Bild: BTC Photography.

Kai erzählt Geschichte

Alumni-Portrait über den ZDF-Redakteur Kai Jostmeier

Von Jannis Fahrenkamp

Im Gespräch mit Kommiliton*innen über sein berufliches Ziel, sagte er bereits zu Beginn seines Studiums, dass er gerne an Geschichtsdokumentationen arbeiten würde. Idealerweise bei ZDF History oder Terra X. Dass solch konkrete Berufswünsche nicht zwingend Träume bleiben müssen, zeigt uns Journalist Kai Jostmeier.

Bild: BTC Photography.

Kai Jostmeier, Jahrgang 1992, zog nach dem Abitur in Dülmen im Münsterland nach Bonn und leistete dort einen Bundesfreiwilligendienst beim Basketball-Bundesliga-Verein Telekom Baskets Bonn. Anschließend blieb er in der ehemaligen Bundeshauptstadt und begann ein Bachelorstudium der Geschichtswissenschaft und Germanistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität. Als Werkstudent in der Online-Redaktion des Fernsehsenders phoenix sammelte er erste Erfahrungen im Medienbereich und verfestigte damit seine Tendenz, eine journalistische Laufbahn einzuschlagen. Mit diesem Hintergedanken studierte er im Master Medienwissenschaft in Tübingen an der Eberhard-Karls-Universität. Nun arbeitet er in Vollzeit als Redakteur in der Redaktion Zeitgeschichte des ZDF in Mainz – für die Formate ZDF History und Terra X

Machst du deinen Traumjob, Kai?

“Das kann man schon so sagen. Wenn ich an meine Berufswünsche zu Beginn des Studiums zurückdenke, wirkt der Weg zu meinem aktuellen Job auch sehr geradlinig. Das war er natürlich nicht. Während des Studiums hatte ich zwischenzeitlich auch andere Ideen und beispielsweise mit der Museumsarbeit kokettiert. Und als ich im vierten Bachelorsemester ein heiß ersehntes Praktikum nicht bekommen hatte, wollte ich alles hinschmeißen, nach dem Motto: „Geschichte ist brotlose Kunst, ich studiere jetzt Jura.“ Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich diesen Plan ganz schnell wieder aufgegeben habe.”

Warum Geschichte? Woher kommt deine Begeisterung für dieses Fach?

“Geschichte finde ich spannend, seit ich das erste Mal Asterix gesehen habe. Dazu ist in Haltern, ganz in der Nähe meiner Heimatstadt, ein Römermuseum, in dem ich als Kind wahnsinnig oft mit meinen Eltern war. Das hat mich geprägt. Vor allem Römer hatten es mir angetan. Beim Computerspiel Die Siedler 4 konnte man als Römer gegen Wikinger und Mayas spielen und ich habe meine Mutter darauf hingewiesen, dass das historisch nicht korrekt sei. Schon im Jugendalter habe ich mich dann auch viel mit der jüngeren deutschen Geschichte beschäftigt, insbesondere der des 20. Jahrhunderts. Ich habe aber generell ein sehr breit gefächertes Interesse an Geschichte, deswegen gefällt mir auch mein Job so sehr. In der Wissenschaft muss man sich irgendwann spezialisieren. Im Medienbereich kann man eine große Varianz an Themen und Epochen bearbeiten.“

Im Medienbereich, speziell im Journalismus, ist das sogenannte Fuß-in-die-Tür-kriegen fast immer an Vorerfahrungen gekoppelt, wodurch es schwer wird, den Anfang zu machen. Du hast als Studienanfänger ohne Vorerfahrung direkt eine Stelle bei phoenix bekommen. Wie hast du das gemacht?

“Das hat tatsächlich etwas von einer Penrose-Treppe. Überall – selbst beim popeligsten Praktikum – scheinen praktische Erfahrungen erforderlich zu sein. Die du aber nicht sammeln kannst, wenn du nicht einmal das popeligste Praktikum bekommst. Dementsprechend war das durchaus eine glückliche Fügung mit phoenix. Ich habe – glaube ich – nichts Besonderes gemacht, sondern muss meinem damaligen Chef einfach zugutehalten, dass er Bachelorstudenten vom ersten Semester an eine Chance gibt.“

Damit warst du dann schon beim Öffentlich-Rechtlichen angestellt. Der Weg zum ZDF war nicht mehr allzu weit, oder?

“Oh doch, das war er. Zwischen der Stelle bei phoenix und der Redaktion Zeitgeschichte beim ZDF, wo ich jetzt bin, gibt es tatsächlich keine direkte Kausalkette. Nach zwei Jahren laufen Werkstudentenverträge bei phoenix aus, das fiel bei mir mit dem Beginn meines letzten Bachelorsemesters zusammen. Ich habe dann noch ein halbes Jahr im alten Wohnhaus von Konrad Adenauer in Rhöndorf als Besucherführer gearbeitet. Und langsam stand ich vor der Frage, wie es nach dem Bachelor weitergehen soll. Mache ich mit dem Geschichtsmaster in Bonn weiter oder orientiere ich mich doch in Richtung Medien? Das ist ja der große Vorteil des Bachelor/Master-Systems: Du kannst dich nach dem ersten Abschluss umorientieren oder auch spezialisieren. Zu dem Zeitpunkt habe ich viel gehadert und recherchiert, wo es denn hingehen soll. Von Kiel bis Wien war alles im Gespräch. Am Ende fiel die Wahl auf Tübingen. Rückblickend eine absolut richtige Entscheidung, sowohl in Bezug auf die Stadt und all die Leute, die ich kennenlernen durfte, als auch auf das Studium.”

Gab es in deinem Studium in Bonn und Tübingen Personen oder Projekte, die dich entscheidend geprägt haben?

“Da fällt mir direkt eine Übung zu audiovisueller Geschichtsvermittlung aus meinem Bachelorstudium ein, in der wir viel über Spielfilme wie Gladiator oder Der Untergang, aber auch über Geschichtsdokus á la ZDF History gesprochen haben. Da ging es ganz konkret um das, was ich machen wollte – und heute mache. Es war einerseits interessant zu sehen, wie unterhaltsam man Geschichte erzählen kann, und andererseits auch spannend, welche Schwierigkeiten diese Formen der Geschichtsdarstellung mit sich bringen. Wie die Tatsache, dass wir zugunsten der Dramaturgie häufig etwas zuspitzen und vereinfachen müssen. Dazu hat mir mein erstes größeres Praxisprojekt noch einmal vor Augen geführt, wie gerne ich Geschichtsvermittlung betreibe, auch wenn das Thema ein sehr ernstes war: Es ging um Zwangssterilisationen an den Tübinger Unikliniken zur Zeit des Nationalsozialismus. Dazu habe ich mit meinem damaligen Kommilitonen Alexander Moskovic eine Webdoku gemacht. Und meine Masterarbeit war mir sehr wichtig, ebenfalls eine Webdoku. Darin habe ich das Leben einer heute 94-Jährigen Schlesierin (Jahrgang 1927) porträtiert. Sie musste im Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat fliehen, hatte dann ein ganz verrücktes Leben in Frankreich, Portugal und sehr lange in Angola. Dort hat sie in den 60er- und 70er-Jahren den Bürgerkrieg miterlebt. Nach dem Mauerfall und der Wende ist sie zurück in ihr altes Dorf im heutigen Polen gezogen und hat dort eine Begegnungsstätte aufgebaut. Da war ich dann auch vor Ort, habe sie interviewt und viele Familienfotos digitalisiert. Mein Job beim ZDF kam mir dabei auch zugute, denn ich durfte Material aus dem ZDF-Archiv verwenden. Die Webdoku heißt Melitta Sallai – Ein Weltenleben und ist auch in der Mediathek vom ZDF verfügbar. Melitta lebt immer noch und ich hoffe, dass sie Corona gut übersteht.”

Apropos ZDF, wie bist du dort reingekommen?

“Durch eine Hospitanz in der Redaktion Zeitgeschichte. Um die habe ich mich während des Masters beworben, mit Erfolg. Ein bisschen Namedropping hat da wohl auch geholfen: Im zweiten Semester hatten wir ein Seminar bei Claus Kleber, der Honorarprofessor am Tübinger Medieninstitut ist. Im Anschluss an diese Veranstaltung habe ich ihn gefragt, ob ich ihn als Referenz für eine Praktikumsbewerbung beim ZDF angeben dürfte. Ich durfte. Während der Hospitanz habe ich mich dann wohl nicht ganz dumm angestellt, denn mir wurde angeboten, für drei weitere Monate als Rechercheur zu bleiben. So ging es dann sukzessive weiter bis zu meiner jetzigen Vollzeitstelle als Redakteur. Aber da hatte ich auch Glück. Zunächst war ich in meiner Zeit der einzige Hospitant, wodurch man natürlich besser auffällt. Dann wollte die Redaktion gerne eine Nachwuchskraft aufbauen. Und dazu ist eine Redaktionskollegin auch noch zu ZDFinfo gewechselt, wodurch personell ein bisschen Spielraum entstand.”

Als du anschließend länger beim ZDF bleiben konntest, hattest du dein Masterstudium aber noch nicht abgeschlossen, oder?

“Richtig. Ich habe die Masterarbeit in die Länge gezogen, um schon in den Beruf einsteigen zu können, und sie dann parallel zu meinem Berufseinstieg fertiggestellt. Ich wollte den Master nicht in vier Regelsemestern durchziehen, ohne zu wissen, wie es weiter geht. Das hat allerdings auch Nachteile: Die freie Zeit zwischen Studium und Berufseinstieg, die ich für eine längere Reise hätte nutzen können, fiel weg. Dazu macht es keinen Spaß, Vollzeit zu arbeiten und sich abends an die Masterarbeit setzen zu müssen.”

Dein Beruf ist es nun, in Form von Dokumentationen Geschichte zu erzählen. Wie werden in deiner Redaktion die Themen festgelegt und wie viel Zeit steht für deren Umsetzung zur Verfügung?

“Ich würde mein Aufgabenfeld grundsätzlich zweiteilen, in TV und Online. Auch wenn es da natürlich Überschneidungen gibt. Ich beziehe mich jetzt erstmal konkret auf den TV-Bereich: Es gibt eine Jahresplanung für die Sendungen, die wir im Jahr spielen wollen. Die wird in der Regel von dem Formatleiter von History in Zusammenarbeit mit dem Redaktionsleiter und der stellvertretenden Formatleiterin zusammengestellt. Wir Redakteur*innen sind aber auch dazu angehalten, eigene Vorschläge einzubringen. Weil wir die Dokumentationen nicht alle selbst produzieren – viele sind Auftragsproduktionen – und man immer mehrere Produktionen gleichzeitig betreut, braucht man natürlich einen gewissen Vorlauf. Wir haben aber auch immer wieder – in der letzten Zeit verstärkt – kurzfristigere Sachen. 2020, als es mit Corona gerade richtig losging, haben wir zum Beispiel innerhalb von drei Wochen eine dreißigminütige Doku zu den großen Seuchen der Geschichte gemacht. Für unsere Verhältnisse ist das ein sehr enger Zeitraum.”

Kannst du kurz den Weg einer Produktion von der ersten Idee bis zur Ausstrahlung umreißen?

“Dazu sollte ich zunächst den Unterschied zwischen Eigen- und Auftragsproduktion erklären. Bei einer Auftragsproduktion beauftragt das ZDF eine Filmproduktionsfirma, die Doku zu produzieren. Wir klären das Finanzielle und tauschen uns mit den Autor*innen über Stil und Inhalt aus. Von unserer Seite wird das Projekt von einer Redakteurin oder einem Redakteur betreut. Bei den Dreharbeiten und im Schnitt sind wir nicht direkt involviert. Nachdem die Dreharbeiten stattgefunden haben und die Firma einen Rohschnitt angefertigt hat, wird dieser von uns abgenommen. Darauf äußern wir mögliche Änderungswünsche, die in den folgenden Feinschnitt einfließen. Diesen Feinschnitt nehmen wir ebenfalls ab und dann schickt uns die Produktionsfirma das Sendefile. Mit diesem Sendefile und dem Sprechertext gehen wir in die Sprachaufnahme. Wir haben einen Standardsprecher, Isaak Dentler, je nach Projekt hat man noch zwei oder drei Nebensprecher*innen. Dann wird der Ton gemischt, darauf folgt die technische Endabnahme und anschließend kann die Dokumentation ausgestrahlt werden. 

Bei Eigenproduktionen läuft das ein bisschen anders ab. Auch hier gibt es Autor*innen und betreuende Redakteur*innen. Aber alles innerhalb der Redaktion. Zu Beginn steht als Autor*in natürlich eine hohe Recherchearbeit, dann schreibt man ein Treatment. Das schaut sich die betreuende Redaktion an und man diskutiert darüber. Man überlegt sich passende Erzähl- und Darstellungsformen, sucht geeignete Interviewpartner*innen, macht Drehtermine aus, etc. Produziert man beispielsweise eine Doku über Konrad Adenauer, könnte man zusätzlich zur Verwendung von Archivmaterial in dessen Wohnhaus in Rhöndorf gehen und dort sogenannte Neudrehs machen, also den historischen Ort so abfilmen, wie er heute ist. Hat man weder Archivbilder noch geeignete Drehorte, kann man noch mit Reenactments oder assoziativen Montagen arbeiten. Oder man erzählt gewisse Passagen über Animationen und Graphic Novels. Da sind die Meinungen sehr geteilt, ich bin ein großer Fan von Grafiken, vor allem als Alternative zu Reenactments. Besonders bei persönlichen Geschichten ist das eine spannende Möglichkeit. Bei der Doku Frauen im Zweiten Weltkrieg, die ich mit meiner Kollegin Anja Greulich gemacht habe,  konzentrieren wir uns auf Einzelschicksale und erzählen die Geschichten von fünf Frauen und deren Erlebnissen im Krieg. Mit einer Animationsfirma in Wiesbaden haben wir dafür eine Bildsprache erarbeitet, die historisches Archivmaterial, Animationen und vor Greenscreen gedrehten Szenen verknüpft. Das ist eine sehr schöne Form, mit der wir Tagebuchzitate zum Leben erwecken können, ohne auf immer wiederkehrende Motive und Symbolbilder zurückgreifen zu müssen. Nach den Dreharbeiten, eventuellen Animationsaufträgen und dem Heraussuchen von Archivmaterial bespricht man das Ganze noch einmal mit der betreuenden Redaktion und geht dann in den Schnitt. Wir schneiden auch im ZDF, haben da mehrere Cutterinnen und Cutter. Der Rest läuft dann ähnlich ab wie bei einer Auftragsproduktion.”

Wie unterscheiden sich die Produktionsabläufe für Online von denen der TV-Produktionen?

“Die Herangehensweise bei Onlineformaten ist etwas anders, wobei man da auch zwischen den verschiedenen Plattformen unterscheiden muss. Wir liefern regelmäßig Beiträge für den YouTube-Kanal von Terra X. Dort peilen wir eine Länge zwischen zehn und zwanzig Minuten an, das eignet sich gut für eine Schüssel Müsli. Vielleicht noch einen Keks hinterher. Der Sprung von TV zu YouTube – zumindest beim Terra X-Kanal – ist noch überschaubar, auch wenn es natürlich gewisse Stilunterschiede gibt, vor allem beim Einstieg. Online wollen wir zügig ins Thema hineinführen und geben zu Beginn des Videos ein klares Zuschauer-Versprechen: ‚Das bekommt ihr jetzt in den nächsten Minuten.‘ Und während wir im TV auch häufig persönliche Geschichten erzählen, konzentrieren wir uns online eher auf die historischen Abläufe. Das ist aber kanalabhängig, ich spreche jetzt nur von Terra X. Dazu kann man bei YouTube auch auf andere Produktionen verlinken, das geht bei linearem Fernsehen natürlich nicht. Und am Ende setzen wir einen sogenannten ‚Call to Action‘, wie den Klassiker: ‚Wenn euch dieses Video gefallen hat, abonniert unseren Kanal.‘ Oder man stellt eine Frage an die Community, die zu Diskussionen im Kommentarbereich anregen soll. Bei Facebook-Videos arbeiten wir mit eingeblendetem Text. Viele konsumieren die Beiträge unterwegs auf dem Smartphone und haben nicht immer Kopfhörer auf. Die Videos müssen also auch ohne Ton funktionieren. Sie beginnen immer mit einem kernigen Satz oder einer kernigen Frage und haben eine Länge von zwei bis drei Minuten. Instagram ist noch einmal anders, da steht vor allem das Bild im Mittelpunkt. Dort betreuen wir den Kanal MrWissen2Go Geschichte.”

Den Onlinecontent produziert ihr mit einem recht jungen Zielpublikum im Kopf, oder?

“Dieser Grundgedanke ist schon da. Die unter 20-Jährigen konsumieren vor allem über YouTube, Instagram und Co. Der Versuch, diese Zielgruppen noch über das Fernsehen zu erreichen, ist, fürchte ich, ein Stück weit zum Scheitern verurteilt. Die Öffentlich-Rechtlichen haben daher das Content-Netzwerk funk gestartet, das mit Formaten wie Strg F, Y-Kollektiv und Tru Doku und Köpfen wie Mirko Drotschmann – alias MrWissen2Go – relevanten Inhalt für junge Zielgruppen liefert.”

Es gibt ja immer mal wieder eine Debatte um die Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen.„Zwangsfinanzierung“ ist so ein Begriff, den man häufiger liest und hört. Wie beurteilst du das als Redakteur des ZDF?

“Dass das Finanzierungsmodell der Öffentlich-Rechtlichen immer wieder Anlass für Diskussionen ist, ist nachvollziehbar, denn niemand zahlt gerne ungefragt 17,50 Euro im Monat. Eine gesunde Debatte darüber ist wichtig, insbesondere mit Blick auf den Unterhaltungsbereich, also Sport, Shows, Serien und Filme. Diese Produktionen machen nun einmal den größeren Teil des Rundfunkbeitrages aus. Wenn ich mich nicht für Fußball interessiere, warum muss ich für die Fußballrechte so viel berappen? Und ist es noch zeitgemäß, dass Sendungen wie Tatort zur Grundversorgung gehören, wenn es mittlerweile viele Alternativangebote von Netflix, Amazon Prime und Disney+ gibt? Ich würde insofern gegenargumentieren, dass finanziell unabhängige Unterhaltung den Vorteil mitbringt, auch regionale Themen aus Deutschland zur Sprache kommen lassen zu können, die auf dem freien Markt völlig untergehen würden. Produktionen auf Netflix zum Beispiel haben einen großen USA-Schwerpunkt. Bei den Unterhaltungsproduktionen der Öffentlich-Rechtlichen sollte es dazu meiner Ansicht nach nicht nur um die reine Erheiterung gehen, sondern auch darum, aktuell gesellschaftlich relevante Themen anzusprechen und ihnen abseits von Talkshows und Reportagen Platz einzuräumen. Wie gut das umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Beim Bereich Bildung und Information sehe ich das ein bisschen anders. Für unsere demokratische Gesellschaft ist es sehr wichtig, kommerziell unabhängigen Journalismus – auch im audiovisuellen Bereich – zu haben. Die Gefahr ist sonst zu groß, dass der eigentlich unabhängige Journalismus durch Abhängigkeiten von Geldgebern und Quoten in Schieflage gerät. Ein Sender wie phoenix, der donnerstags immer den kompletten Bundestag live überträgt, Abgeordnete interviewt und Redebeiträge einordnet, würde auf dem freien Markt nie überleben. Ich finde es aber trotzdem sehr wichtig, dass es ein solches Angebot gibt. Natürlich ist es auch wichtig, dass die Öffentlich-Rechtlichen immer wieder hinterfragt werden. Sollte es vielleicht mehr Formate aus dem Bereich Bildung und Information geben und der Unterhaltungsblock kleiner werden? Sollten hintergründige Reportagen bessere Sendeplätze erhalten? Das sind legitime Diskussionsthemen. Wir können und sollten über die richtige Umsetzung streiten. Aber den Grundsatz, dass es einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, würde ich jederzeit verteidigen.”