Hundeliebe über den Tod hinaus: Tim Burtons „Frankenweenie“

von Jacqueline Göron

„Schlafende Hunde weckt man nicht“. Dass diese Redewendung nicht für tote Hunde gilt, beweist Tim Burton in seiner Neuauflage von Frankenweenie.

Bereits 1984 war Burtons Original als Kurzfilm erschienen. 2012 wagte sich der bekannte Produzent und Filmregisseur an ein Remake in Spielfilmlänge – mit altbewährter Stop-motion-Technik und liebevoller Gestaltung erfährt sein Werk einen Neuanstrich in Schwarz-Weiß und 3D.

Handlung

Der zehnjährige Victor Frankenstein lebt mit seinen Eltern und seinem Hund Sparky in einer kleinen Stadt mit dem Namen New Holland. Als eines Tages sein Hund Sparky stirbt, weil er einem Ball nachläuft und daraufhin von einem Auto angefahren wird, ist Victor untröstlich, denn mit dem geliebten Hund stirbt auch Victors einziger Freund. Als tags darauf der neue Naturkundelehrer, Mr. Ryzkrusky, erklärt, wie die Muskeln eines toten Frosches durch Elektrizität zum Zucken gebracht werden können, wird Victor aufmerksam und eine kuriose Idee entsteht. Warum nicht den eigenen Hund mittels Elektrizität wieder zum Leben erwecken? Victors Affinität zur Wissenschaft und sein inniger Wunsch, seinen besten Freund wieder zu bekommen, lassen das Experiment gelingen. Jedoch nicht ohne Konsequenzen: als sich Sparkys Auferstehung von den Toten herumgesprochen hat, überschlagen sich die Ereignisse und wenig später verwüsten Monster die Stadt. Mit viel Mut und Hund Sparky an seiner Seite, zieht Victor in den Kampf, den Monstern den Garaus zu machen.

Victor als Held im Kampf gegen unbändige Monster? Nach dieser Szene würde man im Kurzfilm von 1984 vergeblich suchen, handelt es sich hierbei doch lediglich um eine von vielen Ausschmückungen, die Tim Burton inszeniert hat, um die Länge eines Spielfilms zu erreichen. Was sich in erster Linie problematisch anhört, erweist sich schließlich jedoch als durchaus gelungen, denn Burton fügt nicht einfach bedeutungslos Handlungsstränge aneinander. Die knapp sechzig zusätzlichen Minuten die zu ergänzen sind, füllt der Kultregisseur mit witzigen Anekdoten, Filmzitaten und logischen Handlungsergänzungen. Der Angriff der Monster auf die Stadt vereint so gleich zwei selbstreferenzielle Elemente, wie sie auch in anderen Burton-Filmen immer wieder auftauchen. Zum einen schlägt er eine Brücke zur Eröffnungsszene, in welcher Victor seinen Eltern einen selbstgedrehten Horrorfilm mit verblüffend ähnlicher Thematik zeigt.

Godzilla trifft auf American Werewolf

Zum anderen verwendet Burton keine 08/15 Monster, sondern Monster aus bekannten Horrorklassikern. Die Tiere der Klassenkameraden verwandeln sich dementsprechend in eine „Godzilla-Schildkröte“, in Urzeitkrebs- Gremlins und in eine fliegende Ausgabe einer American-Werewolf-Katze. Burton der selbst ein großer Fan von Horrorklassikern wie Frankenstein ist, inszeniert viele der Charaktere als Hommage an eben diese Meilensteine des Genres. Beginnend mit Sparky, der genau wie Frankensteins Monster aus Einzelteilen zusammen geflickt ist, bis hin zu Victors Klassenkameraden die verblüffende Ähnlichkeit mit Figuren aus Mad Scientist Movies, wie Frankensteins Monster und Frankensteins buckligem Assistenten Igor, aufweisen. Und dann wäre da noch Mr. Ryzkrusky der Burtons großem Idol Vincent Price (bekannt aus etlichen Edgar-Allen-Poe- Verfilmungen) ähnelt.

Tim Burton als verrückter Wissenschaftler?

Kein Projekt lag Burton je mehr am Herzen als die Neuauflage von Frankenweenie. Laut eigener Aussage spiegele keiner seiner Filme so viel seiner eigenen Vergangenheit wieder. Die Parallelen zu Burtons Leben sind offensichtlich, so sah er sich früher ebenfalls als Außenseiter, der ein starkes Interesse für die Produktion von Filmen entwickelte. Schon früh begann er mit dem Zeichnen und Produzieren eigener Werke. Außerdem war Burtons Traumberuf früher der eines verrückten Wissenschaftlers, was sicher auch seine Liebe für den Horrorklassiker Frankenstein prägte (Vorlage für Frankenweenie). Wie Victor hatte auch Burton einen Hund als treuen Weggefährten, der früh starb. Burtons eigene Betroffenheit lässt den Film Frankenweenie ehrlich wirken und hebt die wahre Bedeutung der Freundschaft hervor. Wer verliert schon gerne einen Freund?

Burton bleibt seinem Stil treu

Natürlich bietet das Remake in Stop-Motion-Form auch die, für Burton-Produktionen, typischen Elemente wie: die musikalische Untermalung von Danny Elfman, die düstere Atmosphäre und natürlich die skurrilen Charaktere. Doch die wahre Bedeutung und Relevanz des Films Frankenweenie ist auf die persönliche Betroffenheit des Regisseurs zurückzuführen, welche den Film authentisch wirken lässt – und das, obwohl wir wissen, dass es Frankensteins Monster nicht gibt… Das einzige Manko der Neuverfilmung dürfte eine gewisse Langatmigkeit sein, die einem vor allem dann auffällt, wenn man den Kurzfilm aus dem Jahre 1984 kennt. Dies ist jedoch zu verzeihen, bedenkt man, dass der Film nun die dreifache Länge des „Originals“ besitzt.

Alles in allem ist Tim Burton mit Frankenweenie mal wieder ein toll inszeniertes Gruselmärchen mit wichtiger Botschaft gelungen: Das Wecken toter Hunde scheint weit weniger gefährlich, als es das Wecken schlafender Hunde sein kann…

FRANKENWEENIE, USA 2012 – Regie: Tim Burton Buch: John August. Kamera: Peter Sorg. Schnitt: Chris Lebenzon, Mark Solomon Musik: Danny Elfman. Mit: Charlie Tahan, Catherine O’Hara, Martin Shaw. FSK 12. 87 Minuten.

 

Fotos: flickr/insidethemagic; flickr/mooshuu

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert