Bild: Unsplash/Daniele Levis Pelusi

Mit Schaum in eine bessere Welt?

Nachhaltiges Marketing am Beispiel des Start-Ups „Duschbrocken“ aus Stuttgart

Von Simona Langlouis

Mit viel Theorie sind wir in diese Artikelreihe gestartet, doch jetzt geht es endlich in die Praxis. Nachdem zuvor bereits verschiedene Formen von nachhaltigem Marketing vorgestellt wurden, geht es im Folgenden um ein Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit zum Geschäftsmodell gemacht hat. 

Anhand des Start-Ups „Duschbrocken“ aus Stuttgart soll geklärt werden, was ein nachhaltiges Unternehmen ausmacht und wie die Produkte authentisch präsentiert werden können. Was sind die Schlüssel zur erfolgreichen Marketingstrategie? Und hat ein vergleichsweise kleines Unternehmen überhaupt eine Chance, sich gegen schon länger etablierte Konkurrenten, wie beispielsweise „Lush“, durchzusetzen?

Das ist „Duschbrocken“

Zu Beginn einige Eckdaten zu „Duschbrocken“: Die Idee zum gleichnamigen Produkt kam den beiden jungen Gründern Johannes und Christoph auf einer Weltreise im Jahr 2017. Unterwegs erschien es den beiden sehr unpraktisch, Kosmetikprodukte in vielen verschiedenen Plastikbehältnissen mit sich herumzuschleppen. Das Problem sollte mit dem „Duschbrocken“ gelöst werden: Dieser ist festes Shampoo und Duschmittel in Einem und spart somit jede Menge Verpackungsmüll ein. Auch durch sorgfältig ausgewählte Inhaltsstoffe soll der Duschbrocken überzeugen. Zurück zu Hause in Stuttgart wird der Plan, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, in die Tat umgesetzt: 2018 geht der Shop online und inzwischen arbeitet in der sogenannten „Schaumstation“ in Stuttgart ein ganzes Team an der Herstellung und dem Versand der Duschbrocken. Es werden drei verschiedene Sorten angeboten. In der Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ ergatterten Johannes und Christoph einen Deal mit einem Investor und können sich einen Tag nach der Ausstrahlung der Sendung im letzten Jahr kaum vor Aufträgen retten. Doch wie schaffen die beiden Gründer es, die Menschen von ihrer Idee zu überzeugen?

Von einer „Höhle der Löwen“ in die nächste?

Auf ihrer Weltreise kommt den Gründern Johannes und Christoph die Idee für den „Duschbrocken“. Bild: Unsplash.

Als „Höhle der Löwen“ könnte man wohl auch die Situation als Unternehmen auf dem Markt beschreiben. Es gibt inzwischen einige Anbieter von nachhaltig hergestellten Kosmetikprodukten, die sich schon seit Jahren einen Namen gemacht haben. Doch bedeutet längere Erfahrung auf dem Markt gleichzeitig auch eine ausgefeiltere Marketingstrategie? Da wäre zum Beispiel das im Jahr 1995 gegründete britische Unternehmen „Lush“. Während die Firma „Duschbrocken“ auf ein einzelnes Produkt in drei verschiedenen Duftrichtungen spezialisiert ist, bietet „Lush“ ein weitaus größeres Sortiment an. Dieses reicht von bunten Badebomben in verschiedenen Formen bis hin zu Zahnpflege-Tabs. Für das Marketing bedeutet das auch, dass „Lush“ seine Produkte in saisonalen Kollektionen anbieten oder auch auf größere Rabatt-Aktionen zurückgreifen kann. Steht es also schon jetzt 1:0 für „Lush“? Nicht unbedingt. Und in einem Punkt ähnelt sich die Vorgehensweise der beiden Unternehmen: „Lush“  wirbt auf seiner Webseite damit, dass das Ziel nicht, wie in anderen Unternehmen, eine automatisierte Massenfertigung ist. Produziert werden soll stattdessen in vergleichsweise kleinen Manufakturen, in denen Vieles in Handarbeit hergestellt wird, ebenso wie bei „Duschbrocken“. Weniger, aber dafür hochwertigere Produkte anzufertigen, deren Einfluss auf die Umwelt geringer ist, das ist Teil des „Reformative Sustainability Marketing“, welches im letzten Artikel vorgestellt wurde. Die Chance, dass diese Art von Marketing auch im Kaufverhalten in der Gesellschaft etwas ändern kann, besteht laut den beiden Autoren Kemper & Ballantine. Wichtig hierfür ist das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Unternehmen, das beispielsweise durch Transparenz erlangt werden kann. Wer steckt hinter den Produkten? Diese Frage wird den Kund*innen beider Marken beantwortet: Bei „Lush“ klebt auf den Produkten ein sogenannter „Batch“, ein Sticker, der Auskunft gibt, welche*r Mitarbeiter*in die jeweilige Kosmetik angefertigt hat. Bei „Duschbrocken“ präsentieren sich die beiden Gründer mit ihrem Team auf der Instagram-Seite des Unternehmens nahbar und humorvoll.

Der grüne Faden

Interessant für uns ist nun aber auch, wie es um die Nachhaltigkeit bestellt ist und wie konsequent diese beworben wird. Im letzten Artikel dieser Reihe wurde ersichtlich, dass ein Unternehmen unterschiedlich stark auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein kann. Je mehr Abläufe umweltschonend ausgelegt sind, desto besser. Hier könnte „Duschbrocken“ im Vorteil sein, denn als Newcomer können von Anfang an aktuelle Ideen der nachhaltigen Unternehmensführung umgesetzt werden. Dahingegen müssen ältere Unternehmen vielleicht schon bestehende Strukturen ändern und anpassen. So zum Beispiel „The Body Shop“, ein ebenfalls bekanntes Unternehmen in der Branche.

Bereits gegründet im Jahr 1976, blickt „The Body Shop“ auf eine erheblich längere Unternehmensgeschichte im Bereich der nachhaltigen Kosmetik zurück als „Duschbrocken“. Als Teil seines Marketings verweist „The Body Shop“ auf ehrgeizige Ziele, z.B. wie das Unternehmen in den kommenden Jahren Plastikverpackungen reduzieren möchte. Hier sind sowohl „Lush“, als auch „Duschbrocken“, schon einen Schritt weiter und werben mit bereits faktisch unverpackter Ware. Auch wurde für den Duschbrocken extra eine kompostierbare Verpackungsbox entwickelt, damit er sich auch unterwegs ohne Probleme transportieren lässt. Für das Marketing bedeutet das, dass damit geworben werden kann, dass das Produkt einen nachhaltigeren Lebensstil bewirkt oder auch in aktuelle Lebenskonzepte, wie beispielsweise das Zero Waste-Prinzip eingefügt werden kann. Als Teil seines Marketings kann „The Body Shop“ im Vergleich zu „Duschbrocken“ jedoch auf ein wichtiges Gütemerkmal verweisen: Das Unternehmen trägt seit 2019 das Siegel eines B Corp-Unternehmens und gerade solche Zertifizierungen können bei möglichen Kund*innen über den Kauf entscheiden.

Was ist eine B Corp-Zertifizierung?

Diese Auszeichnung erhalten Unternehmen, die sich in besonderer Weise um einen positiven Einfluss ihrer Arbeitsweise auf die Umwelt, die Gesellschaft und die Ökonomie bemühen, z.B. durch Engagement für faire Arbeitsbedingungen. B Corp steht dabei für „Benefit Corporation“. Es handelt sich um eine unabhängige Zertifizierung, die von der Non-Profit-Organisation B Lab aus den USA verliehen wird. Weltweit sind inzwischen mehr als 3500 Unternehmen zertifiziert, z.B. auch „Ben & Jerry‘s“. Alle drei Jahre wird überprüft, ob das Unternehmen die Anforderungen des Siegels immer noch einhält.

Unterschiedliche Schwerpunkte

Nachhaltigkeit steht im Fokus dieses Marketings – dennoch können unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. Bild: Unsplash.

Wie zuvor beschrieben, ist das gemeinsame Anliegen der vorgestellten Unternehmen mehr Nachhaltigkeit. Dennoch bedienen sie, hinsichtlich ihres jeweiligen Marketings, unterschiedliche Schwerpunkte, um sich in der Branche ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zu sichern. Dies kann auch bewirken, dass unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. So steht „Lush“ für schön verzierte und ansprechend gestaltete Produkte, die sich zum Beispiel auch gut als Geschenkartikel eignen sollen. Wer bei „Lush“ bestellt, gönnt sich also zu Hause etwas Besonderes, das könnte zumindest die Aussage des Marketings sein. „Duschbrocken“ verfährt in seiner Strategie anders: Allein der Name klingt eher funktional. Das Produkt soll ein Alltagsgegenstand sein, minimalistisch, sowohl in seiner Optik als auch in seiner 2-in-1-Funktion. „The Body Shop“ bietet hierzu kein vergleichbares Produkt an. Ein weiterer Unterschied zum Duschbrocken: Letzterer soll für jeden Haar- oder Hauttyp geeignet sein, während „The Body Shop“ verschieden spezialisierte Produkte anbietet. Dieser Aspekt fügt sich wiederum gut in das etablierte Marketing von „The Body Shop“ ein, der sich nach eigenen Angaben gegen bestehende Schönheitsideale für Frauen und für mehr Individualität einsetzt. 

Social Media als Marketing-Plattform

Bei den Standorten zum Vertrieb ihrer Produkte scheinen die internationalen Firmen „Lush“ und „The Body Shop“ dem Stuttgarter Start-Up klar voraus zu sein. Während die Duschbrocken hauptsächlich online oder in ausgewählten Drogerien erhältlich sind, besitzen die beiden anderen Unternehmen eigene Filialen in vielen verschiedenen Ländern, so kommt „Lush“ auf etwa 900 Filialen weltweit. Nun muss aber wenig Präsenz in Innenstädten, gerade in Zeiten von Corona, erst einmal nichts heißen. Sichtbarkeit können auch Social Media Plattformen schaffen und diese Option macht sich „Duschbrocken“ zu Nutzen. Beispielsweise werden auf Instagram Bilder von Reisenden gepostet, die den Duschbrocken in die ganze Welt mitnehmen und ihn auf einem Schnappschuss verewigen. Von Bildern aus Norwegen, San Francisco, Hawaii oder Namibia ist hier alles zu finden. Dadurch entsteht Marketing für das junge Unternehmen also fast schon von selbst. Neben dem praktikablen Reise-Aspekt kommt der Punkt der regionalen Produktion bei Kund*innen gut an.

 

Endergebnis?

Zusammenfassend scheint ein gutes nachhaltiges Marketing auszumachen, dass konkretes Engagement offengelegt wird und es sich nicht nur um Floskeln handelt. Es muss zudem klar werden, welchen Nutzen das Produkt für Kund*innen hat, die einen Beitrag für den Schutz unserer Umwelt leisten wollen. Das Marketing von „Duschbrocken“ kann diesen Faktoren standhalten. Obwohl das Start-Up nur ein kleines Sortiment anbietet, passt gerade dies in das Gesamtbild eines minimalistischen Produktes. „Wenig, aber dafür gute Qualität“, diese Art des Marketings scheint den Nerv der Zeit zu treffen und lässt „Duschbrocken“ auch neben großen Firmen hervorstechen. 

Bei Letzteren wird die nachhaltige Identität durch namhafte Kampagnen und Siegel untermauert. Und „Duschbrocken“? Im August letzten Jahres erhält das Start-Up eine Nominierung für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis als Vorreiter in der Kategorie Design. Eine Zertifizierung wird auch hier wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Quellen

  • Ballantine, Paul W. & Kemper, Joya A. (2019). What do we mean by sustainability marketing?. JOURNAL OF MARKETING MANAGEMENT, 35(NOS. 3-4): 277-309.
  • https://duschbrocken.de/
  • https://instagram.com/duschbrocken
  • https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.die-hoehle-der-loewen-bei-vox-duschbrocken-erfinder-aus-stuttgart-holen-deal.69de8cf1-be6e-473a-80c9-50bc12384897.html
  • https://de.lush.com/
  • https://www.thebodyshop.com/de-de/
  • https://www.bcorporation.de/faq