#Fashionhaul
Wie exzessiver Kleiderkonsum auf Social Media unsere Umwelt zerstört
Von Amelie Schäfer
Über die Probleme von Fast Fashion weiß mittlerweile fast jeder Bescheid. Verschärft wird die Thematik rund um die Billigmode nun weiter durch „Fashion Hauls“ und gezieltes Influencer-Marketing von Billig-Labeln auf Social Media. Welche weitreichenden Folgen dieses Marketing für die Umwelt hat? Das liest du in diesem Artikel.
Berge an Kartons und junge Influencer*innen, die teils wöchentlich eine Masse an Kleidern, zumeist von Billig-Labeln, stolz ihrer Zuschauerschaft auf Social Media präsentieren und weiterempfehlen – Wer regelmäßig in den sozialen Medien unterwegs ist, wird über diesen Trend bestimmt das ein oder andere Mal schon gestolpert sein. Allen voran auf YouTube, Tik Tok und Instagram haben die sogenannte „Fashion Hauls“ in den letzten Jahren an Popularität gewonnen und die Modewelt gänzlich umgekrempelt. Während einige Influencer*innen die Kleidermassen für ihre Videos von ihrem eigenen Geld bestellen verbirgt sich des Öfteren hinter anderen „Hauls“ gezieltes Influencer-Marketing der Fast-Fashion-Industrie, durch welche neue Artikel und große Rabattaktionen an eine breite Zuschauerschaft gebracht werden und zum Kauf von Billig-Kleidung einer bestimmten Marke verlocken soll.
In einem Artikel des National Geographic gibt die Nachhaltigkeitsberaterin Aja Barber zu bedenken, dass das übermäßige Konsumverhalten durch den Social-Media-Trend der „Hauls“ aktiv gefördert wird. Vor allem Kinder und Jugendliche, die Influencer*innen gerne nacheifern, werden damit, laut Aja Barber, Teil der problematischen Trendbewegung. Mit ständig wechselnden Kollektionen und täglich 6.000 bis 9.000 neuen Billig-Produkten im Online-Shop und auf Social Media verstärkt die Fast-Fashion-Industrie massiv den Durchlauf von Mode weltweit, so Greenpeace. Kleidungsstücke entwickelt sich durch niedrige Preise und schnell ändernde Trends auf Social Media zu Einwegprodukten, die häufig nach einmaligem Tragen im Müll landen.
Ein solcher durch Social Media verstärkter Kaufrausch nach Fast-Fashion bleibt nicht folgenlos. Nicht nur beschert die massenhafte Bestellung billig produzierter Mode den Käufer*innen einen leeren Geldbeutel. Sie befeuert auch miserable Arbeitsbedingungen im Ausland und birgt eine massive Gefahr für unsere Umwelt. Die Fashion-Industrie ist, laut einem Artikel der BBC, für 8 bis 10 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich und ist damit eine der schmutzigsten Industrien der Welt. Allein von 2000 bis 2014 hat sich die Modeproduktion zudem verdoppelt. Käufer*innen haben in diesem Zeitraum ungefähr 60 Prozent mehr Kleidungsstücke gekauft aber nur halb so lange getragen, so der National Geographic. Doch wodurch wird die Umwelt nun konkret von der rasant wachsenden Fast-Fashion-Produktion belastet?
Polyester für den Wirtschaftsdurchbruch der Fashion-Industrie
Ohne Polyester wäre der heutige Kleidungs-Boom nicht möglich. Laut Greenpeace enthalten 60 Prozent unserer Kleidung Kunstfasern. Während 8,3 Millionen Tonnen Polyester noch im Jahr 2000 verwendet wurde, waren es 2016 bereits 21,3 Millionen Tonnen. Doch warum ist Polyester umweltschädlich? Bei Kunstfasern handelt es sich einfach ausgedrückt um eine Form von Plastik und wird daher aus nicht-erneuerbarem Erdöl hergestellt. Die Gewinnung von Erdöl und die anschließende Produktion von Polyester ist verbunden mit hohen Co²-Emissionen, die der Umwelt massiv schaden. Da Erdöl für die Energiewende zukünftig auf das Abstellgleis bugsiert wird, kommt die Massenproduktion der Fashion-Industrie den Ölunternehmen gerade recht.
Mikroplastik und das Recyclingmärchen
Ein weiteres Problem mit Kunststofffasern ist Mikroplastik. Betroffen davon ist beispielsweise auch Fleece-Stoff, laut Greenpeace. Durch beispielsweise das Waschen der Kleider gelangen tausende, kleine Plastikfasern in unsere Umwelt, die wiederum später Tiere und wir selbst durch Nahrung aufnehmen. Laut einer vom WWF in Auftrag gegebenen Studie isst schon jetzt jeder Mensch etwa fünf Gramm an Mikroplastik in der Woche, das entspricht einer Kreditkarte.
Wie bereits am Anfang dieses Artikels angesprochen findet viel der von uns aussortierten Kleidung mit Kunstfaseranteil ihren direkten Weg auf die Mülldeponie. Das von Modeunternehmen häufig beworbene Recycling findet laut eines Artikels von Greenpeace so gut wie gar nicht statt, da die verschiedenen Fasern häufig nicht identifiziert werden können. Zudem ist Recycling für die Fashion-Industrie auch nicht wirtschaftlich rentabel. Das Recyclingversprechen kann also, zumindest nach heutigem Stand, ganz klar als gezielte Greenwashing-Strategie deklariert werden.
Baumwolle als Lösung des Problems?
Wenn Kunstfasern so ein großes Problem darstellen, warum dann nicht auf natürliche Rohstoffe, wie Baumwolle umsatteln? Ganz so einfach ist es nicht, denn auch für die massenhafte Baumwollproduktion werden wertvolle Ressourcen gebraucht. Um ein Kilo der flauschigen, weißen Kugeln zu produzieren werden 11.000 Liter Wasser benötigt, so in einem Beitrag von Deutschlandfunk Kultur.
Welchen immensen Schaden die Baumwollherstellung anrichten kann sollte nach der menschengemachten Katastrophe um den Aralsee, des einst größten Binnengewässers der Erde, bekannt sein. Hier wurde durch jahrelange, wasserintensive Baumwollproduktion der Sowjets der See nach 50 Jahren fast vollkommen ausgetrocknet, mit weitreichenden Folgen für die dort lebende Bevölkerung. Baumwolle wird trotz dessen auch heute noch dort angebaut, so der National Geographic. Mit der Erderwärmung wird sich dieses Problem in zukünftigen Jahren weiter verschärfen.
Kleidermüllberge: Ein Produkt des westlichen Konsums
Eine weitere menschengemachte Umweltsünde, die durch die Billigmode-Industrie befeuert wird, findet sich fern ab unseren Haustüren. Die Atacama-Wüste im Norden Chiles, die sich vom Pazifischen Ozean bis zu den Anden erstreckt bietet nicht nur eine atemberaubende Naturlandschaft, sondern ist auch eine Kleiderdeponie der westlichen Konsumgesellschaft, deren Müllberge immer höher und immer schneller wachsen, angetrieben durch die Fast-Fashion-Industrie. In einem Beitrag des National Geographic wird darauf verwiesen, dass aufgrund des Ausmaßes der Müllmengen bereits von der UN von einem „Notfall für die Umwelt“ gesprochen wird. Drei Fünftel aller Kleider werden innerhalb eines Jahres nach ihrer Herstellung auf solchen Mülldeponien abgeladen oder landen in Verbrennungsanlagen. Die Menge entspricht einer LKW-Ladung pro Sekunde, so National Geographic. Ein weiterer Kleiderfriedhof ähnlich der, der Atacama-Wüste findet sich nahe der ghanaischen Hauptstadt Accra. Mit einer Höhe von 20 Metern hat der Müllberg als Symbol der Kleider-Wegwerfgesellschaft weltweite Berühmtheit erlangt. Durch Brände auf diesen Mülldeponien werden zudem giftige Dämpfe freigesetzt und Mikroplastik in die Umwelt geleitet.
Was können wir gegen diesen Fashion-Exzess tun?
Ob diese hier thematisierten Probleme jemals gänzlich in den Griff zu bekommen sind ist fraglich. Klar ist, dass vor allem systemische Maßnahmen von Nöten sind, um der Umweltverschmutzung durch Billig-Mode Einhalt zu gebieten.
Doch was können vielleicht auch wir im Kleinen, gegen den auf Social Media propagierten Fashion-Exzess tun? Folgend ein paar
- Auf bessere Qualität beim Kauf achten und wenn möglich nachhaltige Modemarken unterstützen
- Second-Hand Kleider kaufen, dies ist beispielsweise in Tübingen im Unikat oder im Umsonstladen in der Schelling möglich. Auch die Online-Plattform „Vinted“ kann eine Anlaufstelle für Second-Hand-Kleidung sein.
- Kleine Löcher in Freizeit-Kleidung flicken oder durch Bügeletiketten abdecken
- Zum Schluss: Wie so oft beim Konsum hilft es manchmal auch sich selbst zu hinterfragen: „Brauche ich dieses T-Shirt denn wirklich in fünf verschiedenen Farben?“ Denn sind wir mal ehrlich, häufig ist dies nicht der Fall!