Die fabelhafte Welt des Trickfilms – das ITFS in Stuttgart
von Andrea Kroner
Voll besetzte Kinos, Filme unter freiem Himmel, Computerspiele in einer virtuellen Realität. All das und noch viel mehr konnten die 85.000 Besucher des Internationalen Trickfilmfestivals letzte Woche erleben. Schon zum 23. Mal lud das Festival Filmbegeisterte ein, die Welt des Animationsfilms zu entdecken – mit 1000 Beiträgen aus 55 Ländern.
Das Herz des Festivals
Tosende Vulkane und die Evolution der Menschheit in Kurzform können mithilfe neuester Techniken unglaublich realistisch dargestellt werden – man vergisst dadurch fast, dass man sich in einem Animationsfilm befindet. Danach werden die klassischen Superhelden aufs Korn genommen – mit einer Frau, die wie selbstverständlich ein Ufo zerstört. So wechseln sich skurrile, lustige, spannende und nachdenkliche Themen während des „Internationalen Wettbewerbs“ im Minutentakt ab.
Dieser bildet das Kernstück des gesamten Festivals und zeigt die besten Animationskurzfilme des vergangenen Jahres. Aber nicht nur die Themen, sondern auch die verwendeten Techniken sind vielfältig: Es gibt zum einen noch viele klassisch gezeichnete Filme, aber ebenso Stop-Motion und Computeranimation. Die Farbpalette reicht von Schwarz-Weiß über wenige Farbakzente bis hin zu schillernden Regenbogen – es ist für jeden etwas dabei. Mehr über die Gewinner…
Die Game Zone
Wie kann man noch mehr in das Spielerlebnis eintauchen? Wie kann man die Erfahrung noch realistischer gestalten? Damit beschäftigen sich Spielentwickler seit jeher – so entstanden „Virtual-Reality-Brillen“. Und auch in der Spielwelt des ITFS konnte man dieses Jahr die neueste Generation der Unterhaltungselektronik auf verschiedenste Arten erleben. Mit „Keep Talking and Nobody Explodes“ beispielsweise wird das Spiel mit der Realität verknüpft: Zwei Spieler müssen gemeinsam eine Bombe entschärfen. Das hört sich zunächst nicht allzu schwierig an, doch einer der beiden trägt eine VR-Brille und sieht nur die Bombe, der andere muss mithilfe eines Handbuchs Anweisungen zur Entschärfung geben. Natürlich könnte man das genauso gut an einem normalen Computer spielen, aber die virtuelle Realität macht es noch intensiver.
Kino mal anders
Wer sich keinen Festival-Pass kaufen wollte, konnte kostenlos an vielen Veranstaltungen des ITFS teilnehmen, unter anderem an den Spielen der Game Zone oder dem Open-Air-Kino auf dem Schlossplatz. Doch letzteres hatte dieses Jahr leider viel mit dem sprichwörtlichen Aprilwetter zu kämpfen. Und zusätzlich ein wenig mit der Technik – denn die 85m² große Leinwand fiel sogar komplett aus. Und das genau eine Stunde bevor der neue „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ gezeigt werden sollte. Das Problem konnte jedoch zeitnah behoben werden und dem Filmerlebnis stand nichts mehr im Wege – nicht einmal das Wetter. Insgesamt wurden an allen Festivaltagen viele spannende Filme gezeigt: Tagsüber Kurzfilme aus der ganzen Welt, die ähnlich vielfältig waren, wie das ITFS selbst. Nachmittags und abends folgten aktuelle Langfilme, darunter der diesjährige Oscar-Gewinner „Alles steht Kopf“. Die große Ausnahme bildete hierbei die Live-Übertragung der Oper „Rigoletto“ am Montag. Mehr zu Animation und Oper…
Der Animationsfilm ist schon längst kein Genre mehr, das sich nur an Kinder richtet. Dennoch bilden diese immer noch ein wichtiges Zielpublikum und wurden im Laufe der vergangenen Jahre immer mehr in das Festival mit eingebunden. In zahlreichen Workshops und Filmvorführungen bekommen sogar die Kleinsten die Möglichkeit, in die Welt der Animation einzutauchen.
Ein Highlight war es, zusammen mit richtigen Filmemachern einen eigenen, kleinen Film produzieren zu können. Es wurde fleißig gemalt, geknetet und gebastelt, um vor der Kamera das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Entstanden sind dabei verschiedenste Ideen – von einem Pinguin im Büro bis zu einer abenteuerlichen Weltraummission.
Um zu sehen, wie professionelle Filmemacher ihre Werke gestalten und sich vielleicht etwas für die eigenen Ideen abzuschauen, gab es in den täglichen Vorstellungen viel zu sehen – dabei waren häufig Regisseure anwesend, die sich den Fragen der neugierigen Kinder stellten. Am Sonntag wurde sogar der Preis für den besten Kinderfilm von einer Jury bestehend aus sechs Kindern zwischen neun und dreizehn Jahren vergeben. Er ging an die spanische Produktion „Alike“. Dieser spielt sehr stark mit verschiedenen Farben und Körpersprache, denn er funktioniert ohne Sprache. Darüber hinaus zeigt er die traurige, ernste Seite des Animationsfilms. Genau diese Andersartigkeit gefiel der Jury besonders.
Eine bunte Mischung
Insgesamt konnte das Festival wieder mit einem außergewöhnlichen und vielfältigen Programm überzeugen, das den Zuschauer abwechselnd zum Lachen, Weinen oder Nachdenken brachte.
Foto: ITFS