Bild: Robert Nieto/George Margelis

Vom Kindergarten in die Morningshow

Ein Portrait über Isabelle Ihden

Von Carla Kienzle

Für ihr Praktikum reiste sie nach Berlin, heute lebt und arbeitet sie dort. Isabelle ist Volontärin bei Radio Teddy. Wie sie ihr Medienwissenschaftsstudium in Tübingen und ihr Faible fürs Radio und Theater dorthin brachten und warum es nie einen Plan B gab, erzählt sie im Gespräch.

Eine warme und helle Stimme, der schwäbische Dialekt beinahe nicht mehr hörbar – so klingt Isabelle. Ihr Lachen überträgt sich beim Reden auf ihre Stimme und lässt sie sympathisch wirken. Während sie mir über Zoom von ihrem Traumarbeitgeber Radio erzählt, kann ich mir leicht vorstellen, wie Familien im Auto sitzen, gespannt Isabelles Sendungen lauschen und gemeinsam mit ihr lachen. Isabelle gelingt es, ihre positive und fröhliche Art allein mit ihrer Stimme zu transportieren. In ihrem Beruf ist genau das eine wichtige Eigenschaft: Als Volontärin beim Radio und angehende Moderatorin begleitet Isabelle mit ihrer Stimme Menschen durch den Tag.

Ein besonderes Publikum 

Die Leidenschaft für das Sprechen und das Radio hat Isabelle seit ihrer Kindheit. Sie wächst in einer Kleinstadt im Schwabenländle auf und spielt als Kind und Jugendliche begeistert im Stadttheater Aalen mit. „Ich war schon immer so, hab viel zu viel geredet, war gerne ganz vorne mit dabei und hab alle Leute um mich herum unterhalten“, beschreibt sich Isabelle selbst. Genauso gerne lässt sie sich unterhalten. Schon im Kindergartenalter ist sie ein „riesiger Radiofan“. Bis heute „ist immer Radio an, das hat sich auch nicht geändert, seitdem ich da arbeite“, sagt Isabelle lachend.

„Da“ ist der Radiosender Teddy. Der ungewöhnliche Name hat eine ungewöhnliche Zielgruppe zum Grund. Denn Radio Teddy ist ein Kinder- und Familienradiosender. „Der Unterschied zum normalen Radio liegt bei den Hörern“, erklärt Isabelle. Kinder hören aufmerksamer zu als Erwachsene und die Eltern der Kinder achten mehr auf die Inhalte. Isabelle gefällt diese besondere Zielgruppe: „Dadurch, dass du viel aufmerksamere Zuhörer hast, hast du auch viel größere Verantwortung ihnen gegenüber, aber auch total die Chance, den Kindern von Anfang an was Gutes mitzugeben“. So sind in den Sendungen zum Beispiel die Umwelt, das Klima, der Artenschutz oder die Politik Themen, die Isabelle und ihre Kolleg*innen kindgerecht erklären. Daneben ist Radio Teddy ein „normaler Radiosender“. Musik, Nachrichten und Wetter sind genauso Teile des Programms wie bei anderen Sendern auch.

Von Regionalnachrichten bis Morningshow 

Die Nachrichten sind auch Teil von Isabelles erster Station im Volontariat. Dort spricht sie hauptsächlich die Regionalnachrichten. Von „hier bei uns in Bayern“ bis „hier bei uns in NRW“ informiert Isabelle Hörer*innen aus acht Regionen. Denn Radio Teddy sendet aus Berlin deutschlandweit. An einem normalen Arbeitstag recherchiert Isabelle für jede Region die aktuellen Nachrichten. Achtmal nimmt sie die Nachrichten auf, achtmal spricht sie den Verkehr und achtmal das Wetter ein. Isabelle informiert und unterhält so Kinder und Eltern in ganz Deutschland zeitgleich darüber, was es in ihren Regionen Neues gibt.

Inzwischen ist Isabelle in der Redaktion. Dort betreut sie unter der Woche die Nachmittagssendungen und am Wochenende die Sendungen zum Familienwochenende. Ab und an, wenn eine Sendung frei ist, darf Isabelle selbst moderieren. Die Sendungen sind Gegensatz zu den Regionalnachrichten live auf Sendung. „So live zu moderieren ist nochmal was anderes als Nachrichtensprechen“, sagt Isabelle. Zu Beginn hat sie noch jedes Wort aufgeschrieben. „Ich hatte so große Angst, dass ich irgendwie ein Blackout bekomme“. Die Aufregung ist heute noch da, aber Isabelle ist sicherer geworden: „Ich mach das Mikro an und fühl mich dann ganz doll wohl, ich fühl mich, als würde ich in meinem Wohnzimmer sitzen und alle Leute einladen und als würde ich bei den Familien hinten mit im Auto sitzen. Also es fühlt sich gut an“, beschreibt sie das Gefühl, direkt zu ihren Hörer*innen zu sprechen. Eine typische Ansprache oder Floskel hat Isabelle nicht. Wichtig ist nur eines: Sie möchte ihre Zuhörer*innen mitnehmen. „Das ist glaube ich so mein Ding, also das Persönliche, dass ich die Leute mitnehme und sage ‚schön, dass ihr mit mir euren Tag verbringt‘“.

Mails, Recherchen und Telefonate: Neben Nachrichten und Redaktion übernimmt Isabelle unterschiedliche Aufgaben, die im Redaktionsalltag anfallen. Sie führt Interviews wie mit Musikern oder Zoodirektoren, schneidet O-Töne von bezahlten Beiträgen und nimmt in Sendungen Anrufe von Hörer*innen entgegen. Auch das Morningshow-Meeting gehört zu Isabelles Arbeitsalltag. Jeden Tag um 10 Uhr kommen alle Team-Mitglieder in der Redaktion zusammen und besprechen die Sendung für den nächsten Tag. Die Morningshow ist die bekannteste Sendung eines Radiosenders. Sie ist die Sendung, die am meisten Hörer*innen einschalten. „Alles richtet sich nach dieser Sendung, der ganze restliche Tag geht darum, was in der Morningshow passiert ist und wie wir das wieder aufgreifen können“, erklärt Isabelle, was diese Sendung so wichtig macht – für Hörer*innen wie Moderator*innen. „Morningshow-Moderatoren sind meistens das Gesicht eines Senders. Die Morningshow ist das End-Level. Sie ist das, wo jeder hinwill. Auch ich“, verrät Isabelle.

In ihrem Volontariat kommt Isabelle ihrem beruflichen Ziel schon nahe. Am Wochenende, wenn die Moderator*innen nicht können, darf Isabelle am Mikrofon übernehmen, morgens und nachmittags. Für sie als Volontärin ist das eine Ausnahme und eine große Chance: „Dass ich jetzt nach so kurzer Zeit moderieren darf, das hätte ich mir auch niemals so erträumen lassen. Ich hoffe schon, dass das irgendwann mal passiert und ich da irgendwann hinkomme“. Dafür steht Isabelle gerne früh auf. Teilweise ist sie ab 3 Uhr im Sender und bereitet ihre Beiträge vor. Wie das mit Privatleben und genügend Schlaf vereinbar ist? „Man gewöhnt sich da dran“, sagt Isabelle. „Und die Dinge, für die ich so früh aufstehen muss, sind dann meistens mit Sendungen oder Live-News verbunden und da ist mein Adrenalinspiegel so unfassbar hoch, dass ich gar nicht darüber nachdenke, wie früh es ist.“

Keinen Plan B

Moderatorin will Isabelle „schon immer unbedingt werden“. Sie macht ihren Bachelor in Tübingen mit Medienwissenschaften im Hauptfach und Germanistik im Nebenfach. In den Seminaren probiert sie sich aus und merkt, dass der Weg zum Radio nicht abwegig ist. Für ihr Praktikum bewirbt sie sich bei vielen Sendern und nimmt die ersten zwei, die sie wollen. Am Ende geht sie nach Berlin zu KissFM. „Da hab ich gemerkt, das ist wirklich das, was du machen willst und kannst und die Welt, in die du reinwillst und dann war ich richtig on fire“, beschreibt Isabelle ihre Zeit bei dem Sender. „Ab dem Zeitpunkt war ich mit zu hunderttausend Prozent sicher und ich habe nichts anderes mehr gemacht, als mich darauf zu konzentrieren, dass ich zum Radio will“.

In Deutschland gibt es rund 460 Radiosender und ein Volontariat dauert meist zwei Jahre. „Die Möglichkeiten waren sehr begrenzt, sehr sehr begrenzt“, sagt Isabelle. Sie bewirbt sich deutschlandweit, auch bei Sendern, von denen sie noch nie gehört hat. Ein Vorstellungsgespräch folgt dem anderen, eine Runde der anderen. Bei manchen Sender arbeitet Isabelle Probe und macht auch schlechte Erfahrungen. Über einen anderen Sender, der sie weiterempfiehlt, kommt Isabelle schließlich zum Radio Teddy – ein Sender, den Isabelle schon kennt und bei dem sie sich gerne bewirbt. Was folgt, könnte nicht besser laufen: Vorstellungsgespräch, Probearbeiten, Zusage. Zwei Monate später beginnt Isabelle ihr Volontariat. „Ich wollte immer gerne nach Berlin ziehen, aber es war jetzt am Schluss eine gute Fügung“, sagt Isabelle freudig. Eine andere Option als das Radio gab es für sie nicht. Das Radio war und ist ihr „Plan A und ich habe keinen Plan B, es gibt nichts anderes, das ich machen will“.

Aus der Lehrredaktion ins Studio

Was hat Isabelle ihr Medienwissenschaftsstudium in Tübingen gebracht? Über diese Frage denkt Isabelle etwas länger nach. „Alles, was man so praktisch machen konnte war bei mir auch ein Stück weit ausschlaggebend, dass ich gesagt habe, ich mach beim Radio ein Praktikum und ich werde das schon irgendwie hinbekommen, was die da so von mir wollen“, sagt sie zum Schluss. Von Lehrredaktionen über ein Projektstudium beim Uniradio bis hin zu einer Radiowerkstatt: Die Praxis im Studium hat Isabelle überzeugt.

In ihrer ersten Lehrredaktion – einer „Reportage für die Ohren“ – kommt Isabelle das erste Mal ins Studio, zieht das erste Mal die Kopfhörer auf und spricht ins Mikrofon. „Das war für mich so unfassbar cool, das werde ich niemals vergessen. Das war wirklich einer der allerbesten Tage in diesem Studium“, sagt Isabelle begeistert. Auch das Lernen über die Technik im Studio und das journalistische Schreiben haben sie weitergebracht. Genauso eine Radiowerkstatt in einem Kindergarten: „Das fand ich unfassbar cool, das hat mir so viel Spaß gemacht mit diesen Kindern zu arbeiten und Radio zu machen und trotzdem mit Tönen zu arbeiten, mit diesem ganzen Kontext“, beschreibt Isabelle ihre erste Erfahrung mit Kinderradio. „Das hätte ich damals gar nicht gedacht, dass mir das so was bringt, aber jetzt bin ich genau da gelandet. Das ist schon cool“. Isabelle lacht glücklich in die Kamera. Mit „genau da“ meint sie das Radio Teddy. Mit Kenntnissen aus dem Studium und Volontariat und mit Begeisterung spricht und moderiert sie für den Sender ihre Beiträge und kommt ihrem Ziel, der Morningshow, stückweise näher. Aber ob Morningshow oder nicht, für ihre Hörer*innen ist Isabelle jetzt schon eine Stimme, die sie durch den Tag begleitet.