Abenteuer Freelancer*in
Alumni-Portrait über die selbstständige Journalistin Kathrin Schumann
Von Sophia Bauer
Das Berufsfeld der freien Journalist*innen lebt von viel Selbstständigkeit und Eigeninitiative. Wie wir Studierende der Uni Tübingen uns darauf vorbereiten können, erfahrt ihr in diesem Blogbeitrag und Alumni-Interview mit Kathrin Schumann. Abschließend gibt es noch einen Blick auf Fakten, die den Rahmen für die freiberufliche Arbeit bilden.
Als Studentin der Medienwissenschaft interessiert mich, Sophia, besonders, wie ich mich auf die Zukunft des Arbeitsmarktes der freien Journalist*innen vorbereiten kann. Immer weniger können heute vom Journalismus allein leben und daher verlassen viele die Branche. Um trotzdem diesen Traumberuf realisieren zu können, bietet sich hier eine fächerübergreifende Ausbildung an. Denn laut dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) gibt es immer mehr das Verlangen nach crossmedialen Fähigkeiten und Kenntnissen in digitaler Technik, also die Produktion von Wort, Bild und Ton gleichzeitig. Auch Werbung- und PR-Wissen werden immer wünschenswerter. An der Uni Tübingen gibt es diese Möglichkeiten. Die Freelancerin, Redakteurin und Dozentin Kathrin Schumann hat sich diese zu Nutze gemacht und sich mit viel Eigenverantwortung optimal auf ihre berufliche Karriere vorbereitet. Sie hat in Tübingen Medienwissenschaft und Allgemeine Rhetorik studiert und schon während ihres Studiums erste Aufträge als Redakteurin oder Kamerafrau angenommen und im Zentrum für Medienkompetenz (ZFM) gearbeitet. Heute ist sie unter anderem als Multimedia- und Social-Media-Redakteurin für SWR Heimat tätig.
Welche Erinnerungen verbindest du mit deinem Studium in Tübingen?
„Wenn ich zurückblicke, ist es eine sehr schöne Zeit gewesen, denn ich habe viele interessante Menschen kennengelernt, aber auch fachlich viel gelernt. Was sich als Erinnerung trotzdem eingeprägt hat, ist, dass ich gefühlt immer viel zu tun hatte. Aber das lag auch daran, dass ich schon immer parallel gearbeitet habe.“
Du bist heute Freelancerin, Redakteurin und Dozentin – was in deiner Tübinger Zeit hat dich auf dein Berufsleben vorbereitet?
„Zum einen die Technik, 2016 habe ich mit dem Masterstudium begonnen und im ersten Semester parallel dazu angefangen, am Zentrum für Medienkompetenz unter anderem im Equipment-Verleih zu arbeiten. Das ZFM hängt eng mit dem Institut für Medienwissenschaft zusammen. Die Arbeit dort hat mir viel gebracht, da ich sehr viel über die technische Seite erfahren habe, wenn es um Medienproduktionen geht. Zum anderen aber auch Seminare, Lehrveranstaltungen oder gerade Lehrredaktionen haben mich in das redaktionelle Arbeiten eingeführt. Was ich aber am meisten aus der Zeit mitnehme, ist die Tatsache, dass man sich während des Studiums selbst organisieren muss. Du musst deine Kurse selber planen, du musst schauen, wie viel Zeit brauche ich wofür, wann muss ich etwas abgeben. Das ist im Prinzip mein Alltag heutzutage. Da ich keinen Chef habe, strukturiere ich meinen Tag selber. Deshalb ist es eine sehr, sehr wertvolle Erfahrung für mich gewesen, dass ich in der Zeit gelernt habe, mich zu organisieren. Davon profitiere ich auf jeden Fall jetzt noch.“
Wie lassen sich deine verschiedenen Arbeitsbereiche miteinander verbinden?
„Das geht bei mir alles oft Hand in Hand, denn zum Beispiel die Themen, über die ich doziere, schließen das Wissen, das ich als freie Redakteurin gesammelt habe, ein. Verbinden lässt sich das dadurch, dass ich versuche, gut strukturiert zu sein und meinen Tag gut plane. Das ist das A und O, das kann ich gar nicht oft genug sagen. Wenn man schon damit überfordert ist, dass man im Studium keinen konkreten Stundenplan vorgesetzt bekommt, würde ich von der Freiberuflichkeit abraten.“
Welche Aufgaben hast du als Multimedia- & Social-Media-Redakteurin bei SWR Heimat?
„Die Aufgaben haben sich im Laufe der Zeit ein bisschen geändert. Am Anfang war ich dafür zuständig, Beiträge zu produzieren, das heißt, Protagonisten zu recherchieren, auf Drehs zu gehen, Interviews zu führen oder sogenannte „Zufallsbegegnungen“ zu erstellen. Bei „Zufallsbegegnungen“ geht man mit der Kamera auf die Straße, trifft zufällig Leute, fragt ob man sie kurz interviewen darf und macht ein paar Fotos. Dann ist unsere Redaktionsstruktur verändert worden, sodass ich jetzt noch mehr als vorher im Social-Media-Bereich tätig bin. Das heißt, ich bin zuständig für das Community-Management, die Planung von Beiträgen, aber auch Umschnitte und Neukonfektionierungen von TV-Beiträgen für den Online-Auftritt. Denn die Landesschau produziert für das Fernsehen Beiträge, die so aber nicht auf YouTube und Facebook funktionieren, weil die Sehgewohnheiten im Internet andere sind. Dann bekomme ich so einen TV-Beitrag und schneide den dann um, mach eine neue Musik drunter, lege einen Text drüber, sodass das Ganze für das Internet optimiert ist.“
Was rätst du den heutigen Studierenden im Hinblick auf das Studium und die Berufswahl?
„Was ich mir immer gedacht habe und was für mich gut funktioniert hat, war mein Leitsatz: Go with the flow. Was ich damit meine, ist: Gib immer das Bestmögliche, was du geben kannst, da dir das alle Türen öffnet. Und wenn du immer dein Bestes gibst, dann kommen die Dinge auch auf dich zurück. Das ist zum Beispiel das, was meinen Alltag als Freelancerin ausmacht. Ich habe bei vielen Projekten mein Bestes gegeben und die Leute fragen mich deshalb wieder an. Dabei ist es wichtig, nicht alles kaputtzudenken, sondern das zu machen, was sich gut anfühlt und eben mit dem „Flow“ zu gehen.“
Fakten Berufsbild Freelancer*in
Freelancer*in, Freiberufler*in, „feste Freie“, es gibt viele Begriffe in diesem Berufsfeld, bei denen, zumindest bei mir, Erklärungsbedarf besteht. Im Arbeitsrecht wird jemand als Freelancer*in bezeichnet, der aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags Aufgaben in einem Unternehmen übernimmt, ohne dabei als Arbeitnehmer*in angestellt zu sein. Freiberufler*innen übernehmen ebenfalls Aufträge, haben keinen Arbeitsvertrag und müssen keine Gewerbesteuer zahlen, sie sind z.B. Wissenschaftler*innen, Künstler*innen oder Journalist*innen.
Bei „festen Freien“ ist das weniger genau geregelt. Sie sind in der Regel wie angestellte Mitarbeiter*innen tätig, obwohl sie eigentlich Freiberufler*innen sind. Sie bewegen sich häufig in einer Art rechtlichen Grauzone und es besteht die Gefahr, dass sie in eine Scheinselbstständigkeit geraten.
Sie arbeiten beispielsweise für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bei der ARD haben sie oftmals einen Rahmenvertrag mit dem Sender, somit können sie unbegrenzt für das Medienunternehmen arbeiten und Aufträge annehmen. Verliert jemand seine Stelle dort, besteht sogar die Möglichkeit auf eine Abfindung. Beim SWR können die „festen Freien“ nach zwei bis sechs Jahren unbefristet für den Sender arbeiten. Dieses Modell bietet mehr Sicherheit in einem sonst sehr unsicheren Berufsfeld.
Im Gegensatz zu fest angestellten Arbeitnehmer*innen kommt neben den Aufgaben im Rahmen der Tätigkeit die selbständige Verantwortung über die zu zahlenden Steuern, der Rente und die Kranken-, Pflege- und Sozialversicherung hinzu. Hilfe bietet dabei die Künstlersozialkasse (KSK), bei der laut einer DJV-Umfrage 70 Prozent der Freien versichert sind.
Wichtig, um beispielsweise die Krankenversicherung der KSK in Anspruch nehmen zu können, ist ein Mindesteinkommen von 3.900 Euro pro Jahr. Bei Berufseinsteiger*innen kann es Ausnahmen geben. Das ist für die meisten kein Problem, da sie laut einer DJV-Umfrage im Durschnitt 2.180 Euro pro Monat verdienen. Dennoch ist das im Vergleich zu festen Journalist*innen-Gehältern sehr gering, da diese oft mindestens doppelt so viel verdienen. Als Einsteiger in dieses Berufsfeld ist die Klärung dieser Rahmenbedingungen meiner Meinung nach ein „Muss“, bevor die jungen Journalist*innen mit ihren Recherchen und den spannenden Interviews loslegen können.
Für diejenigen, für die das „Abenteuer Freelancer*in“ gerade erst angefangen hat, habe ich diese fünf Lesetipps zusammengestellt:
- Webseite des Deutschen Journalisten-Verband
- Journalist: Magazin für Journalist*innen
- Hofer, Svenia. (2019). Praxisbuch für Freiberufler: Alles, was Sie wissen müssen, um erfolgreich zu sein. 8. Auflage. Offenbach: Gabal Verlag
- Massow, Martin. (2015). Freiberufler-Atlas: Schnell und erfolgreich selbstständig werden. (2. Auflage). Berlin: Ullstein Buchverlage GmbH
- Elter, Constanze. (2015). Freiberufler: Fit fürs Finanzamt: Buchführung, Rechnungen, Steuern und Co. (2. Auflage). Weinheim: Wiley-VCH Verlag und KGaA