Eine Journalistin zwischen Tigerente, Wetterfrosch und Markus Söder
Ein Portrait über Tanja Kipke
Von Pauline Rothfuß
Es war einmal eine MeWi-Studierende, die direkt nach dem Studium ihren Traumjob erhielt und bis zum Lebensende darin glücklich war. Ende – oder? Nicht so ganz.
Nach meinem Gespräch mit Tanja Kipke ist mir eines klar: Es muss nicht immer das größte Unternehmen und das unmittelbare Durchstarten im Arbeitsleben sein, denn auch kleinere Firmen und kurze Erfahrungen sind bedeutsam und können zum gewünschten Berufsziel führen. Studium, Praktika, Werkstudentenjobs: sie alle hat Tanja Kipke auf ihrem Weg durchfahren und ein Stück näher zu der Station gebracht, an der sie gerade ist: Volontärin in der Online-Redaktion des Münchner Merkurs. Aber zurück zum Anfang.
Wie alles begann
Coronabedingt schalten Tanja aus München und ich aus Tübingen uns an einem regnerischen Samstag über Facetime zusammen und ich bitte sie, mir zu erzählen, wo ihr MeWi-Zug gestartet ist.
Ausgangsbahnhof ist Tanjas Heimatstadt Würzburg. Wie so viele, hatte sie nach dem Abitur und einer kleinen Weltreise nicht wirklich einen Plan, welches Studienfach das Richtige ist. Schon in der Schule konnte sie sich fürs Filmemachen und für Medien begeistern, daher ist ihre erste Idee, es mit Filmwissenschaft zu versuchen. Nachdem sie dort jedoch leider keinen Studienplatz ergattern konnte, entschied sie sich, Englisch und Philosophie in Würzburg zu studieren. Nach und nach wurde ihr aber klar, dass „es das nicht ist“. Also stieg sie wieder in den Zug und wechselte nach einem Jahr ins schöne Tübingen, um an ihre ursprünglichen Irgendwas-mit-Medien-Pläne anzuknüpfen und an der Eberhard Karls Universität Tübingen Medienwissenschaft zu studieren.
Zwischenstopp in Tübingen
Für den Studiengang in Tübingen hat sie sich auch entschieden, weil „es so viel Praxis gab“ und weniger Theorie als in anderen Studiengängen. Ich bemerke schon jetzt im Gespräch, dass Tanja eine Macherin ist, die gerne neue Wege ausprobiert. Schon nach kurzer Zeit ist ihr in diesem Studienfach bewusst: „Das ist es.“, denn die Projekte im MeWi-Studium begeistern sie. Vor allem die journalistische Seite und die Lehrredaktionen sind ihr im Gedächtnis geblieben. Die Theorie…„war halt auch mit dabei“, sagt sie lachend.
Im Nachhinein ist ihr klar geworden, dass sie nur aufgrund des Studiums und der Dozent*innen die Journalismus-Richtung eingeschlagen hat und jetzt als Volontärin schreibt.
Auf die Frage, an welche Dozent*innen sich Tanja besonders gerne zurückerinnert, folgt ihre Antwort unverzüglich. Bei Pia Fruth hat sie nicht nur journalistische Fähigkeiten mitbekommen, sondern auch ihre Bachelorarbeit geschrieben, die – wie sollte es auch anders sein – ein Projekt war. Ihre Stimme in Höchstform bringen konnte sie bei Herrn Hägele und als sie mir aufzählt, bei welchen späteren Beiträgen sie das alles anwenden konnte, erkenne ich, wie das Studium sie beeinflusst und inspiriert hat.
Nicht von der Tigerente fallen
Studium schön und gut – als nächstes wollte Tanja aber herausfinden, in welche berufliche Richtung ihr Zug fahren soll. Die erste Chance dafür bot sich im Rahmen des Pflichtpraktikums. Tanja bleibt dafür „im Ländle“ und schnuppert das erste Mal Redaktionsluft als Praktikantin in der Redaktion des Tigerentenclubs. Zu ihren Aufgaben gehörte die Erstellung der allseits bekannten Quizfragen, mit denen die Lehrer*innen untergehen, der Schnitt der Sendung und die Unterstützung der Redakteur*innen bei Interviews. Als Praktikantin durfte sie außerdem bei den Aufzeichnungen helfen und die Gäste der Sendung betreuen, unter anderem Sven Plöger, den Wettermoderator der ARD, wie sie mir aufgeregt erzählt.
Obwohl ihr die Redaktionsarbeit am meisten Spaß gemacht hat, zieht Tanja am Ende das Fazit, „dass es Kinderfernsehen jetzt auch nicht ist“. Tanjas Leidenschaft, die eigentliche Schreibarbeit, ging ihr zu sehr verloren, weil die Inhalte kindgerecht reduziert werden müssen. Aber ein kleiner Traum von Tanja ist trotzdem wahr geworden: Einmal auf der Tigerente zu reiten.
Raus in die Welt – Rein zu ProSieben
Um sich weiter in der Redaktion auszuprobieren, bewirbt sie sich im Mai 2020 mit dem Bachelorabschluss im Gepäck für ein Praktikum bei Galileo. „ProSieben ist riesig!“, ist Tanjas erster Satz dazu. Während sie eine eher kleinere Redaktion vom Tigerentenclub kannte, tummelten sich über 50 Mitarbeiter*innen in der Redaktion von Galileo. Davon waren zehn Praktikant*innen, das heißt „man musste sich durchboxen“. Tanja kämpfte sich, noch dazu während einer weltweiten Pandemie, durch und durfte daher an mehreren Beiträgen mitwirken. Zweimal ist sie auch selbst vor die Kamera getreten: Zuerst als Schauspielerin in einer nachgestellten Szene über die Rothschild-Dynastie, dann hat sie für Galileo kurzerhand ihren Kleiderschrank ausgemistet. Zusätzlich durchlief sie die verschiedenen Praktikanten-dienste und hat von Voice-Overs, Themenfindung, Bildrecherche, Texten und Umfragen alles an Praxiserfahrungen mitgenommen.
„Der Moderator ist übrigens richtig nett.“, verrät Tanja mir grinsend. Dann wird sie wieder ernster, als ich sie nach den Schwierigkeiten frage, denen sie bei Galileo begegnet ist. Sie erzählt mir, dass die Themenfindung für die Beiträge ein anstrengender Prozess war, bei dem sie unter dem dauerhaften Druck stand, mit dem perfekten Pitch von ihrer Idee zu überzeugen und sich gegen Konkurrenzideen durchzusetzen. Die Fernsehredaktion ist also auch nicht Tanjas Zielbahnhof gewesen, weswegen sie sich nach ihrem Praktikum weiter auf die Reise macht.
How to Volontärin – Zwischen Interviews, Klicks und Markus Söder
Tanjas MeWi-Zug hat schon an ein paar Stationen angehalten, zurzeit hält er in der Online-Redaktion der Mediengruppe Münchner Merkur/tz, bei der sie seit Juni 2021 als Volontärin arbeitet. Der Münchner Merkur gehört zur Ippen Media-Group des Verlegers Dirk Ippen, die als fünftgrößte Zeitungsgruppe Deutschlands mehr als 60 Regionalzeitungen und -portale unter sich vereint.
Tanja schreibt hauptsächlich für das Bayern-Ressort des Portals Merkur.de und ist unter anderem für die Städteberichterstattung von Nürnberg und Regensburg zuständig. Was sie dabei besonders begeistert, ist die Themenvielfalt und dass sie immer von lieben und hilfsbereiten Kolleg*innen umgeben ist. In ihrem ersten, selbst recherchierten Artikel portraitierte sie die Bulldogge Willi, die aus einem illegalen Welpentransport gerettet wurde und dann zum Markenzeichen eines Kaffeelabels geworden ist. Aktuell schreibt sie an einem Artikel über eine Regensburger Designerin, die essbare Verpackungen entworfen hat. Am liebsten spricht Tanja mit „den normalen Peoples“ und schreibt dann darüber. Ihre Begeisterung für persönliche Geschichten und besondere Menschen geht durch das Handydisplay auf mich über.
Neben dieser Lieblingsarbeit besteht Tanjas Arbeitsalltag auch daraus, Artikel aufzubereiten oder Pressekonferenzen zu tickern. Als sie mir davon erzählt, kommen wir zu dem Teil des Volontariats, der sie besonders fordert. Der aktualitätsgetriebene Online-Journalismus lebt von Traffic und generierten Klicks, was sie als Redakteurin mit Stress und Druck konfrontiert, als Erste zu veröffentlichen oder am meisten Klicks zu bekommen. Gerade in der Pandemiezeit hat der Aktualitätsdrang der Leser nochmal um einiges zugelegt, woran sie sich erst mal gewöhnen musste. Tanja bemerkt jedoch schon nach einem halben Jahr: „Ich lerne wirklich viel, der Druck macht was mit einem und man wird schneller.“ Ein weiteres zentrales Learning: „Alles mit Markus Söder wird geklickt, die Leute lieben ihn.“
Da sie ja schon immer gerne ausprobiert, freut sie sich besonders auf die Möglichkeiten, die sie noch in ihrem Volontariat erwarten. Sie darf Kurse der Akademie der Bayrischen Presse besuchen und wird in diesem Jahr in Redaktionen hospitieren, die zu Ippen gehören, unter anderem in Hamburg (hamburg24) und Köln (rhein24).
Final destination…unbekannt?
Was nach dem Volontariat geplant ist? Wie aus der Pistole geschossen und mit leuchtenden Augen antwortet Tanja mir, dass sie auf jeden Fall im Sinn hat, eine große Neuseelandreise zu machen. Ansonsten weiß sie noch nicht genau, welche die nächste Haltestelle ist. Dass sie beim Journalismus bleiben will, ist klar. Wenn eine Stelle beim Merkur frei wird, kann sie sich gut vorstellen, dort zu bleiben, aber auch der BR reizt sie. „Die Themen machen, die man für wichtig hält.“, das ist Tanjas Ziel.
Was wäre, wenn…?
Worüber Tanja schreiben würde, wenn sie die freie Themenwahl hätte, für einen Artikel, der ganz oben auf der Website des Münchner Merkurs erscheint? Sie überlegt eine Weile und legt sich dann fest, so wie ich sie auch kennengelernt habe: „Ich würde auf jeden Fall was Menschennahes machen, was Bewegendes über eine Person, die etwas ganz Besonderes gemacht hat.“
Und was wäre, wenn ihr Zug gar nicht in die MeWi-Richtung gefahren wäre, sondern in eine ganz andere? Tanja lacht und erklärt mir dann felsenfest überzeugt, dass sie in einer Parallelwelt definitiv Herzchirurgin geworden wäre. Ruhige Stimme, ruhige Hände, ruhiges Arbeiten unter Druck – ich sehe da Parallelen zu der begeisterten Journalistin, die sie ist.
TANJAS TIPPS FÜR MEWIS
„Auf jeden Fall nicht von den großen Volontariaten und Unternehmen einschüchtern lassen, die Kleinen sind genauso viel wert! Es muss nicht immer das Größte sein, man darf sich auch Journalist*in nennen, wenn man die kleinen Volos macht.“