Marketing und Public Relations
Was du vor dem Jobeinstieg wissen musst
Vom Master-Jahrgang 2020/21
Marketing und Public Relations (PR) – oder auf Deutsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – werden oft in einem Satz genannt oder sogar miteinander vermischt. Aber wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden Bereichen?
Beim Marketing geht es um den Absatz, also um die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen. Die PR umfasst die Kommunikation des Unternehmens gegenüber Presse, Öffentlichkeit und (möglichen) Kund*innen. Die PR beeinflusst also langfristig das Image und die Wahrnehmung eines Unternehmens. Dadurch hat die PR auch einen indirekten Einfluss auf den Absatz des Unternehmens, weshalb sie mittlerweile schon fast als Teil des Marketings angesehen wird.
Welche Bedeutung Marketing und PR konkret für ein Unternehmen haben, erklären wir dir hier am Beispiel von Jogi und seinem „Bookstore to go“:
Mark Pelzer & Die Kavallerie
Mark Pelzer ist einer von zwei Geschäftsführern von „Die Kavallerie“, einer Marketing- und Kommunikationsagentur in Tübingen. Mark Pelzer studierte Allgemeine Rhetorik, Germanistik und BWL an der örtlichen Universität. Noch während dem Studium begann er 2001 zusammen mit Björn Franke, den er in einem Spanischkurs kennenlernte, unter dem Namen „Die Text-Kavallerie“ als Freelancer zu arbeiten. Daraus wurde dann „Die Kavallerie“, auch wenn es – wie Mark Pelzer betont – keinen militärischen Hintergrund gibt. Marketingtechnisch sieht er den Namen aus heutiger Perspektive sogar als Vorteil, da er „gut hängen bleibt“.
Die Agentur hat ein großes Spektrum an Leistungen zu bieten, von der klassischen Kampagne bis hin zu Strategieplanung und Motion Design. Als kleine Agentur in Tübingen, abseits der „Marketing Hotspots“ Berlin und Hamburg, begannen sie zunächst mit kleineren Kunden. Heute arbeitet „Die Kavallerie“ auch mit namenhaften Kunden zusammen, zu diesen gehören beispielsweise Daimler, die AOK, Osiander und Kärcher. Aber auch Auftraggeber mit „gesellschaftlicher Relevanz“ kann die Agentur zu ihren Kunden zählen, wie Kommunen und das Land Baden-Württemberg, die Universität Tübingen oder auch das Biosphärengebiet Schwäbische Alb.
Das Agenturleben im Wandel
Wenn Mark Pelzer vom Agenturleben berichtet, betont er zwar die positiven Aspekte, wie zum Beispiel coole und abwechslungsreiche Projekte und das Arbeiten im Team, scheut sich aber nicht davor, auch die Schattenseiten anzusprechen. So bezeichnet er beispielsweise die Planung seiner Arbeitszeiten als „volatil“, was –für alle, die jetzt googlen müssen – so viel wie „schwankend“ bedeutet. Die Arbeit in einer Agentur ist zwar freier als in einem Unternehmen, aber auch fordernder und gleicht „einem kleinen Ritt auf dem Vulkan“. In einer Agentur ist ständige Improvisation gefordert und man muss damit leben können, „Prototypen für den Papierkorb“ zu entwickeln.
„DIE ARBEIT IN EINER AGENTUR GLEICHT EINEM KLEINEN RITT AUF DEM VULKAN.“
Darüber hinaus berichtet Mark Pelzer von den Veränderungen, die er während seiner 20-jährigen Laufbahn innerhalb der Branche und Agentur wahrnimmt. Während die Kreativität früher im Vordergrund stand, geht es heute mehr um die Frage nach dem Format und den besten Möglichkeiten, die Zielgruppe optimal zu erreichen. Das „Wie“ ist also mittlerweile fast schon wichtiger als die kreative Aufmachung geworden, so Mark Pelzer.
Konkret berichtet er bei der Frage nach dem „Wie“ von den Marketinginstrumenten Storymaking und Storytelling, wobei er das Storymaking mittlerweile als wichtiger erachtet. Beim Storymaking wird – beispielsweise auf Social Media – der Rahmen einer Geschichte vorgegeben, die Geschichte selbst wird dann durch Nutzer*innen weiterentwickelt. Diese sind also nicht passive Rezipient*innen, wie es beim Storytelling der Fall ist, sondern aktiv am Verlauf der Geschichte beteiligt. Diese Interaktivität fördert das Community-Gefühl und beeinflusst auch die Unternehmenswahrnehmung.
Außerdem konnte Mark Pelzer wahrnehmen, dass es über die Jahre einen Wandel in Bezug auf die Bedeutsamkeit von bestimmten Werten gab. Der „Purpose“, also der dem Unternehmen übergeordnete gesellschaftliche Sinn, den ein Unternehmen verfolgt, hat dabei eine immer größere Relevanz. Auch das Konzept „New Work“, das neue Arbeitsformen, wie unter anderem agiles Arbeiten sowie kürzere und flexiblere Arbeitszeiten beinhaltet, spielt eine immer größere Rolle in Agenturen.
Kann man als Geschäftsführer einer Agentur eigentlich noch wirklich kreativ arbeiten? Zwar geht Mark Pelzer zu 70% administrativen Aufgaben nach, in der übrigen Zeit befasst er sich hingegen hauptsächlich mit dem Thema „New Business“. Am liebsten arbeitet er jedoch in der Produktentwicklung, denn er bringt lieber „Produkte und Themen nach vorne, als passiv darauf zu warten, dass ein Kunde mit einem Produkt um die Ecke kommt“.
Q&A – 6 Fragen an Mark Pelzer
Im Rahmen von Mark Pelzers Besuch in unserem Seminar „Medienpraxis und Berufsfelder der Medienkommunikation“ hatten wir Studierende die Möglichkeit, ihm Fragen zum Berufsfeld PR & Marketing sowie seinem Berufsalltag als Geschäftsführer einer Marketing- und Kommunikationsagentur zu stellen.
- Wie gewinnt man neue Kund*innen?
Mark Pelzer erzählte uns in seinem Vortrag, dass „Die Kavallerie“ zuerst mit kleinen Kunden begann, wobei Weiterempfehlungen sehr wichtig waren und immer noch sind, um neue Kunden zu gewinnen. Außerdem kann sich eine Agentur mit einem Pitch auf eine öffentliche Ausschreibung bewerben. Laut Mark Pelzer stehen aber die Chancen ohne Kontakte im Unternehmen eher schlecht, die Ausschreibung auch zu bekommen. Hat die Agentur bereits für ein Tochterunternehmen gearbeitet, ist das definitiv von Vorteil und erhöht die Chancen. Allerdings haben Pitches einen hohen Aufwand in der Vorbereitung und nur eine Agentur bekommt am Ende die Zusage, weshalb „Die Kavallerie“ sich mittlerweile nicht mehr häufig auf öffentliche Ausschreibungen bewirbt. Außerdem kann man Workshops gut zum Networken nutzen. Entweder man gibt eigene Workshops und lädt dazu Unternehmen ein, oder man beteiligt sich an Workshops von größeren Anbietern, wie zum Beispiel der IHK.
- Wie sieht die Arbeit an einer Kampagne mit Kund*innen aus?
Mark Pelzer ist es wichtig, die Mitarbeiter*innen eines Unternehmens durch Umfragen und Workshops in den Prozess der Kampagnenentwicklung mit einzubinden. Die Mitarbeiter*innen müssen „hinter dem stehen, was erarbeitet wird“ und hinter den Werten, die mit der Kampagne vermittelt werden sollen. Außerdem sollte man nicht einfach loslegen, sondern sich am Anfang für die Vorbereitung ausreichend Zeit nehmen. Im Prozess der Ideenfindung arbeitet „Die Kavallerie“ mit einem 7-Schritte-Plan, wobei es nach jedem Schritt ein Ergebnispapier gibt.
Auf die Frage, ob es auch Kund*innen gibt, die „reingrätschen“, antwortet Mark Pelzer, dass das „Reingrätschen“ meist schon in der Agentur beginnt. Die höchste Form der Einmischung ist, dass die Kund*innen der Agentur den Auftrag entziehen.
- Was sind die Pros und Contras einer eigenen Marketing-Abteilung und der Beauftragung einer Agentur?
Eine Agentur übernimmt mittlerweile nicht mehr das komplette Marketing für eine Firma, sondern ist oft wie eine Art Lehrer für einen Know-how-Transfer zuständig. Das liegt daran, dass es für Unternehmen einfacher geworden ist, selbst Werbung zu schalten und diese dabei nur noch eine Betreuung oder Experten-Meinung benötigen. Die Agentur hilft dem Unternehmen dann dabei, ein Tool, wie zum Beispiel Social Media, für das eigene Marketing zu nutzen oder das Marketingbudget optimal auszuschöpfen.
- Welche Probleme haben PR-Agenturen momentan?
Aufgrund der Corona-Pandemie finden momentan keine Messen statt, die für PR-Agenturen sehr wichtig sind. Abgesehen davon ist die Konkurrenz auf dem Markt ohnehin groß. Außerdem hat sich durch den digitalen Wandel vieles verändert oder wird sich noch verändern. So gibt es bereits KIs (Künstliche Intelligenz), die gute Texte schreiben können, und auch durch digitale Tools wurde der Kreativprozess komplizierter und benötigt nun mehr digitales und technisches Know how.
- Finden Job-Wechsel zwischen Agentur und Unternehmenskommunikation statt?
Als Chef einer Agentur hat Mark Pelzer vor allem Wechsel von Agenturen zur Unternehmenskommunikation und nicht andersherum wahrgenommen. Laut ihm ist die Arbeit in einer Agentur freier, aber auch fordernder und man kann „recht schnell an den Punkt kommen, an dem man sagt: Ist mir alles zu wild“. Lustigerweise hat es Mark Pelzer bereits mehrfach erlebt, dass es nach einem Wechsel eines Mitarbeitenden von der Agentur in die Unternehmenskommunikation dann zu einer Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Agentur kam.
- Was tun bei einem Shitstorm?
Nachdem Mark Pelzer auf schlecht gelaufene Kampagnen zu sprechen kommt, wird er direkt nach dem richtigen Umgang mit einem Shitstorm gefragt. Laut ihm sollte ein Unternehmen zügig auf den Shitstorm reagieren – im Optimalfall innerhalb von 24 Stunden – und ein „wasserdichtes, gutes Statement“ dazu posten. Im Statement sollte das Unternehmen über die Social-Media-Plattform hinaus auf andere Dinge verweisen, beispielsweise auf die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme via E-Mail oder die Social-Responsibility -Sektion auf der Webseite. Auf keinen Fall sollte ein Unternehmen auf Social Media diskutieren oder auf die Kommentare eingehen, denn bereits „kleine Stückchen befeuern den Prozess immens“.