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Greenwashing in den Medien

Wie irreführend grüne Werbung wirklich ist

Von Sofia Kovalchik

Heutzutage werden wir als Rezipient*innen täglich mit verschiedener Werbung konfrontiert. Im Fernsehen, auf Social Media oder einfach auf der Straße. Dabei vermarkten Werbetreibende ihre Produkte immer häufiger als „nachhaltig, “vegan”, “organic” oder “recycled”. Wie irreführend Greenwashing für die Verbraucher*innen sein kann und warum es von Unternehmen weiterhin praktiziert wird, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Bei der großen Auswahl an vermeintlich nachhaltigen und umweltbewussten Unternehmen bzw. Marken stellt sich den Konsument*innen immer öfter die Frage: Was davon ist tatsächlich nachhaltig? Insbesondere auf Social Media werden Marken wie Oceans Apart oder NU-IN mit einem vermeintlich umweltbewussten und nachhaltigen Image angepreist. Doch was steckt hinter dem Phänomen Greenwashing?

Greenwashing als neuer Marketingtrend

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Mit grüner Werbung vermitteln Unternehmen die Botschaft, einen positiven Beitrag zur Umwelt durch beispielsweise nachhaltige Produktion, Herstellung oder Entsorgung zu leisten. Wenn es sich dabei um falsche oder vage Behauptungen bzw. Werbeaussagen handelt, spricht man von Greenwashing. Aussagen über die Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit werden häufig auch für Produkte verwendet, die nicht von Natur aus umweltfreundlich sind, wie z.B. Plastikflaschen. Viele grüne Werbeanzeigen präsentieren verwirrende Aussagen und Fakten, die entscheidende Informationen über die echten Umwelteigenschaften ihrer Produkte verfälschen. Oftmals werden bei Greenwashing Naturbilder als Werbebilder verwendet, um den emotionalisierenden Effekt auf die Verbraucher*innen zu verstärken. Solche Strategien setzen Unternehmen gezielt ein, damit bei den Verbraucher*innen durch die Naturbilder automatisch umweltfreundliche Assoziationen in Verbindung mit dem Unternehmen entstehen. Dementsprechend spielt bei Greenwashing die visuelle Darstellung der Werbung eine wesentliche Rolle. Die Verwendung von beispielsweise einer angenehmen Naturkulisse zusammen mit Behauptungen, die die ökologischen Eigenschaften eines Produkts stützen, kann einen starken Einfluss auf die Einstellungen der Verbraucher*innen haben. Dies wirkt sich positiv auf die Wahrnehmung der Werbung an sich, aber auch auf das vermeintlich ökologische Image der Marke aus. Außerdem werben die Marken mit Schlagwörtern wie “sustainable” oder “organic” und “vegan”, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher*innen zu wecken und das Produkt bzw. die Marke selbst gut dastehen zu lassen. Die Überzeugungskraft von solchen Werbestrategien ist in vielen Fällen von den Rezipient*innen selbst abhängig.     

Greenwashing auf Social Media

Gerade auf Social Media sehen Nutzer*innen durchgehend viele unterschiedliche Werbeanzeigen. Dies macht Social Media zu einer großen und marktrelevanten Fläche für die Vermittlung von Werbung. Neben der klassischen Werbung in Fernsehen, ist auch Social Media ein Ort, an dem Verbraucher*innen zunehmend mit Greenwashing konfrontiert werden. Auf Social-Media-Plattformen sind Influencer*innen die Schnittstelle zwischen vielen Unternehmen bzw. Marken und den Verbraucher*innen. Parasoziale Beziehungen spielen eine wesentliche Rolle in der Vermarktung von Produkten auf Instagram. Da sich die Follower*innen in einer kontinuierlichen Interaktion mit den Influencer*innen befinden, in dem die Follower*innen durch tägliche Instagram-Stories in den Alltag der Influencer*innen mitgenommen werden, kann eine so genannte parasoziale Beziehung entstehen. Indem die Rezipient*innen die Medienperson seit einer langen Zeit auf Instagram oder anderen Plattformen verfolgen und täglich über verschiedene Ereignisse im Leben der Influencer*innen informiert werden, bekommen die Follower*innen das Gefühl, die Medienperson gut zu kennen, obwohl sie mit ihr im echten Leben kein einziges Mal gesprochen und sie möglicherweise nie getroffen haben. Aufgrund dieser aufgebauten parasozialen Beziehung vertrauen die Follower*innen der Empfehlung ihrer Lieblingsinfluencer*innen. Unternehmen nutzen diese Gelegenheit aus und stellen Influencer*innen als Werbegesichter für ihre Werbebotschaft ein. Influencer*innen helfen dadurch bewusst oder unbewusst beim Greenwashing von Unternehmen mit. Dies zeigt leider auch, dass viele Influencer*innen, die sich vermeintlich für Nachhaltigkeit einsetzen, sich nur oberflächlich mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen und genau das ist auch die Zielgruppe vieler Greenwashing-Kampagnen.

Greenwashing bei Instagram-Brands

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Viele Marken, die von Influencer*innen beworben werden, haben bereits einen Greenwashing-Vorwurf erhalten. Eine dieser Marken ist die Sportbekleidungsmarke Oceans Apart. Sie zählt zu den sogenannten “Instagram-Brands”, weil der Vertrieb der Produkte ausschließlich über diese Plattform stattfindet. Influencer*innen spielen dabei eine wesentliche Rolle in der Vermarktung, denn sie bewerben die Produkte. Oceans Apart gehört zu den Marken, die sehr häufig auf Social Media beworben werden. Wer regelmäßig auf Instagram unterwegs ist, ist auf jeden Fall schon mehrmals auf Werbeanzeigen von Oceans Apart gestoßen. Das Unternehmen hebt hervor, dass die Sportbekleidung nachhaltig produziert und vegan sei. Auf der Homepage der Marke finden sich einige Siegel, die die Nachhaltigkeit des Unternehmens bestätigen sollen.  Viele dieser Siegel haben eine umstrittene Gültigkeit. Beispielsweise basiert das BSCI-Logo, das angemessene Arbeitsbedingungen verspricht, auf einer Selbstverpflichtung, die möglicherweise nie kontrolliert wurde.  Zudem verspricht Oceans Apart auf der Homepage, ein Teil der BCI (Better Cotton Initiative) zu sein und dadurch Baumwolle von nachhaltigen Bauern zu kaufen, die weniger Chemikalien beim Anbau nutzen, weniger Wasser verbrauchen und faire Löhne bezahlen. Jedoch wird die BCI-Baumwolle zusammen mit normaler Baumwolle in der Fabrik verarbeitet. Wie viel BCI-Baumwolle letztendlich im Endprodukt vorhanden ist, lässt sich im Nachhinein kaum überprüfen. Aus diesem Grund wird das BCI-Siegel laut der Stiftung Warentest als ein bedenkliches Siegel eingestuft, bei dem sich keine genauen Belege über die Verarbeitung und Herstellung der Kleidung verfolgen lassen. Auch das PETA-Siegel, mit dem Oceans Apart versichert, die Kleidung vollständig vegan produziert zu haben, ist umstritten. Der Grund dafür ist der leichte Weg zur Zertifizierung. Ein Unternehmen kann mit nur wenigen Belegen und dem Ausfüllen eines Online-Formulars durch PETA zertifiziert werden. Außerdem lässt sich eine vegane Herstellung nicht automatisch mit einer nachhaltigen Produktion gleichsetzen. Die Kleidungsstücke von Oceans Apart bestehen hauptsächlich aus Polyamid. Oftmals kommen diese Ersatzstoffe und Materialien aus dem Erd- oder Palmöl-Sektor. Dabei verursacht die Gewinnung und Verarbeitung von Erdöl sehr viel Tierleid durch die Verseuchung von Gewässern und Böden. Der Palmöl-Anbau zerstört ebenso die dortigen Lebensräume. Auch das Oeko-Tex-Siegel, mit dem Oceans Apart wirbt, sagt nichts über die Nachhaltigkeit der Produkte aus, sondern über die Abwesenheit von gesundheitsschädlichen Stoffen bzw. Chemikalien in der Kleidung. Außerdem gibt Oceans Apart nicht an, wo bzw. in welchem Land die Kleidungsstücke produziert werden. Nachdem all diese bedenklichen Faktoren an die breite Öffentlichkeit gelangten, kam es zu einem Shitstorm, nicht nur gegen Ocean Apart selbst, sondern auch gegen die Influencer*innen, die mit Oceans Apart kooperierten. Dazu gehören beispielsweise Sarah Harrison, Gerda Lewis, BibisBeautyPalace oder Sarah Lombardi. Einige Influencer*innen, wie z.B. Gerda Lewis, beendeten daraufhin die Zusammenarbeit mit Oceans Apart. Andere Influencer*innen scheinen die Kooperationen trotz Kritik weiterführen zu wollen. Oceans Apart hat den Slogan “vegan and sustainable” aus der Instagram-Beschreibung ihres Accounts entfernt und zudem ein Statement zur Kritik auf der Website veröffentlicht.

Greenwashing bei Influencer-Marken

Auch den Eigenmarken von Influencer*innen wird Greenwashing vorgeworfen. Das Fashion-Label von Stefanie Giesinger und Markus Butler NU-IN ist ein prominentes Beispiel dafür. Das Label der beiden Influencer*innen wirbt mit den Worten “sustainable and affortable”, “organic” und “recycled”. Ein bedenklicher Faktor sind die relativ niedrigen Preise für die vermeintlich nachhaltig produzierten Kleidungsstücke. Eine angeblich fair produzierte Jeans mit Bio-Baumwolle kostet nur 49,99 Euro und im Sale wird sie bis auf 15 Euro reduziert. Doch was führt zu diesen äußerst niedrigen Preisen? Stefanie Giesinger und Marcus Butler begründen dies mit der hohen Produktivität bzw. Auslastung ihrer Fabriken, denn, wenn mehr produziert wird, kann die Kleidung auch für niedrigere Preise angeboten werden. Jedoch ist gerade eine hohe Auslastung in den Fabriken überhaupt nicht nachhaltig, weil oftmals mehr produziert wird, als letztendlich benötigt und verkauft wird. Dies erklärt auch die stark reduzierten Preise im Sale. Die hohe Auslastung in der Produktion verursacht Ressourcenverschwendung und produziert überflüssigen Müll. Außerdem wird ein wesentlicher Teil der Kleidung aus Mischfasern hergestellt, die schwer zu recyceln sind. Der Großteil der Kleidungsstücke besteht aus den Kunstoffen Acryl und Polyester, die aus fossilen Energieträgern wie Erdöl gewonnen werden. Dies ist definitiv keine nachhaltige Ressource für die Produktion. Einige Artikel werden als “biogradable” bezeichnet, obwohl die Mehrheit der Kleidungsstücke aus Mischfasern produziert wird und zudem Knöpfe und Reißverschlüsse verwendet werden, die aus kaum kompostierbarem Plastik bestehen. Auch die Transparenz, mit der NU-IN wirbt, ist teilweise nicht wirklich nachvollziehbar, denn es ist zum Teil nicht ersichtlich, wie viele Länder in den Produktionsprozess eines einfachen T-Shirts eingebunden sind. Außerdem fehlen auf der Website jegliche Zertifikate und Siegel, die die vermeintliche Nachhaltigkeit des Unternehmens belegen können. Nach einiger Kritik auf Social Media änderte NU-IN den Slogan zu “Fashion. Sustainably Driven”. Dies erinnert an die ebenso fragwürdige Vorgehensweise von Oceans Apart.

Was kann man daraus lernen?

Um in Zukunft als Rezipient*in bzw. Käufer*in nicht von Greenwashing beeinflusst zu werden, sollten folgende Dinge beachtet werden: Wenn Firmen mit sehr vielen “grünen” Versprechen ihre Produkte bewerben und ihre Internetseiten mit “grünen” Schlagwörtern wie in den oben genannten Beispielen überfüllt sind, dann sollten die Produkte genau auf diese Eigenschaften überprüft werden. Bei Kleidungsstücken sollten unbedingt alle Inhaltsstoffe bzw. Materialen auf dem Etikett oder in der Beschreibung im Onlineshop genau durchgelesen werden. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere auf sogenannten Mischfasern und Kunststoffenwie Acryl, Polyester, usw. liegen. Wenn eine Marke laut eigenen Angaben einen nachhaltigen Produktionsstandard besitzt, können Käufer*innen auf der Homepage der Firma nachschauen, ob alle Angaben tatsächlich mit Siegeln und Zertifikaten belegt wurden. Falls auf der Internetseite eins oder mehrere Siegel und Zertifikate gezeigt werden, sollte überprüft werden, was genau das gegebene Siegel aussagt bzw. zertifiziert. Zudem ist es wichtig, die Eigenschaften und die eigentliche Aufgabe des Siegels mit den Angaben der Firma zu vergleichen. Beispielsweise werden Siegel, die nichts über die Nachhaltigkeit eines Produkts aussagen, von Firmen als Belege für die angebliche Nachhaltigkeit ihrer Produkte benutzt, wie z.B. das Oeko-Tex-Siegel. Auch fehlende Transparenz eines Unternehmens ist ein wichtiger Grund, um als Rezipient*in misstrauisch zu werden. Eine positive Auswirkung haben öffentliche Debatten über Greenwashing und die Kritik an Unternehmen, die ihre Produkte durch Greenwashing beworben haben, denn dies führt dazu, dass Rezipient*innen mit der Zeit kompetenter und sicherer mit dieser Art von Werbung und Marketing umgehen können.

Quellen:

Lobinger, K. (Hrsg.). (2019). Handbuch Visuelle Kommunikationsforschung. Springer Fachmedien. S. 220 ff.

Schmuck, Matthes, Naderer (2018) Misleading Consumers with Green Advertising? An Affect-Reason-Involvement Account of Greenwashing Effects in Environmental Advertising, Journal ofAdvertising, 47:2, 127-145, DOI: 10.1080/00913367.2018.1452652

Szabo, S. & Webster, J. (2020). Perceived Greenwashing: The Effects of Green Marketing on Environmental and Product Perceptions. Journal of Business Ethics. https://doi.org/10.1007/s10551-020-04461-0

Internetquellen: 

INFLUENCER UND GREENWASHING – BUMOKA

Parasoziale Beziehung: Das Verhältnis zur Community – Lucky Shareman

„Oceans Apart“ geprüft: Wie vegan und nachhaltig ist die Hype-Marke wirklich? – DASDING

Polyester: Weshalb der Kunststoff problematisch ist – Utopia.de

Die Masche hinter Oceans Apart – YouTube

OCEANSAPART – Soulful Clothing

Nu-In: Warum wir das Label von Stefanie Giesinger und Marcus Butler kritisch sehen

Nu-in Fashion Faktencheck: so nachhaltig ist Stefanie Giesingers Label – wmn

nu-in | Fashion. Sustainably driven.