ZDF: 50 Jahre und noch immer gut drauf?
Eine Miniserie von Pascal Thiel
50 Jahre hat das ZDF nun schon auf dem Buckel. Doch: Wo steht das ZDF heute? Auf Goethe lugend stellte der erste Intendant Karl Holzamer vor einem halben Jahrhundert seine Idee des Fernsehens vor:
„Wie machen wir’s, dass alles frisch und neu und mit Bedeutung auch gefällig sei?“
Später erklärte er:
„Frisch heißt eben möglichst live, direkt, in einer unmittelbaren Zwiesprache mit dem Zuschauer. Neu, die Aktualität, selbstverständlich. Mit Bedeutung, möglichst kein Quatsch. Und gefällig, unterhaltend. Das wären so die vier Momente gewesen, die heute noch gültig sind meines Erachtens.“
Frisch, direkt, aktuell, kein Quatsch, unterhaltend. Wie sieht das heute aus?
Frisch ist das ZDF allemal, so sieht man im ersten Teil der Serie. Doch ist es auch direkt, aktuell, kein Quatsch und unterhaltend?
Direkter Draht zum Zuschauer
Karl Holzamers Vorstellung eines „direkten“ ZDFs sah eine permanente „Zwiesprache mit dem Zuschauer vor“. Der ehemalige Intendant wollte einen Sender, der in einem permanenten Dialog mit seinem Publikum steht: Ein ZDF, das auf die Entwicklung seines Publikums und dessen Kritik reagiert und dieses am Fernsehgeschehen teilhaben lässt?
In der heutigen Zeit steht in diesem Zusammenhang ein Begriff besonders im Zentrum der Debatte: der des „interaktiven Fernsehens“ (media-bubble.de diskutierte). Gerade in den letzten Jahren, seitdem soziale Netzwerke immer größere Bedeutung gewinnen, bauten die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihren Gebrauch beziehungsweise die Kooperationen mit Social Network-Diensten aus. Im Besonderen das ZDF, das sich wohl auch dadurch eine Abgrenzung von der oftmals als konservativer betrachteten ARD verspricht, integriert diese Dienste in immer mehr Sendungen ihres Programmschemas.
Längst können sich die Zuschauer via Chat persönlich an etwaige Studiogäste wenden, um ihre Fragen loszuwerden. Längst hat heute.de seinen Nachrichtenticker auf Facebook und Twitter ausgebreitet. Längst greift das ZDF vor allem in Sondersendungen immer häufiger auf Meinungen und Kommentare der Nutzer zurück und lässt diese in das laufende Programm einfließen.
Doch die Angebote gehen weit darüber hinaus. Da ist beispielsweise die ZDF-Webapp zu „Wetten, dass..?“. Mithilfe dieser können die Zuschauer parallel zur Live-Ausstrahlung via Twitter Kommentare zur Sendung abgeben. Auch wenn der gemeine Fernsehzuschauer zur Zeit seltsam irritiert gluckst, wenn wieder was Neues von „Wetten, dass..?“ durch die Gerüchteküche geistert oder heise.de die Idee als „Lästern live“ titulierte, stellt sie dennoch eine neue Form der Interaktion von Sender und Zuschauer dar.
Und dann ist da ja noch das ähnlich funktionierende neuartige Nachrichtenangebot – „heute plus„. Hier werden die gewöhnlichen Nachrichten aus den Hauptsendungen von „heute“ detaillierter und vor allem interaktiv aufbereitet. Parallel zur Sendung sind auch hierbei Fragen via Chat und Twitter möglich.
Auch wenn das Programmangebot allgemein manchertags etwas stumpf und zuschauerfern wirken mag, kann sich das ZDF doch als „direkt“ loben.
Voll up-to-date!
Inhaltlich gesehen ist das ZDF durch sein mehrkanäliges Nachrichtenangebot (heute, heute-journal, heute.de, heute-App) permanent auf der Höhe des Geschehens. Zudem finden aktuelle politische Themen wöchentlich Beachtung bei Maybritt Illner. Eine Talk-Überfrachtung, wie etwa im Ersten, besteht jedoch nicht.
Technisch gesehen reagiert das ZDF besonders seit einigen Jahren immer deutlicher auf neue Entwicklungen, die etwa den Empfang des Fernsehprogramms betreffen.
Die Bedeutung des Internets ist im letzten Jahrzehnt regelrecht explodiert – das spiegelt sich auch im Fernsehempfang wieder. Während im 20. Jahrhundert Fernsehprogramme ausschließlich im „Muttermedium“, dem Fernsehen, liefen, wurde mit der ZDFmediathek 2001 ein neues Kapitel der Fernsehgeschichte begonnen. Teile des Hauptprogramms, vor allem Nachrichten und Informationssendungen, wurden im Internet zweitverwertet. Was damals nur lückenweise geschah, ist heute Standard beim ZDF. Mittlerweile, ermöglicht durch die neue GEZ-Pauschalgebühr, kann man das gesamte Programmangebot live auch in der ZDFmediathek verfolgen – zum Teil sogar in HD. Ein Fernsehgerät ist fast überflüssig geworden.
Kein Quatsch und unterhaltend?
Traditionell gibt es im ZDF montags den Fernsehfilm der Woche. Nahezu jede Woche ein anderes Thema, Genre, andere Schauspieler. Gleich danach kommt das Montagskino. Das Problem: Zumeist sieht man auf diesem Programmplatz über mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate, Filme des gleichen Genres: Nur Kriegsfilme, nur Krimis oder nur Liebesthriller. Mögen die meisten Filme gefallen, so ist die Auswahl doch zumeist nicht besonders vielfältig.
Was Kinofilme betrifft, kann das ZDF also durchaus einen Zahn zulegen. Auch Shows betreffend sollte sich das ZDF Gedanken machen. Denn: Was früher einmal als das Flaggschiff des ZDF Ansehen genoss, ist mittlerweile zum internationalen Spottobjekt mutiert. Das heimische Publikum, Hollywoodstars, sogar die New York Times glauben zu wissen, dass „TV abschalten“ das Beste ist, wenn wieder „Wetten, dass..?“-Samstag ist. Und tatsächlich ist vom einstigen Glamour der Show nicht viel geblieben. Lichtblicke sind selten. Sie entstehen allenfalls durch manch aufgeweckten Gast – erfrischende Abwechslung von einer immer wieder aufs Neue scheiternden Lanz-Show. Mit deutscher Zuverlässigkeit wiederkehrende Momente des Fremdschämens für einen übereuphorisierten Moderator, festigen den Eindruck, dass Markus Lanz auch nach fünf Shows nicht der Geeignete für den Job zu sein scheint.
Durch die „Wetten, dass..?“-Tragödie und den Verlust von Jörg Pilawa an die ARD hat das ZDF ein massives Unterhaltungsproblem. Neue Gesichter müssen her – doch momentan sind diese noch nicht in Sicht. Joko und Klaas sind zu ProSieben abgezogen, der Rest der jungen Garde des ZDF probiert sich lieber in anderen Formaten.
Quatsch oder kein Quatsch – das zu beurteilen, fällt aufgrund der Subjektivität solcher Einschätzungen, eher schwer. Doch was die Unterhaltung betrifft, steht das ZDF vor großen Herausforderungen.
Also?
Was bleibt: Das ZDF entspricht über weite Strecken, wenn auch nicht ganz, noch heute der Fernseh-Idee seines ersten Intendanten. Es ist frisch, direkt und aktuell. Und sogar unterhaltend. Doch hier liegen die größten Probleme des Senders: ausgediente Formate, starke Konkurrenz und Nachwuchsprobleme. Viel Arbeit ist in Sicht, doch ein bisschen Feiern hat noch niemandem geschadet.
Bilder: flickr: mattingham (CC BY-NC-ND 2.0); flickr: GeraldS (CC BY-NC 2.0)
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