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Virtuelle Hintergründe

Ein geeignetes Tool für Onlinebesprechungen oder doch nur Ablenkung?

Von Fiona Kunz

Seit der vermehrten Einführung von Onlineunterricht und Onlinebesprechungen steht die Nutzung virtueller Hintergründe hoch im Kurs. Der reale Hintergrund kann von einem virtuellen abgedeckt werden. Aber was bringt das?

Das Studieren seit dem Sommersemester 2020 ist nicht von der gewohnten Art – keine Vorlesungen in einem großen Saal, keine Workshops an der Uni, keine größeren Veranstaltungen. Stattdessen: eine Videokonferenz nach der anderen. Viele Herausforderungen kamen auf Studierende zu. Diese und ihre Dozent*innen mussten sich mit Plattformen, wie Zoom oder Microsoft Teams, erstmalig intensiv auseinandersetzen. Plötzlich brauchte man eine gute Laptopkamera und ein funktionierendes Mikrofon. Plötzlich sah man sich selbst beim Reden zu. Und plötzlich fragte man sich: Ist mein Hintergrund vorzeigbar? Soll ich die Kamera auslassen? Vielleicht mal aufräumen? Renovieren? Oder kann auch einfach ein virtueller Hintergrund Abhilfe schaffen?

Ach wie nett: Ich kann ja am Meer sitzen

Im ersten Lockdown – als die virtuellen Hintergründe gerade erst als „neues“ Tool für Videokonferenzen entdeckt wurden – wurde mit Spaß und Neugier der eine oder andere lustige Hintergrund ausgetestet. Man sah Kommiliton*innen am Meer (oder im Meer), im Dschungel, oder gar in Mitten einer römischen Schlacht sitzen. Gerade da diese Möglichkeit für die meisten neu war, war die Nutzung der virtuellen Hintergründe zu Anfang relativ verbreitet und unterhaltsam. Besonders ein bestimmtes Motiv ist konstant auf einigen Bildschirmen zu sehen: Ein gut sortiertes Bücherregal. Das kurioserweise – teils in exakt gleicher Ausstattung – bereits im Hintergrund verschiedener Teilnehmenden zu sehen war.

Das Bücherregal

Das Bücherregal als virtueller Hintergrund ist sehr beliebt, besonders bei Lehrbeauftragten. Warum?

Beliebter Hintergrund bei virtuellen Konferenzen: das Bücherregal. Bild: iStock.

Nun, es ist anzunehmen, dass das Bücherregal eine gewisse Belesenheit oder Kompetenz repräsentiert. Zudem möchten einige Dozent*innen – aber auch Studierende – ungern ihre persönlichen Räume zeigen. Und ein klarer Vorteil eines virtuellen Hintergrunds im Allgemeinen ist wohl das Schaffen von Privatsphäre. Nun könnte allerdings das Verstecken des Privatraumes als „Ich habe etwas zu verbergen“ aufgefasst werden. Man fragt sich: Was versteckt sich hinter dem schönen Bücherregal? Und womöglich lautet die Antwort schlicht: ein unsortiertes, unästhetisches Bücherregal.

Die Sache mit der Bildqualität

Ein Problem, das bei der Nutzung von virtuellen Hintergründen auftritt, ist die Bildqualität. Denn diese ist oft nicht gerade besonders gut. Und das hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen spielt es eine Rolle, welche Auflösung das gewählte Hintergrundbild hat. Und dies hat damit zu tun, aus welcher Quelle das Bild stammt. Zu empfehlen ist wohl ein Hintergrund, der von einer offiziellen Seite mit lizenzfreien Bildern stammt (Links am Ende des Beitrags).

Ein weiterer Qualitätsfaktor ist die Belichtung. Scheint zum Beispiel in dem Raum, in dem man sich tatsächlich befindet, die Sonne von der Seite zum Fenster rein, verschwindet ein Teil des virtuellen Hintergrunds. Wenn die Lichtverhältnisse des virtuellen Hintergrunds und des realen Hintergrunds zu sehr voneinander abweichen, wirken Gesichter blass oder rötlich. Und das sollte man, nicht nur wegen der ablenkenden Wirkung, sondern auch aus Gründen der Ästhetik, vermutlich besser umgehen. Hier gilt es wohl am besten – legt man besonderen Wert auf eine einwandfreie Wiedergabe des gewünschten virtuellen Hintergrunds – vor der Videokonferenz zu prüfen, wie das Einsetzen des Hintergrunds bei der tatsächlichen Konferenz aussehen würde, um dann abzuwägen, ob man dieses Tool nutzen möchte.

Mehrwert eines virtuellen Hintergrunds

Wie in den vorherigen Absätzen festgestellt wurde, weisen virtuelle Hintergründe auch störende Aspekte auf. Aber wie sieht es mit den Vorzügen aus?

Ein entscheidender Mehrwert der virtuellen Hintergründe ist die Wahrung der eigenen Privatsphäre. Und das Verstecken des Privatraums hat den zusätzlichen Vorteil, dass man sich nicht um das Aussehen des echten Hintergrunds kümmern muss – man überdeckt ihn einfach mit einem virtuellen.

Ein weiterer positiver Punkt ist wohl schlicht der Unterhaltungsfaktor. Wobei man allerdings abwägen sollte, ob der virtuelle Hintergrund dem Setting der Videokonferenz angemessen ist.

Ein Mehrwert kann auch gewonnen werden, wenn man virtuelle Hintergründe im Kollektiv einsetzt. Sprich, wenn alle Teilnehmenden denselben oder einen thematisch ähnlichen Hintergrund verwenden. So könnten beispielsweise bei einer Sitzung über den Regenwald virtuelle Hintergründe aus den Tropen eingesetzt werden. Durch diesen Einsatz des Tools kann eine thematisch passende und harmonische Stimmung erzeugt werden. Ebenfalls kann in diesem Zuge eine Art Gemeinschaftsgefühl entstehen. Für Lehrveranstaltungen bietet es sich in diesem Kontext zum Beispiel auch an, den realen Klassenraum oder Vorlesungssaal als virtuellen Hintergrund zu nutzen.

Witziges Gadget oder doch nur Ablenkung?

Ein virtueller Hintergrund kann positive Effekte, wie Unterhaltung, Sicherung der Privatsphäre, oder das Schaffen eines Gemeinschaftsgefühls hervorrufen und somit durchaus von Nutzen sein. Ist ein virtueller Hintergrund also eine fördernde, vereinende Option in einer Videokonferenz? Oder doch nur eine ablenkende Spielerei? Es stellt sich die Frage, ob ein virtueller Hintergrund – besonders im Hinblick auf Universitätsveranstaltungen – dann doch eher nur für Ablenkung sorgt. Ein virtueller Hintergrund ist wohl nur dann zu empfehlen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu zählen eine gute Bildqualität, ein gutes Belichtungsverhältnis und auch die Angemessenheit zur Sitzung. Zudem sollte wohl beachtet werden, dass ein Hintergrund gewählt wird, der nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nicht zu empfehlen sind deshalb beispielsweise Bewegtbilder oder Bilder in grellen Farben, da diese auf andere Teilnehmende der Videokonferenz ablenkend wirken könnten.