Bild: Hanna Spanhel

Ich wollte immer nur schreiben

Ein Portrait über Hanna Spanhel

Von Lea Scherm

Hanna Spanhel studiert Politik- und Medienwissenschaft in Tübingen, macht viele Praktika im Bereich Journalismus, ihr Volontariat bei der Stuttgarter Zeitung/ Nachrichten und arbeitet heute dort als Redakteurin im Bereich Politik/ Landespolitik.

Wenn man sich ihren beruflichen Werdegang anschaut, findet man keine Lücke, die auf eine noch so kleine Unsicherheit auf dem Weg in die Berufswelt schließen lässt. Während andere noch nach einem abgeschlossenen Studium verzweifelt nach möglichen Ideen für ihre berufliche Zukunft suchen, beschließt Hanna bereits während ihrer Schulzeit, was sie später einmal werden will: Journalistin. Durch ihren Vater, der selbst Journalist ist und ihr BOGY-Praktikum, das sie bei einem Fernsehsender macht, verfestigt sich ihr Beschluss, Journalistin zu werden.

„Ich glaube das haben auch andere ein bisschen beneidet, dass ich immer dieses klare Ziel hatte“.

Besonders fasziniert mich während unseres Gesprächs die Zielstrebigkeit und Selbst-sicherheit mit der Hanna von ihrem Entschluss, Journalistin zu werden, erzählt. „Ich habe das nie mehr in Frage gestellt, es war immer klar und ich bin zielstrebig darauf zugelaufen“.

Nach ihrem Abi macht Hanna ein Gap Year in Ghana, besonders internationale Politik und Entwicklungszusammenarbeit haben ihr Interesse geweckt. In Tübingen findet sie ihr Match: Politik- und Medienwissenschaft, gefolgt von ihrem Master ‚Internationale Politik- und Friedensforschung‘ mit einem Auslands-semester in St. Andrews in Schottland.

Kennengelernt hat sie die Universität Tübingen damals am Tag der offenen Tür. Im schönen Blaubeuren zur Schule gegangen, erinnert sie sich, dass sehr viele ihrer Mitschüler*innen damals nach Tübingen gefahren sind, um sich die Studienmöglichkeiten anzuschauen. So auch Hanna. Ihre Sympathien für Tübingen waren direkt geweckt und so stand der Ort für ihr Studium bereits fest.

Frei schreiben

Die Liebe zum Journalismus und Schreiben ist nicht erst während ihres Studiums entstanden. Angefangen zu schreiben hat Hanna bereits in ihrer Schulzeit für ein Lokalblättchen. Noch vor Beginn ihres Studiums machte sie ein Praktikum beim Schwäbischen Tagblatt, woraus sich eine freie Mitarbeit entwickelte. Auf das Praktikum folgten weitere Praktika und Hanna sammelte immer mehr Kontakte zu Redaktionen, für die sie frei schreiben konnte.

Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, heißt es so schön. Doch Hanna beweist das Gegenteil. „Phasenweise war ich schon ein bisschen überfordert, weil das Studium viel war, dann habe ich in den Semesterferien immer Praktika gemacht und Uni Radio, dann hatte ich noch Hiwi-Jobs. Das war teilweise viel zu jonglieren“. Doch der Job als freie Mitarbeiterin war für Hanna immer recht flexibel: „Wenn ich Kapazitäten hatte, dann konnte ich das übernehmen und wenn nicht, dann war‘s auch okay.“

Erinnerungen an das Studium

Besonders im Kopf geblieben sind Hanna die praktischen Seminare, z. B. zum Thema Radio, in dem sie einen eigenen Radio-Beitrag produziert hat. Auch wenn sie betont, dass der Uni-Alltag oft nicht allzu viel mit der Arbeitswelt zu tun hat, in der später statt einem Radiobeitrag in einem Semester, zehn Radiobeiträge in vier Wochen produziert werden müssen. Doch spannend war es allemal und im Kopf geblieben ist es ihr auch.

Auf die Frage, ob sie sich mit dem Studium gut für das Berufsleben vorbereitet gefühlt hat, hat Hanna eine klare Antwort: „Ich glaube, ich habe mich gut vorbereitet gefühlt, weil ich nebenher selbst viel Praktisches gemacht habe. Aber ohne diese ganzen Praktika wäre es wirklich schwierig gewesen“. Denn die Praktika haben Hanna nicht nur einen ersten Einblick in verschiedene Redaktionen ermöglicht. Sie konnte vor allem auch lernen, mit verschiedenen Charakteren in diesen Bereichen umzugehen. „Das kann an der Uni so nicht vermittelt werden“. Hanna ist der Meinung, dass die Uni Anstöße gibt, zu schauen, was einen interessiert oder was man kann. Doch letztlich ist der Einstieg in das Berufsleben ein Sprung ins kalte Wasser. Doch wer bereits praktische Erfahrungen gesammelt hat, dem fällt der Absprung nicht so schwer.

Während des Gesprächs merke ich, dass Hanna vollkommen von ihrem Weg überzeugt und zufrieden ist. Doch eine Sache gibt es, die Hanna im Nachhinein betrachtet vielleicht doch anders machen würde. „Ich hätte noch mehr Sprachen gemacht“. Denn was im Journalismus sehr stark gesucht wird, sind Menschen, die Expert*innen für bestimmte Fachgebiete sind oder bestimmte Sprachkenntnisse haben wie Arabisch oder Chinesisch.

Einmal Volo und zurück

Auf ihr Studium in Tübingen folgt das Volontariat bei der Stuttgarter Zeitung/ Nachrichten. In zwei Jahren durchläuft Hanna alle Ressorts der Redaktion, wie das Wirtschafts- oder Politikressort, die Online-Redaktion und viele weitere Bereiche. Außerdem hat sie immer wieder Theorieeinheiten. Hanna erzählt mit einem breiten Grinsen von dieser Zeit.

„Da habe ich mit meinen Mitvolontär*innen viel ausprobiert. Wir haben irgendwo eine Kamera geschnappt und sind auf irgendwelche Drehs gegangen und haben rumprobiert.“

Nach ihrem Volontariat hat Hanna eigentlich schon einen Vertrag in der Online-Redaktion im Bereich Politik bei der Süddeutschen unterschrieben. Doch im letzten Moment entscheidet sie sich doch für eine Elternzeit-vertretungsstelle im Ressort Reportage bei der Stuttgarter Zeitung/ Nachrichten. Von einer Elternzeitvertretung in die nächste, von einem befristeten Vertrag zum nächsten, spürt man förmlich die Erleichterung in ihrer Stimme als Hanna von ihrer aktuellen unbefristeten Stelle als Redakteurin im Ressort Politik und Landespolitik erzählt.

Wie sie ihren Alltag beschreibt? Das kann Hanna schwierig verallgemeinern. „Einen typischen Alltag gibt es nicht, weil jeder Tag ein bisschen anders ist“.

Da Hanna eine Mischung aus Landespolitik und überregionalen politischen Themen macht, besteht ihr Alltag aus festen Terminen und Themen wie Landespressekonferenzen, aber auch der Umsetzung eigener Ideen und Recherchen. Am Morgen steht immer eine Konferenz an, in der Wünsche der Chef-redaktion oder der Ressortleitung geäußert werden, die dann umgesetzt werden sollen. Ansonsten recherchiert Hanna selbst nach Themen, die sie spannend findet.

Am Schreibtisch oder vor Ort?

Gerade in der Pandemie sind viele Recherchen an den Schreibtisch verlegt worden. Dennoch ist Hanna auch oft vor Ort, wie beispielsweise bei Landespressekonferenzen. Für Hanna ist es sehr wichtig präsent zu sein, sich vor Ort zu zeigen, damit persönliche Kontakte gehalten werden und Leute auch wissen, wer sie ist. Auch für Recherchen ist sie unterwegs. Erst kürzlich hat sie zur Frage, ob die ehemalige Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Meßstetten reaktiviert werden soll, eine Recherche vor Ort gemacht, ist nach Meßstetten gefahren und hat sich dort umgehört. „Es ist eine Mischung und das ist eigentlich ganz cool für mich“.

Ihre persönlichen Highlights

„Ich wollte immer nur schreiben“, sagt Hanna. Sie gibt zu, dass es auch Texte gibt, mit denen sie eher zu kämpfen hat. „Aber manchmal macht es einfach Spaß, so mit Sprache zu spielen und zu schreiben. Also es gibt mehrere Highlights.“

Die Möglichkeit durch ihren Beruf mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, ist für Hanna definitiv ein Highlight an ihrem Beruf. Ich spüre die Begeisterung in ihrer Stimme. „Man kommt in Kontakt mit völlig unterschiedlichen Menschen und deren Geschichten und das ist cool, weil es für mich jedes Mal so einen Horizont erweiternden Aspekt mit sich bringt.“

Herausforderungen

Auch wenn für Hanna feststeht, dass sie im Journalismus ihren Traumberuf gefunden hat, sind die Bedingungen nicht immer die besten. So ist es kein Geheimnis, dass sich Zeitungs-redaktionen schon länger in einer wirtschaftlichen Krise befinden, die auch durch Corona nochmal verstärkt wurde. In diesen Zeiten keine unbefristete Anstellung zu haben, war definitiv eine sehr große Herausforderung für Hanna:

„Da in der Situation zu sein keine unbefristete Stelle zu haben, war auf jeden Fall schwierig und belastend, weil ich ständig an dem Punkt war, dass ich nicht wusste, werde ich nochmal verlängert oder tut sich etwas für mich auf oder stehe ich in drei Monaten auf der Straße“.

Eine große Erleichterung für Hanna war der Schritt in eine unbefristete Stelle Ende letzten Jahres – als Redakteurin bei der Stuttgarter Zeitung/ Nachrichten im Politikressort.

Doch hat sie sich schon mal überlegt, in eine andere Richtung zu gehen?

„Auf jeden Fall. Ich war immer wieder an dem Punkt und war teilweise kurz davor in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, also zum SWR zum Beispiel zu wechseln.“

Doch immer wieder hat Hanna das Glück und es öffnen sich neue Türen für sie. In ihrer jetzigen Position genießt Hanna viele Freiheiten, das zu machen, was sie interessiert und worauf sie Lust hat. Ungern würde sie all das aufgeben, um woanders wieder komplett neu anzufangen. Und trotzdem hält Hanna sich die Möglichkeit für die Zukunft offen. Denn schließlich weiß niemand so genau, was die Zukunft bringt.

Ihr Ziel hat Hanna mit einem beachtlichen Durchhaltevermögen erreicht. „Mir war es nie wichtig beim Spiegel zu laden oder bei der Süddeutschen“. Die ganz großen Häuser mag Hanna nicht so gerne, lieber sind ihr ein bisschen kleineren Zeitungen, bei denen sie vielleicht mehr Freiheiten und Verantwortung hat.

Tipp für Journalismus-Begeisterte

Für alle Journalismus-Interessierten empfiehlt sie: „Macht auf jeden Fall eure eigenen Praxis- Erfahrungen, auch wenn es manchmal bedeutet, dass man draufzahlt, weil leider nicht jedes Praktikum bezahlt ist.“

Update: Hanna Spanhel ist seit Oktober 2022 Freie Korrespondentin in Kairo, unter anderem für die Stuttgarter Zeitung und den Tagesspiegel.