im Netz Alltag für Sportler*innen. Die möglichen Reaktionen auf solchen Hass sind unterschiedlich. Manche löschen ihr Profil, andere versuchen mit dem Hass zu leben und ein kleiner Anteil greift sogar zur Anzeige. Bundestrainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft im Fußball, Martina Voss-Tecklenburg, fordert den Umgang mit einer solchen Situation in die Ausbildung von Spieler*innen in den Nachwuchsleistungszentren mit aufzunehmen[1].

 

Die Ausmaße von Hate Speech

Die Relevanz des Themas „Hate Speech in Social Media“ wird deutlich, wenn man die Zahlen genauer betrachtet. In einer Umfrage für die Landesmedienanstalt des Bundeslands Nordrhein-Westfalen wird bekannt gegeben, dass 73% der Befragten Hass im Netz beobachtet haben. Dabei nehmen Nutzer*innen unter 25 Hate Speech noch einmal öfters wahr als Nutzer*innen über 25. Nur 6% der 14- bis 24-jährigen Befragten geben an noch nie Hate Speech im Netz gesehen zu haben. Im Vergleich dazu liegt die Quote in der Altersgruppe 60+ bei 43%. Man sieht also je älter die Befragten sind, desto seltener kommen sie in Kontakt mit Hate Speech. Und trotz all dieser Werte ist es nur ein geringer Anteil an Befragten, die angeben schon mal einen Kommentar mit Hate Speech gemeldet zu haben (25%)[2].

 

Der Social Media Boykott der Premier League

Als Reaktion auf die zahlreichen Hate Speech Angriffe auf Fußballprofis in England, wurde 2021 ein Social Media Boykott ins Leben gerufen. Das Ziel? Mehr Schutz für die Athlet*innen durch die Social Media Unternehmen selbst. Edleen John, Direktorin für international Beziehungen, Unternehmens-angelegenheiten sowie Co-Partnerin in den Themenbereichen “Equality, Diversity und Inclusion” des Englischen Fußballverbandes, sagt über die Ziele des Boykotts: „Social media companies need to be held accountable if they continue to fall short of their moral and social responsibilities to address this endemic problem”[3]. Dieser Tweet[4] der Premier League, der obersten Herren Fußball Liga in England, kündigte den Boykott an. Es folgen vier Tage, an dem weder Spieler*innen, noch die Vereine die Spiele im Englischen Fußballs online bewerben oder kommentieren. Auch einige Sportler*innen aus anderen Sportarten schließen sich dem Boykott an, unter ihnen auch Sir Lewis Hamilton (7-facher Formel 1 Weltmeister). Ebenso schließen sich die UEFA (Union of European Football Associations) und Vereine außerhalb von England, wie zum Beispiel der deutsche Zweitligist FC St. Pauli, dem Boykott an[5].

Nun knapp ein Jahr später, stellt sich die Frage ob und was sich durch den Social Media Boykott des Fußballs geändert hat. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. Abgesehen von einer gesteigerten Aufmerksamkeit auf das Thema, während der Boykott-Tage, sowie kurz davor und danach, ist kein Verändern der Situation erkennbar. Dies wird auch von Grumej Singh Pawar, CEO der Meji Media Events Group und Co-Gründer des größten Gipfeltreffens für Diversity, Equality und Inclusion im Vereinigten Königreich, und Kadeem Simmonds, Sportjournalist für die Englische Zeitung „The Mirror“, bestätigt[6].

Nicholas Latifi – Ein folgenschwerer Unfall

Dezember 2021. Abu Dhabi.Vermutlich dachte niemand vor dem Rennen, dass ausgerechnet Williams Fahrer Nicholas Latifi einen großen Anteil an der Entscheidung des Titelrennens um die Weltmeisterschaft in der Formel 1 haben würde.Vor dem letzten Rennen der 2021 Formel 1 Saison sind Max Verstappen, Fahrer für Red Bull Racing, und Sir Lewis Hamilton, Fahrer für Mercedes-AMG Petronas Motorsport, punktgleich. Wer das Rennen gewinnt, gewinnt auch die Weltmeisterschaft. Latifi, 17. in der Fahrerwertung für die WM, crasht sein Auto kurz vor Renn Ende und verhilft so Max Verstappen zu seinem ersten Weltmeistertitel. Genau dieser Unfall am Renn Ende sorgt für zahlreiche Anfeindungen auf den zahlreichen Social-Media-Plattformen. Latifi zieht sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurück, nimmt die online Drohungen aber so ernst, dass er sich nur noch mit Bodyguard auf die Straße traut.

Die Formel 1 Strecke in Abu Dhabi auf der Nicholas Latifi den Unfall hat, der sein Social-Media-Dasein verändert. Bild: Unsplash



„Wir haben hier leider ein Problem mit Social Media. Die sozialen Netzwerke bringen viel Gutes mit sich, verschaffen den Menschen Möglichkeiten zum Austausch, die es sonst nicht gäbe. Es gibt aber auch diese negativen Begleiterscheinungen. Und es wäre wirklich schön, wenn wir Mittel und Wege finden würden, hier besser zu sein.“ – Nicholas Latifi, nach seinen Erfahrungen mit Hass Nachrichten in den Sozialen Medien[7]

 

Latifi meldet sich nach seiner Social-Media-Auszeit mit dem folgenden Instagram Post zurück: https://www.instagram.com/p/CXv8vfcNtER/

Für sein Statement bekommt er zwar viel Unterstützung, sowohl online als auch von Kollegen und Teamchefs der Formel 1, doch ein Blick in die Kommentare reicht um zu sehen, dass der Hass gegenüber Latifi nach wie vor existent ist. So schreibt ein*e User*in „Go cry“, ein*e andere*r schreibt „How much money did u get from verstappen“ und wieder andere drücken ihre „Botschaft“ in Emojis aus[8].

Was wird gegen Online-Hass unternommen

Die beiden Beispiele, die hier erwähnt wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs, doch sie machen deutlich, dass Maßnahmen, die Hass im Netz entgegenwirken notwendig sind.

Passiert überhaupt etwas in diese Richtung? Hier lautet die Antwort eindeutig „Ja“. In England können nun Stadionverbote ausgesprochen werden, als Konsequenz auf Hassrede gegenüber Spieler*innen. Strafbar ist es allerdings nur dann, wenn die Hass-Postings sich auf die Religion, die Ethnie oder die sexuelle Orientierung der Spieler*innen beziehen[9]. Doch auch in der EU werden Maßnahmen eingeführt, die den Hass auf Social-Media-Plattformen eindämmen soll. Der Digital Services Act (DAS) soll dafür sorgen, dass Postings, die Hass oder Fehlinformationen, verbreiten, schneller von den Plattformen entfernt werden. Man will bezwecken, dass die Unternehmen hinter den Sozialen Medien mehr Verantwortung übernehmen[10]. Ob der DAS die Situation verbessert, wird wohl erst im Laufe der Zeit erkennbar sein, doch es ist festzuhalten, dass erste Schritte unternommen werden, die Menschen vor Hass in der online Welt schützen, kann zum jetzigen Zeitpunkt zumindest als positive Zwischenbilanz gewertet werden.