Schluss mit Spielen – Höhenflug und Absturz der Social Games
Von Helen Baur
Zynga war jahrelang der bekannteste Entwickler sogenannter „Social Games“ für Facebook und Co. Nun wurde ein Drittel der Mitarbeiter entlassen – der Grund: Fokussierung auf einen neuen Geschäftszweig und zwar Spiele für Smartphones. Das bedeutet allerdings auch, dass das bisherige Geschäft nicht mehr so läuft, wie es einst lief, nämlich lukrativ und erfolgreich. Daher ging Zynga 2011 an die Börse, damals lag der Firmenwert bei ca. 8,9 Milliarden Dollar. Mit der Aktienplatzierung nahm das Unternehmen eine Milliarde Dollar ein. Diese glorreichen Zeiten sind nicht einmal zwei Jahre später vorbei: Aktienpapiere verlieren drastisch an Wert, Mitarbeiter müssen entlassen werden, um Geld zu sparen. Das heißt wohl, dass sich Online-Spieler von FarmVille, Mafia Wars und CityVille abwenden. Warum haben die Spiele ihren ursprünglichen Reiz verloren?
Gemeinsam zum Ziel
Social Games brachten eine neue Form des Spielens auf den Markt, die sehr reizvoll war, dank dem Prinzip der Vernetzung. Der Schlüssel zum Erfolg in den Spielen auf Facebook oder Google+ sind Freunde – viele Freunde. Wer versucht, ein Social Game alleine zu spielen, wird schnell scheitern und Stagnation schon in den Levels zu Beginn erleben. Ziel ist es, sich mit möglichst vielen Freunden zu verbinden, gemeinsam zu spielen, zusammen die nächste Quest zu erfüllen, den anderen zu helfen.
Auch das in der Natur des Menschen liegende Vergleichen mit dem Umfeld wird nicht vernachlässigt: Es wird nicht nur mit-, sondern auch gegeneinander gespielt. Freundeskreisinterne, aber auch weltweite Highscore-Listen, spornen die Spieler zu noch besseren Leistungen an. Wer dabei noch reales Geld ausgibt, kommt schneller voran. Das ist die größte Einnahmequelle von Spielkonzernen wie Zynga. Oft werden Aktionen in den Social Games auf dem Profil des Spielers veröffentlicht, womit er, und das Spiel, Aufmerksamkeit erhaschen. Diese Aufmerksamkeit ist essentiell, denn nur so kann ein Netzwerk um das Social Game entstehen, nur so kann es sich weiter verbreiten.
Anstecken erwünscht!
Die ideale Folge aus dem Veröffentlichen und dem Anzeigen des Fortschritts auf dem Spielerprofil, ist die virale und epidemieähnliche Ausbreitung des Spieles. Hat sich ein Spiel etabliert, entstehen meistens weiterführende Fanpages und Communities. Auf diesen können die neusten Tipps und Tricks ausgetauscht, gemeinsam auf die nächste Aktion des Betreibers hingefiebert oder lediglich Kontakte und potentielle neue Social-Network-Freunde gefunden werden, die dann zu wichtigen und aktiven Helfern im Spiel werden.
Durch Specials hat Zynga versucht, seine Spieler bei Laune zu halten. Beispielsweise gibt es in Farmville jede Woche ein neues „Überthema“, zu dem es neue und einmalige Produkte zu erwerben gibt. So können in der Zeit vor Weihnachten Christbäume und ein Engelkostüm gekauft werden, Mitte Februar wimmelt es nur so von Herzen auf der Farm und zu Halloween kann der gesamte Hof in ein Horrorkabinett verwandelt werden.
Fehlender Blick in die Zukunft?
Offensichtlich haben sich all diese Bemühungen, die Spieler bei Laune und am Spiel zu halten, nur kurzfristig rentiert. Hätte sich Zynga anderes einfallen lassen müssen, um ein Milliardenverlust zu verhindern? Auf der einen Seite halten Sonderaktionen, einzigartige Produkte und die meist ansprechende Grafik lassen den Spieler am Ball und lassen ihn in eine Art Abhängigkeit, das Spiel wird in den Tagesablauf des Menschen integriert und etabliert sich zum wichtigen Element. Andererseits hat vor allem Zynga einen großen Fehler begangen und von Beginn an zu wenig in die Zukunft geschaut. Es scheint fast so, als hätten Neuerungen wie Smartphones und Tablets vor den verschlossenen Augen des Konzerns stattgefunden.
Eines der führenden internationalen Unternehmen in der mobilen und sozialen Online-Spiele-Welt ist GREE. Anders als Zynga hat sich GREE schon seit langer Zeit auf den mobilen Markt von Spielen konzentriert. Zur Zukunft von PCs und PC-Spielen äußerte sich Ende 2012 der CEO von GREE, Yoshikazu Tanaka: „Der traditionelle PC wird verschwinden und Smartphone und PC werden verschmelzen, um eine ganz neue Plattform zu werden.“ Das bietet wohl auch eine Erklärung für den Rückgang der Social Games – Spieler: Laptop und PC werden, vor allem in der Zukunft, immer weniger aus kommunikativen oder sozialen Gründen gestartet werden, sondern lediglich, um zu arbeiten. Das virtuelle soziale Leben auf Facebook und Co. lässt sich schon jetzt problemlos auf das Smartphone verschieben – mit Ausnahme der Social Games wie Farmville. Hier eröffnet sich der simple Grund für die schwindende Attraktivität dieser Spiele: Sie passen einfach nicht in das mobile Leben eines Smartphone- und Tabletusers. Ob wohl eine Farmville-App die rettende Idee für Zynga ist? Die Farmer wären sicherlich begeistert.
Foto: flickr.com/CAS Library (CC BY-NC 2.0)