Höhere Gefahr für Essstörungen durch Social Media?
Von Katharina Mohr
TikTok, Facebook, Instagram, BeReal, Snapchat, Twitter. Aus dem Internet sind sie kaum mehr wegzudenken: Die Sozialen Netzwerke. Bei der Nutzung ist uns oftmals nicht bewusst, mit welchen Mitteln und Inhalten Social Media Einfluss auf uns haben kann. Insbesondere jüngere Menschen verbringen viel Zeit auf Instagram, ohne sich der drastischen Folgen bewusst zu sein.
Wie wir uns von Instagram versprechen uns besser zu fühlen und warum es nicht funktioniert
Wir versprechen uns von der Nutzung besser zu fühlen. Reden uns ein, dass die Beiträge uns inspirieren und doch bleibt ein Gefühl des Unbehagens, ein fader Beigeschmack. Wir scrollen durch Beiträge, liken, teilen, kommentieren, produzieren und reproduzieren Bilder und halten den Schein einer Welt aufrecht, die nicht echt ist. Wer sich von Instagram erhofft sich besser zu fühlen, wird enttäuscht. Auf Instagram finden wir lediglich perfekte Selbstinszenierungen wieder, ganz gleich ob dort der Hastag #nofilterneeded darunter steht.
Wie wir uns ständig mit anderen vergleichen
Mila nutzt seit zwei Jahren täglich die Sozialen Netzwerke. Seitdem sie umgezogen ist, hat sie das erste Mal Probleme Anschluss zu finden. Oft liegt sie auf der Coach, während sie durch die endlosen Beiträge von Instagram und TikTok scrollt. Immer mehr verliert sie sich im endlosen Feed der Make-Up Tutorials, den neusten Trends und den zahlreichen Abnehm- und Gesundheitstipps der angesagtesten Influencer*innen. Mila fängt an sich zurückzuziehen und entwickelt eine Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Körper. Sie will nicht mehr in die Schule gehen, denn dort sind alle dünner und schöner als sie. Bis sie einen Entschluss fasst: Sie möchte genauso dünn werden wie die Mädchen, denen sie auf Instagram folgt.
Instagram, TikTok & Co sind längst zu Plattformen der Selbstdarstellung und des sozialen Vergleichs geworden. Die Schönheitsideale, welche in den sozialen Netzwerken befeuert werden, lassen wie bei Mila ein verzerrtes Selbstbild entstehen. Gerade im Vergleich mit Influencer*innen finden Jugendliche ihre Defizite, ausgelöst durch die Orientierung am vermeintlichen Ideal. Die Nutzung der Plattform kann daher mit Unwohlsein und der eigenen Körperunzufriedenheit einhergehen. Gerade diese Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sowie der Internalisierung von scheinbarem Perfektionismus können negative Auswirkungen haben. So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass das über die Medien verbreitete, propagierte Schönheitsideal potenzieller Auslöser von Essstörungen sein kann. Laut einer Facebook Studie sind besonders Mädchen (66%) anfällig für den sozialen Vergleich auf Instagram. Darunter gaben 52% an, dass Verursacher meist Bilder zum Thema Schönheit seien. Dies würde wiederum die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper verstärken. Eine emotionale Abwärtsspirale führt dazu, dass Jugendliche durch den negativen Vergleich das Gefühl bekommen, dass das eigene Leben weniger spektakulär und der eigene Körper nicht attraktiv genug sei. Stets geben Inhalte auf der Plattform den Nutzer*innen das Gefühl, nicht gut genug zu sein.
Wie wir eine Essstörung entwickeln
Zahlreiche neuere Studien ergaben, dass ein Zusammenhang zwischen der Nutzung von Social Media Plattformen und der Entwicklung von Essstörungen besteht. Während vor allem in der Pubertät das körperliche Erscheinungsbild eine stärkere Bedeutung einnimmt, steigt damit einhergehend der soziale Vergleich. Junge Erwachsene suchen sich Vorbilder zu denen sie aufschauen können. Doch auch Vergleiche unter den Peers, also Kinder und Jugendliche im selben Alter, nehmen in dieser Phase zu. Social Media wird mehr und mehr Inszenierungsraum einer vermeintlichen Realität. Negative Auswirkungen können beispielsweise Gesundheits- und Fitnessaccounts haben, da vor allem Fitness Influencer*innen ein einheitliches Körperbild vermitteln. Hat der/ die Nutzer*in ein fragiles Selbstwertgefühl, ist es nicht unwahrscheinlich, dass soziale Netzwerke dieses noch verstärken. Fitness-Influencer*innen versprechen den Nutzer*innen oftmals Erfolg und unterstützen diese mit zahlreichen Tipps. Gerade die Verinnerlichung von Schlankheitsidealen und dem damit einhergehenden Kontrollzwang, sowie der Überwachung des eigenen Körpers kann das Risiko eines krankhaften Essverhaltens deutlich erhöhen. Mit „Überwachung“ ist das übermäßige Beobachten des eigenen Körpers gemeint. Junge Erwachsene entwickeln einen Kontrollzwang, um auf keinen Fall an Gewicht zuzunehmen. Der Algorithmus schlägt dann immer mehr Inhalte rund um dieses Thema vor und verstärkt damit das Problem. Problematisch ist außerdem, dass sich auf Instagram und anderen Social Media Plattformen Communities bilden können, welche die potenzielle Gefahr bieten, Essstörungen sowie das propagierte Schlankheitsideal zu verherrlichen. Nutzer*innen fangen an, der idealisierten Körperdarstellung nachzueifern und werden immer unzufriedener mit dem eigenen Körper. Durch die dauerhafte Konfrontation mit der Medienrealität, die keineswegs der tatsächlichen Wirklichkeit entspricht, beginnen junge Erwachsene ihre Vorbilder zu idealisieren. Auch die Thematisierung von Essen im Netz kann ein erhebliches Problem darstellen. Denn was andere posten, kann unser Essverhalten unmittelbar beeinflussen. Hier wird zunächst auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung Wert gelegt. Dies kann schnell zu einem schlechten Gewissen einem Gefühl des Versagens führen, wenn Jugendliche sich nicht dergleichen ernähren. Nutzer*innen lassen sich auch durch ihre Vorbilder zu Diäten und bestimmten Ernährungsformen verleiten. Die Vor- und Nachteile einer, sich auf Social Media verändernden Esskultur, sind umstritten, können jedoch erhebliche Gefahren mit sich bringen.
Soziale Medien müssen nicht die Ursache sein, die zu einer Essstörung führen, sie können allerdings Verstärker oder Auslöser sein. Instagram und viele andere Social Media Plattformen sind demnach Teil eines gesellschaftlichen Problems, das in Zukunft noch viel Thematisierung finden muss.
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