Der Teufel auf der linken, der Engel auf der rechten Schulter
Die Darstellung von Gut und Böse in Good Omens
Von Luca Szili
Rotkäppchen und der Wolf, eine Prinzessin und die böse Stiefmutter, Harry Potter und Voldemort. Schon seit der ersten Gute-Nacht-Geschichte wachsen wir mit Gut und Böse auf. Doch wie genau kann dieses Paar auf ganz subtile Art und Weise dargestellt werden?
In der Serie „Good Omens“, basierend auf dem Roman von Terry Pratchett und Neil Gaiman, wird das Thema sogar ziemlich Wort wörtlich seit Anbeginn der Zeit diskutiert und visuell ansprechend dargestellt.
Um was geht es in Good Omens?
Die Serie „Good Omens“ (2019-) verfolgt das Leben der beiden Hauptcharaktere, die die perfekten Gegensätze zueinander sein Sollten: Aziraphale, ein Engel, Wächter des Garten Edens und Crowley, ein Dämon, die Schlange und Überbringer des Antichristes.
Doch anstatt ihren jeweiligen Partien, Himmel und Hölle, zu folgen und absolut „böse“ oder „gut“ zu sein, bewegen sich beide in Grauzonen. Crowley zum Beispiel kümmert sich um seine Pflanzen und bringt sich in Gefahr, um anderen zu helfen. Aziraphale belügt seine Vorgesetzten und sammelt seine Bücher absolut eigennützig.
Als Armageddon droht, entscheiden sich die beiden trotz des „großen, unerfindlichen Planes“ zusammen zu arbeiten. Sie haben nämlich die Erde und die Menschheit zu wertschätzen gelernt und wollen diese vor den apokalyptischen Folgen eines Krieges zwischen Himmel und Hölle beschützen.
Der Teufel links der Engel rechts
„We took care to always put Aziraphale on the left of the screen and Crowley on the right (so Aziraphale is always on Crowley’s right), all the way through Good Omens.” Schrieb Neil Gaiman auf Tumblr. Was hat das zu bedeuten?
Aziraphale ist als Engel stellvertretend für den Himmel, und des Guten. Er ist auf der Erde, um Menschen zu Helfen und sie positiv zu beeinflussen. Crowley im Gegensatz vertritt als gefallener Engel die Hölle und ist auf der Erde, um die Menschen in Versuchung zu führen und Chaos zu verbreiten. Er ist also sozusagen ein kleiner Teufel, der den Menschen ins Ohr flüstert.
Diesen Einfluss von Gut und Böse stellen sie besonders in der ersten Staffel klar, als sie sich beide um den jungen Warlock kümmern. Doch anders als im Sprachgebrauch sitzen Crowley und Aziraphale nicht auf seiner Schulter, um ihn Wort wörtlich ins Ohr zu flüstern zu können. Sie nehmen aber trotzdem diese Haltung ein, mit Aziraphale immer auf Crowleys rechter Seite. Somit wird den Zuschauern sogar ohne Taten oder Wörtern der Charaktere, allein schon durch diese beabsichtigte Anordnung übermittelt: Crowley vertritt Böses, Aziraphale Gutes.
Geschichtlicher Hintergrund
Laut alten Aberglaubens soll man sich Salz über die linke Schulter werfen, um böses abzuwehren, beziehungsweise den Teufel von der Schulter fernzuhalten. Woher kommt aber diese negative Konnotation von links, und umgekehrt die gute von rechts?
Zum Großteil liegt die Zuordnung dieser Bedeutungen an der Tatsache, dass 70-90% der Menschen Rechtshänder sind. Natürlich hat die bevorzugte Hand nichts mit gut oder schlecht zu tun. Die Geschichte zeigt nur, dass die Menschheit Abweichungen von der Norm nur langsam akzeptieren kann. So galt Linkshändigkeit lange als blasphemisch und unnatürlich. Damit war es Beweis genug, um als Hexe verbrannt zu werden. Diese Aberglauben haben sich auch in unseren Sprachgebrauch eingeschlichen. So stammt das englische Wort „sinister“- böse/unheimlich, vom lateinischen „sinister“ – links, ab. Auch aus dem lateinischen rechts – „dexter“, hat sich „dexterity“ – Geschicklichkeit entwickelt. Ähnliches findet man auch in vielen anderen Sprachen. Außerdem auch in Sprichwörtern wie „mit dem linken Fuß aufstehen“, „zwei linke Hände haben“, „recht haben“ und „recht und billig sein“. Auch in der Bibel wird links oft mit dem Bösen verbunden und rechts mit dem Guten, zum Beispiel in Matthäus 25:31-33, in dem metaphorisch die gesegneten Menschen nach rechts gestellt werden und die nicht gesegneten nach links. Auch in vielen anderen Religionen wird ähnliche Symbolik benutzt. Es gibt aber natürlich auch Ausnahmen, in denen links mit guten Eigenschaften verbunden wird, wie zum Beispiel im alten Ägypten.
Links und rechts als filmisches Mittel
Im Fall von Aziraphale und Crowley symbolisiert ihre bewusste Platzierung im Bild nicht nur ihr Wesen im Sinne von Gut und Böse, sondern auch ihre Beziehung zueinander.
Crowleys gewohnte Platzierung auf Aziraphales linken Seite stellt die beiden in ihrem natürlichen Zustand dar. „Teufel“ links, Engel rechts. Sie befinden sich in einer Balance, gleichen einander aus. In diesem Zustand sieht man die beiden auch, wenn sie zusammenarbeiten, gemeinsam Wunder vollbringen und so am stärksten sind. Zum Beispiel im Finale der ersten Staffel oder in der ersten Episode der zweiten Staffel.
Wenn die beiden ihre Plätze tauschen und Crowley sich auf Aziraphales rechten Seite befindet, wird diese Balance unterbrochen. Dies signalisiert den Zuschauern, dass etwas nicht stimmt. Zum Beispiel, wenn sich der Engel und Dämon streiten.
Die Ausnahme ist, wenn sich beide im Bentley befinden, da Crowley, genauso, wie jeder andere in England, auf der rechten Seite fahren muss.
Noch eine interessante Beobachtung ist, dass nicht nur ihre gegenseitige Platzierung, sondern auch ihre Bewegungsmuster ihre Charaktere widerspiegeln. Crowley´s Aussehen verändert sich über die Zeit drastisch, er ist immer in Bewegung, und will von der Erde fliehen. Im Gegensatz bleibt Aziraphales Aussehen ziemlich konstant, er hat in seinem Bücherladen sein zu Hause gefunden und will auch dort bleiben. Wenn die beiden zusammen zu sehen sind, steht Aziraphale meistens still, während Crowley hin und her läuft. Dazu kommt noch, dass Aziraphale schon im Bild ist während Crowley erst dazu kommt – Von seiner linken Seite, wohlbemerkt. Konflikt wird also auch durch den Tausch dieser Eigenschaften dargestellt.
Weitere Symbole
Natürlich wird Gut und Böse nicht nur durch links und rechts dargestellt. Es gibt noch viele andere Symbole, die eine Rolle spielen.
Dazu gehören Farben – hell und dunkel, schwarz und weiß
Betrachten wir erstmal Die Bekleidung von Aziraphale und Crowley. Der Engel trägt ausschließlich Beige- und Weißtöne, während der Dämon Schwarz bevorzugt. Dies ist auch der Fall bei allen anderen Mitgliedern von jeweils Himmel und Hölle. Auch diese Orte selbst, sowie Aziraphales und Crowleys Wohnungen befinden sich in diesen Farbschemata wieder.
Eine andere auffällige Eigenschaft dieser Orte ist, dass Der Himmel besonders leer und ordentlich ist, während die Hölle überfüllt und ein absolutes Durcheinander ist. In diesem Fall steht dies jedoch im Gegensatz zu Crowleys Wohnung, das in diesem Sinne dem Himmel ähnelt und Aziraphales Bücherladen, in dem kaum noch Platz ist. Dies kann man sich gut erklären, da beide etwas Abneigung gegenüber ihren jeweiligen Partien verspüren und wohl so bisschen gegen ihre eigentlichen Heimen rebellieren.
Natürlich gibt es dann noch die ganz klassische Symbolik von oben und unten. Diese wird schon im Namen – Himmel und Hölle – widergespiegelt. Besonders schön sieht man dies in einer Szene in der ersten Staffel, in der Aziraphale und Crowley jeweils zu ihren Vorgesetzen reisen, mithilfe zweier Rolltreppen, eine nach oben und die andere diese spiegelnd nach unten.
Durch unseren kulturellen Hintergrund verbinden wir links und rechts fast schon automatisch mit Gut und Böse, und genau das nutzt „Good Omens“ aus, um uns die Charaktere und deren Beziehung zueinander subtil darzustellen. Dies gelangt ihnen auf besonders ästhetischer weise. Der Teufel liegt wohl doch im Detail.
Quellen:
https://medium.com/the-philipendium/word-connections-left-right-b20b32a48440
https://www.merriam-webster.com/wordplay/sinister-left-dexter-right-history
https://www.sonntagsblatt.de/artikel/kultur/teufel-links-engel-rechts-die-symbolik-von-rechts-und-links-und-ihre-geschichte