Wieso sind soziale Kontakte eigentlich so wichtig und was macht die Vereinsamung mit uns?
Im Forschungsfeld der Psychologie gibt es zahlreiche Untersuchungen, die sich mit der Bedeutung sozialer Kontakte und ihren Auswirkungen auf die seelische und körperliche Gesundheit, sowie auf unsere Lebensqualität auseinandersetzten. Es heißt, dass wir durch soziales Miteinander körperliche Vorteile verzeichnen. Unser Leben wird durch Menschen um uns herum bereichert. Eine Studie der Universität North Carolina kam zu dem Ergebnis, dass gesellige Menschen weniger an Entzündungen, Bluthochdruck, Übergewicht etc. leiden. Also kurz gesagt: Mit den Freund*innen in der WG kochen, mit den Kommiliton*innen mal etwas trinken gehen oder auch einfach ein Filmabend in einer kleinen Runde ist, gemäß dieser Studienergebnisse, wohl genauso wichtig für unser Wohlsein wie Sport und gesunde Ernährung. Um diesem Sachverhalt auf den Grund zu gehen, habe ich ein Gespräch mit dem Diplompsychologen Henning Weber gesucht.
Gemeinsam Lernen – ein wichtiger Aspekt. Bildquelle: Andrea Piacquadio/Pexels.
Aus Henning Webers Sicht ist die aktuelle Situation durch eine gewisse Monotonie geprägt: „Auf vielen Ebenen wird das Leben monoton und einseitig. Junge Menschen sind offener gegenüber sozialen Kontakten und der soziale Austausch ist von großer Bedeutung.“ Weber betont dabei, dass das regelmäßige Zusammenkommen der jungen Menschen oftmals weniger fest geplant sei, sondern viel mehr auf Spontanität beruhe. Er beschreibt die Gestaltung des Lebens junger Menschen durch physisches Miteinandersein als wichtigen Bestandteil. Dieses Miteinander muss jetzt durch Gruppenkonferenzen ersetzt werden. „Bei jungen Menschen entsteht dadurch eine große Lücke“, so Weber. Als besonders wichtig für das Studium sieht er auch das gemeinsame Lernen: „Gemeinsame Formen des Lernens und die soziale Interaktion tragen dazu bei, mehr Motivation zu entwickeln. Ich erinnere mich selbst an meine Studienzeit und die Vorbereitung auf mein Examen. Ich habe mich mehr als ein halbes Jahr darauf vorbereiten müssen. Dabei war essentiell, in Gruppen zu lernen und gemeinsam Inhalte zu besprechen. Das gemeinsame Lernen hat eine stimulierende und motivierende Komponente“.
Einen Aspekt, den Weber als Hürde in der Krise sieht, sind die kleinen Wohnräume Studierender: „Junge Menschen müssen sich ganz anderen Herausforderungen stellen in dieser Phase. Im Gegensatz zu berufstätigen Erwachsenen haben die meisten nicht die Möglichkeit, viel Raum in ihrem eigenen Heim zu besitzen. Viele Studierende leben in WGs oder gerade auch wieder zu Hause. Der Platzmangel kann ein beengendes Gefühl hervorrufen.“
Welche gesundheitlichen Folgen kann der Mangel an sozialem Austausch aber nun haben? „Durch das Fehlen der sozialen Interaktionen und einer daraus resultierenden Vereinsamung entsteht eine Art von Stress. Dieser Stress folgt den individuelle Stressmustern, die der Mensch hat. Manche Menschen reagieren darauf mit Fressattacken, andere essen nichts mehr. Weitere Stressmuster gehen von psychischen Symptomatiken über psychosomatische Beschwerden bis hin zu körperlichen Beschwerden und somatischen Manifestationen.“ Der Mensch brauche das reale Gegenüber, um sich selbst zu entfalten und daran zu reifen. Die realen Begegnungen seien vor allem im jungen Erwachsenenalter ein essenzieller Teil des lusterfüllten Lebens und können nicht durch digitale, künstliche Situationen ersetzt werden.