Von Bangladesch bis in die USA

Die Klimakrise trifft Frauen ganz besonders

Von Name Autor

Vielen von uns ist es schon längst klar: Die Klimakrise ist nicht gerecht. Natürlich haben die Menschen in Inselstaaten stärker mit Überschwemmungen zu kämpfen als wir in Deutschland. Einige Inseln sind sogar davon bedroht, vom steigenden Meeresspiegel verschluckt zu werden.

Aber so eine Überschwemmung scheint doch auf den ersten Blick nicht zwischen Frauen und Männern zu unterscheiden, oder?   

Man könnte denken, die Naturgewalten der Klimakrise ließen sich nicht von Geschlechtsunterschieden beeinflussen. Untersuchungen zeigen aber, dass Frauen Umweltkatastrophen mehr zum Opfer fallen und dabei häufiger sterben als Männer. Dies scheint außerdem auch ein weltweites Problem zu sein, mit Beispielen von Europa bis Asien. Die Opfer einiger Katastrophen waren bis zu 80 % weiblich, wie bei einem Tsunami in Asien im Jahr 2004. Beim Zyklon Nargis in Myanmar haben 87 % der unverheirateten Frauen ihre Einkommensquelle verloren und 62 % der Todesopfer waren weiblich.

Aber wieso ist die Klimakrise nicht genderneutral? Warum sind Frauen von den Auswirkungen der Klimakrise stärker betroffen?

Die Flut kommt

Stellen wir uns eine Frau in Bangladesch vor. Ihr Wohnort ist bedroht, in den nächsten Tagen überflutet zu werden. Die Behörden wissen das schon im Voraus und warnen die Bevölkerung an öffentlichen Orten und durch schriftliche Meldungen. Leider hatte sie aufgrund ihres Geschlechts nicht die Möglichkeit, gut genug lesen zu lernen, und versteht die Warnungen nicht. Sie bleibt außerdem meistens zuhause, um sich um Haushalt und die Kinder zu kümmern. Die Männer in ihrem Dorf bekommen die Warnungen mit, kommunizieren diese aber kaum weiter.

Die Flut kommt für sie überraschend. Jetzt muss sie sich auch noch um die Kinder kümmern, was die Evakuierung langwieriger macht. Sie ist damit nicht alleine, viele Frauen bleiben zuhause, weil sie denken, dass von ihnen erwartet wird, auf den Haushalt aufzupassen. Kommt das Wasser näher, ist es für einige dann zu spät – schwimmen gelernt haben viele nie.

Nun ist alles verloren, die Nähmaschine, die Küchengeräte, alle Haushaltsgegenstände. Erfasst wird aber nur der Verlust ihres Mannes, denn ihm gehörte das Haus offiziell.

In der Notunterkunft werden nun die stärkeren Männer bevorzugt, die sich beispielsweise die besten Plätze an der Essensausgabe verschaffen können. Eigene Bereiche für Frauen gibt es nicht – das kann auch oft gefährlich werden.

Strukturelle und lebenslange Benachteiligung, die Frauen erfahren, kann in solchen Situationen also zum Tod führen, sei es zum Beispiel, nie lesen gelernt zu haben oder nicht schwimmen zu können.

Geschlechterrollen, die Frauen an den Haushalt binden, spielen auch eine große Rolle. Auswirkungen dieser Benachteiligung und Rollenzuschreibungen spüren Frauen auf der ganzen Welt, nicht nur in Bangladesch. Auch in den USA trifft es bei Katastrophen Frauen oft stärker. Durch die Klimakrise kommt es hier unter anderem immer häufiger zu starken Hurrikans.

Hurricane Katrina macht nicht vor Armut halt

Stellen wir uns nun also eine Frau in New Orleans vor. Hurricane Katrina ist auf dem Weg in die Stadt. Die Frau hat nicht viel Geld. Im Vergleich zu Männern leben hier mehr Frauen in Armut. Sie hat kein Auto und benutzt in der Regel die öffentlichen Verkehrsmittel. Die sind nun aber wegen des drohenden Hurrikans außer Betrieb. Evakuieren kann sie nun erstmal nicht so schnell, und sie bleibt mit ihren Kindern, auf die sie auch aufpassen muss, in ihrem Gebäudekomplex. Viele ihrer männlichen Nachbarn sind bei der Arbeit. Die Firmengebäude sind stabil gebaut und halten stand. Ihr Gebäudekomplex hält das Rütteln des Hurricanes nicht aus. Sie schafft es unbeschadet aus dem Haus, ist aber nun auf der Straße gestrandet und muss sich jetzt auf den Weg machen, einen sicheren Ort zu finden.

Hurricane Katrina in New Orleans. Bild: Pixabay

Auch ein Jahr später wohnt sie noch in einer Notunterkunft. Sie hatte nicht die Möglichkeit, ihr Leben wieder so aufzubauen, wie es vorher war. Wie ihr erging es vielen Frauen, die im Vergleich zu Männern viel häufiger ihre Existenzgrundlage verloren. Einige zogen in arme Wohnwagensiedlungen, andere verblieben in Übergangsunterkünften. Seit dem Hurrikan stieg die Zahl der geschlechtsspezifischen Gewalt stark an. Darunter fällt zum Beispiel sexualisierte Gewalt, die Frauen oft in Notunterkünften trifft.

Die Klimakrise verstärkt systemische Ungerechtigkeiten

Frauen auf der ganzen Welt sind also bei klimabedingten Katastrophen stärker betroffen. Aber auch das alltägliche Leben vieler Menschen wird durch die Klimakrise stark beeinflusst. In vielen Gegenden sind vor allem Frauen dafür verantwortlich, Essen und Wasser in den Haushalt zu bringen. Dies wird bei Dürren und schlechteren Ernten immer herausfordernder. Trocknen Brunnen aus, müssen Frauen in manchen Regionen weit laufen, um Wasser zu holen. Dies nimmt mehr Zeit in Anspruch. Auch junge Mädchen übernehmen diese Aufgaben und können durch den höheren Zeitaufwand möglicherweise nicht mehr in die Schule gehen. Bei schlecht ausfallenden Ernten müssen sie oft mithelfen, damit genug Geld erwirtschaftet werden kann. In vielen Gegenden und Ländern sind vor allem Frauen in der Landwirtschaft tätig. In Asien sind Frauen zum Beispiel für rund 70 % der landwirtschaftlichen Arbeit zuständig.

Oft sind Frauen für die Kinder verantwortlich. Eine Herausforderung bei Katastrophen. Bild: Pixabay

Kommt es durch schlechte Ernten und andere Verluste von Einnahmequellen zu finanziellen Problemen in einer Familie, so kann das auch dazu führen, dass junge Mädchen früher heiraten müssen.

Gibt es dann nicht genug zu essen, essen Frauen oft als letztes und am wenigsten, beschreibt Arora-Jonsson in ihrem 2011 erschienenen Buch „Virtue and Vulnerability: Discourses on Women, Gender and Climate Change“. Auch hier gibt es also wieder Herausforderungen, die vor allem Frauen betreffen. Schlechtere Ernährung kann zum Beispiel bei Schwangerschaften zu einem großen Problem für Mutter und Kind werden.

Wir sehen also, dass die Klimakrise Frauen an unterschiedlichen Orten der Welt stärker betrifft. Trotzdem ist eine Umweltkatastrophe natürlich nicht von sich aus sexistisch. Hier treffen die Folgen der Klimakrise und systematische Benachteiligung zusammen. Das kann von Situation zu Situation, von Land zu Land und von Region zu Region unterschiedlich sein. Unterschiedliche Geschlechterbilder und Vorstellungen davon, wie sich Frauen verhalten sollten, können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Folgen der Klimakrise erleben momentan aber Frauen auf der ganzen Welt. Viele systematische Benachteiligungen von Frauen sind weltweit verbreitet, und oft verstärken andere Faktoren, wie die soziale Stellung oder Rassismus, die Folgen noch weiter.

Frauen beim Wasser holen. Bild: Pixabay

Gibt es Lösungen?

Die Folgen der Klimakrise sind nicht neutral und auch nicht genderneutral. Das sollte in der Entscheidungsfindung beachtet werden, die momentan noch sehr männlich geprägt ist.

Doch werden Frauen aktuell überhaupt mitgedacht? Bei den UN-Klimakonferenzen wurden immerhin schon seit 2014 Ziele gesetzt, um Frauen besser in Entscheidungsprozesse einzubinden und die Geschlechterebene im Klimaschutz mehr zu beachten.

Untersuchungen zeigen, dass mehr Frauen in der Entscheidungsfindung ambitioniertere Klimapolitik bedeutet.

An vielen Stellen sind Frauen schon jetzt beteiligt, sei es als Klimaaktivistinnen, als Politikerinnen oder als Wissenschaftlerinnen, um der Klimakrise etwas entgegenzusetzen.

Mehr Frauen in diesen Positionen bedeutet mehr Bewusstsein für die geschlechtsspezifischen Aspekte der Klimakrise und somit auch die Möglichkeit, hier etwas zum Positiven zu verändern.

Beispiele inspiriert von:
  • Abid, Zeinab; Abid, Muhammad; Zafar, Qudsia; Mehmood, Shahbaz (2018). “Detrimental Effects of Climate Change on Women”. Earth Systems and Environment, 2, p. 537–551.
  • Institute for Womens policy research- Women, Disasters, and Hurricane Katrina D492.
Daten und Zusammenhänge sind unter anderem hier zu finden: