Bild: Robert Nieto/George Margelis

Ich arbeite für eine empathische Gesellschaft, in der sich niemand für den eigenen Körper schämt.

Ein Portrait über Rena Föhr

Von Pauline Ruhe

Rena Föhr: Mediengründerin, Zyklusberaterin und freie Journalistin– zur Zeit, denn ihre Berufsbezeichnung änderte sich in der Vergangenheit hin und wieder und auch heute noch bleibt sie flexibel und vielseitig. Das Schreiben hat die 30-Jährige schon immer vor Augen gehabt, sich jedoch auch in vielen anderen Bereichen der Medienarbeit ausprobiert. 

Angefangen mit ersten Erfahrungen bei Schülerzeitschriften und Tageszeitungen, gründete sie vor kurzem ihr eigenes Start-up Chica Con Ciclo – Dein feministischer Zyklus-Guide, ein Onlineangebot rund um Zykluswissen, die Menstruation und hormonfreie Verhütung, den Fokus dabei immer auf die Gesundheit gerichtet. Rena war schon als junge Studentin immer auf der Suche nach Praktika in unterschiedlichen Bereichen, die ihr ihren damaligen Traumberuf Journalistin näherbringen sollten. Praktika bei tagesschau.de, der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit oder der Deutschen Welle, halfen ihr, ein Netzwerk aufzubauen und einen Fuß in die Tür der Medienwelt zu setzen. Auslandsaufenthalte, die sie durch Stipendien ergatterte, eröffneten ihr einen Blick in die Vielfalt der Medienarbeit. Und noch etwas erfuhr Rena während ihrer Praktika bei den großen Medienhäusern: „Das Schreiben machte Spaß, aber die Machtstrukturen nervten. Ich wusste auch nicht so richtig, ob ich da reinpasse.”  Sie beschloss, es herauszufinden und schrieb während ihres Mewi-Bachelorstudiums freiberuflich weiter.

Ein spezielles Thema beschäftigte Rena in dieser Zeit besonders: Der gesellschaftliche Umgang mit dem weiblichen Zyklus und die Unwissenheit und Unsicherheit bezüglich des eigenen Körpers. Zugleich amüsiert und schockiert erzählt sie über einen Besuch bei der Frauenärztin, aus dem sie verunsichert, aber auch neugierig herauskam. Sie interessierte sich immer mehr für die weibliche Sexualität und informierte sich. Dabei stellte sie fest, wie wenig junge Menschen tatsächlich über den eigenen Körper aufgeklärt werden. “Jahre später erfuhr ich von der natürlichen Verhütung, wodurch mein Interesse an Körperbeobachtung gestiegen ist“. Dass der vaginale Ausfluss eigentlich Zervixschleim heißt und wichtige Hinweise zur eigenen Gesundheit und Fruchtbarkeit gibt, veränderte das Verhältnis zu ihrem Körper und ihrer Sexualität. Die sich zyklisch verändernden Emotionen, der achtsame Umgang mit dem eigenen Körper – dieses anfangs eher private Interesse traf bald auch auf die journalistische Ader von Rena Föhr. Sie setzte es sich zum Ziel, aufzuklären. Ihr journalistischer Anspruch war dabei, wissenschaftliche Informationen akkurat zu recherchieren, leicht zugänglich zu machen und Diversität dabei zu gewährleisten. Andere Menschen als weiße Cis-Frauen und heterosexuelle Paare in Informationsmaterial für beispielsweise Verhütungs- und Menstruationsprodukte zu finden, sei gar nicht so selbstverständlich. 

Ihr Masterstudium der Gender and International Relations in Bristol wählte Rena, um weiter in das Thema Feminismus einzusteigen. Nach ihrem Masterabschluss arbeitete sie einige Zeit als freie Journalistin und bewarb sich auf Volontariatsstellen, um der journalistischen Ausbildung nachzugehen. An die Stelle des Volontariats trat schließlich ein Job bei einer in Berlin sitzenden Nichtregierungsorganisation. Rena hatte die Wahl: Die Einladung zum Auswahlgespräch bei nordbayern.de lag vor, das Jobangebot bei der NGO auch. Dass Rena die Stelle bei der NGO im Bereich der internationalen digitalen Kommunikation annahm, hatte nicht nur finanzielle Gründe. “Ich wollte schauen, was möglich ist.” Mit der Möglichkeit, die sich ihr dann boten, hatte die damalige Berufseinsteigerin jedoch nicht gerechnet: Ihr wurde innerhalb der NGO eine Position zugeteilt, die sich an berufserfahrene Englisch-Muttersprachler*innen richtete. So kam es, dass Rena Dienstreisen nach Kenia unternahm, Kampagnen mit dem Themenschwerpunkt sexuelle und reproduktive Gesundheit leitete und ein internationales Frauenprojekt betreute. Die Lehre, die sie den Masterstudierenden an dieser Stelle unbedingt mitgeben möchte: “Man sollte sich nie selbst ausschließen bei Bewerbungen, auch, wenn man auf den ersten Blick nicht alle Anforderungen erfüllt.“

Renas Interessenschwerpunkte und ihr Job passen zusammen, doch nach anderthalb Jahren Arbeit in Vollzeit merkte sie, dass ihr etwas fehlt: Die Kreativität und das Schreiben. Rena zog einen Schlussstrich und zog zu ihrem Partner nach Kolumbien, wo sie wieder als freiberufliche Journalistin ihre eigenen Ideen umsetzen kann. Anfang dieses Jahres ist Rena mit ihrem Mann wieder nach Deutschland zurückgekehrt und arbeitet an ihrem Start-up, das kürzlich ein Stipendium des Media Labs Bayern gewann. Rena lebt heute als Mediengründerin, Zyklusberaterin und freie Journalistin mit einem kreativen, selbstorganisierten Arbeitsalltag. Content Creation für Instagram und Blog gehört genauso zu den täglichen Aufgaben wie die Nutzer*innenforschung, das Vorbereiten von Interviews und Onlinekursen zu Zyklusthemen. Dort können alle, die tiefer einsteigen wollen, die Beobachtung von Temperatur, Zervixschleim und Blutungen fundiert erlernen und verstehen – im Hinblick auf die eigene Gesundheit, einen Kinderwunsch oder Verhütung. Auch personalisierte Coachings bietet sie an.

Im Rückblick auf ihr Studium gibt Rena den Studierenden mit, sich nicht zu viele negative Gedanken zur Berufsfindung zu machen und sich nicht von Fragen wie “Und was kann man überhaupt damit arbeiten?” irritieren zu lassen. Denn, wenn sie auf ihre Kommiliton*innen und Freund*innen aus ähnlichen Fachbereichen schaut, hat jede*r einen passenden Job gefunden. Ihr Berufsfeld hat sich Rena selbst gestaltet und arbeitet mit voller Leidenschaft. Die Bürokratie würde sie zwar gerne abgeben und sich mehr dem kreativen Schreiben widmen, aber das gehöre wohl auch dazu. Ihr nächstes Ziel hat Rena schon vor Augen: ein eigenes Buch zu schreiben. Auf meine letzte Frage, ob sie ihren Traumjob gefunden hätte, antwortet Rena mit einem sicheren „Ja! Ich arbeite für eine empathische Gesellschaft, in der sich niemand für den eigenen Körper schämt. Zyklusbewusstsein ist mein Werkzeug und ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung und Empathie.”