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Desinformation, Fake News und Falschmeldung

Über die begrifflichen Unterschiede und wieso Desinformation zu Corona-Zeiten aktueller denn je ist

Von Franziska Moser

Covid-19 – Vergleichbar mit der Grippe? Todesfälle durch Atemschutzmasken? Die Merkel-Diktatur? Alles Aussagen, die faktisch nicht stimmen. Und doch begegnet man ihnen immer wieder. Sei es im Internet, auf Querdenker-Demos oder im eigenen Bekanntenkreis. Um diese im Volksmund so oft genannten „Fake News“ soll es in den nächsten Beiträgen gehen.

Gerade in Zeiten von Unsicherheit ist Desinformation allgegenwärtig. Wenn Gefühle und persönliche Überzeugungen wichtiger scheinen als Fakten und Wissenschaft, stellt das die Gesellschaft vor ein immenses Problem: Ohne geteilte Wissensbasis kein Dialog. Manch eine*r spricht in diesem Zusammenhang vom postfaktischen Zeitalter. Aber wie konnte es dazu kommen? Was genau ist überhaupt Desinformation und wie funktioniert diese? 

„Fake News“ oder Desinformation?

„Fake News“ ist ein Begriff, der gerne von populistischer Seite genutzt wird, um etablierte Medien zu diskreditieren. Er bedeutet so viel wie „Falschmeldung“, wird aber dem Spektrum an falschen Informationen nicht gerecht. Besser eignet sich eine Einteilung in Desinformation, Falschmeldung und Verschwörungstheorie.

Von Desinformation spricht man dann, wenn absichtlich falsche oder irreführende Informationen in Umlauf gebracht werden. Dabei kann es sich um einen Text, genauso aber auch um Bilder oder Videos handeln. Verbreiter*innen von Desinformation machen sich das Misstrauen zunutze, das Menschen gegenüber demokratischen Institutionen, wie etwa der Politik, den etablierten Medien oder der Wissenschaft, haben. Oft liefert rechtes Gedankengut die Basis für diese Art von irreführender Information. Es geht dann um korrupte Politiker*innen, nicht vertrauenswürdige Journalist*innen und die Diffamierung von Menschen mit Migrationshintergrund. Auch zum Corona-Virus zirkuliert online jede Menge Desinformation. Die Faktencheck-Seite Correctiv hat dafür einen eigenen Schwerpunkt angelegt. In verschiedensten Beiträgen zeigt sie zum Beispiel auf, warum Geimpfte kein höheres Risiko haben, an Covid-19 zu sterben oder dass es keine Belege für einen Anstieg an Fehlgeburten nach der Impfung gibt.

Eine Szene auf einer Querdenker-Demo. Bild: Pixabay.

Wenn aber beispielsweise eine lokale Tageszeitung aus Versehen einen Zahlendreher bei den neuen Inzidenz-Zahlen abdruckt, ist das keine Desinformation. Dann handelt es sich um einen ärgerlichen Fehler, der mit aller Kraft zu vermeiden ist, sich aber doch manchmal einschleicht. Hier spricht man von einer Falschmeldung.

Nicht erst seit Beginn der Pandemie hört man immer wieder von Verschwörungstheorien. Eine Verschwörungstheorie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Anhänger*innen davon überzeugt sind, dass eine Gruppe Verschwörer*innen im Geheimen bestimmte Ereignisse oder Situationen auf eine negative Weise manipuliert. Verschwörungserzählungen bieten eine einfache Erklärung für komplexe Sachverhalte. Deshalb sind sie gerade in Zeiten von Krisen und Unsicherheiten, wie beispielsweise der Corona-Pandemie, besonders beliebt.

Von Satire zu politischem Machtmittel

Lange ist es nicht her, dass unter „Fake News“ noch ausschließlich politische Nachrichtensatire verstanden wurde, zum Beispiel im Stil der ZDF heute show mit Oliver Welke. Doch das machtstrategische Potenzial von falschen täuschenden Behauptungen blieb vor allem in Wirtschaft oder Politik nicht fern. Während in der Politik manipulative und falsche Aussagen dazu dienen können, zu überzeugen, nutzen sie in der Wirtschaft vor allem der Profitsteigerung.

Insbesondere seit der US-Präsidentschaftswahl 2016 und dem Brexit ist der Begriff „Fake News“ negativ behaftet. Dabei wurde er vor allem durch Donald Trump strategisch eingesetzt, um etablierte Medien zu kritisieren, während er und sein Team sich zu Wahlkampfzwecken selbst falscher Behauptungen bedienten. Und auch wichtige Brexit-Befürwortende griffen auf sogenannte „alternative Fakten“ zurück, um für ihre Seite zu werben.

Der Informationsdschungel „Corona“

Spätestens seit Ausbruch des Corona-Virus SARS-CoV-2 spielen falsche und irreführende Behauptungen auch in Deutschland eine große Rolle. Denn die Informationen, die die Menschen erreichen, entscheiden darüber, wie und ob sie sich davor schützen. Desinformation bedroht nicht nur diejenigen, die sich deshalb in potenziell vermeidbare Gefahren begeben, sondern auch den Rest der Gesellschaft. Denn wer sich weigert, eine Maske zu tragen oder sich impfen zu lassen, nützt nicht der Eindämmung des Virus, sondern dem Virus selbst – und damit steigenden Fallzahlen.

Im Internet und auf sozialen Medien hält sich Desinformation besonders hartnäckig. Bild: Pixabay.

Das Problem: Die Pandemie ist geprägt von zahlreichen Unsicherheiten. Die Faktenlage zum Virus ändert sich ständig, vor allem zu Beginn der Pandemie war einiges ungewiss. Das macht es umso schwieriger, den Faktengehalt von Informationen einzuschätzen. Regierungen und die Wissenschaft passen aus diesem Grund ihre Gesetze und Prognosen ständig neu an. Dies wiederum nutzen Skeptiker*innen und Gegner*innen der Corona-Maßnahmen, um Zweifel an der Autorität und Kompetenz von Politik und Wissenschaft zu sähen – und sorgen damit für Verunsicherung. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer „Infodemie“. Die Wortzusammensetzung aus „Information“ und „Epidemie“ beschreibt einen Zustand, in dem während eines Krankheitsausbruchs zu viel Information, darunter auch Falschmeldungen und Desinformation, zirkuliert. Das sorgt für Verunsicherung und senkt das Vertrauen in Politik und Wissenschaft.

Die Anreize für das Streuen von Desinformation sind verschiedener Natur. Mit aufsehenerregenden Falschmeldungen etwa werden Internetnutzer*innen auf Websites gelockt, damit deren Betreiber*innen mit Werbeanzeigen oder durch den Verkauf angeblicher Heilmittel Geld verdienen können. Aber auch im politischen Wettbewerb spielt Desinformation eine Rolle, sei es die Verharmlosung des Virus oder das Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse zu machtpolitischen Zwecken. In Zeiten von Unsicherheit oder Konflikten verbreitet sich Desinformation besonders effektiv, vor allem über soziale Medien.

Wie es jetzt weitergeht…

Da Desinformation und Verschwörungstheorien selten so präsent waren, wie sie das aktuell sind, widmet sich diesem Thema eine ganze Artikelreihe. Es wird um die Frage gehen, wie soziale Medien und Desinformation zusammenhängen und wie falsche, irreführende Informationen erzeugt werden. Außerdem werden wir uns damit beschäftigen, ob Kommunikation mit Verschwörungstheoretiker*innen gelingen kann und wenn ja, wie. Und natürlich dürfen mögliche Lösungsansätze für das Infodemie-Problem nicht fehlen. Die weiteren Artikel der Reihe gibt es hier: 

Quellen: 

Turcilo, L. & Obrenovic, M. (2020). Fehlinformationen, Desinformationen, Malinformationen. Ursachen, Entwicklungen und ihr Einfluss auf die Demokratie. Sarajevo: Heinrich Böll Stiftung.

Zimmermann, F. & Kohring, M. (2020). Aktuelle Desinformation – Definition und Einordnung einer gesellschaftlichen Herausforderung. In Hohlfeld, R. et al. (Hrsg.), Fake News und Desinformation. Herausforderungen für die vernetzte Gesellschaft und die empirische Forschung (S. 21-42). Baden-Baden: Nomos.

https://www.campus.uni-konstanz.de/wortwechsel/desinformation-fehlinformation-und-verschwoerungstheorien-im-umgang-mit-covid-19

https://www.bpb.de/apuz/wissen-2021/325605/corona-proteste-und-das-gegen-wissen-sozialer-bewegungen

https://correctiv.org/faktencheck/coronavirus/

https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/fighting-disinformation/identifying-conspiracy-theories_de

https://www.who.int/health-topics/infodemic#tab=tab_1