Liebe 2.0

Von Alexander Karl

Können E-Mails genauso romantisch sein wie handgeschriebene Liebesbriefe? Ja, werden wohl alle Leser von  „Gut gegen Nordwind“ sagen. Denn der Bestseller ist eigentlich ein E-Mail-Liebesroman, mit dem Daniel Glattauer ein literarischer Bestseller gelang – ebenso mit dem Folgeband „Alle sieben Wellen“. Doch fernab der fiktiven Online-Romantik stellt sich die Frage, wie Liebesbekundungen sich in Zeiten des Internets verändert haben – und Liebe im Web überhaupt entsteht.

Liebe im Web

Lange galt das Klischee, dass Computernutzer sozial isoliert wären – doch seit es soziale Netzwerke gibt, scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Je beliebter man ist, desto mehr soziale (Online-) Kontakte hat man, desto länger ist die Freundesliste oder desto häufiger gibt man an, mit seinen Freunden irgendwas zu unternehmen. Und somit ist es kein Wunder, dass immer mehr Beziehungen online entstehen oder dort intensiviert werden.

Doch wie entsteht Liebe im Web? In der Forschung wird beispielsweise das Online-Kennenlernen nach gezielter Partnersuche (z.B. Partnerbörse) und beiläufigem Kennenlernen (z.B. in Chat-Foren oder neuerdings wohl auf Facebook) unterschieden (vgl. Döring, 2003, S. 7-9).

Aber wie findet man seinen Partner im Netz? Nicola Döring vermutet dass man entweder nach Profilübereinstimmungen (Größe, Alter, Hobbys etc.) oder aufgrund von Seelenverwandtschaft selektiert. Während oftmals die den Partnerbörsen eigenen Suchmaschinen bereits die Profilübereinstimmungen herausfiltern, findet der Check bei Seelenverwandtschaft von „innen nach außen“ statt, wie Döring es nennt (2003, S. 11).

Meistens folgt aber irgendwann der Schritt in die Realität – bei einem persönlichen Treffen außerhalb des Internets werden dann vertiefende Kontakte gekünft.

Doch Online-Dating spielt mittlerweile nicht nur in der Forschung eine große Rolle, sondern ist ein gesellschaftlicher wie wirtschaftlicher Faktor: Im Jahr 2010 fanden insgesamt 5,4 Millionen Deutsche ihre Partner im Netz. Längst sorgt das auch für Umsatz. „Die wichtigsten 100 Datingportale erwirtschafteten in Deutschland 2010 rund 188,9 Mio. Euro – über 85% in Form von Mitgliedsbeiträgen, der Rest sind Werbeeinnahmen“, berichtet aktuell etwa finanznachrichten.de. Und gerade auch durch neue, auf Facebook basierende Dienste wird der Markt derzeit aufgemischt.

Beziehungspflege 2.0

Auch in Zeiten des Internet werden sie noch geschrieben und verschickt – Liebesbriefe. Zwar fehlt der typische Parfumgeruch oder das gemalte Herzchen am Rand, doch Liebesbriefe im Internet sind grundsätzlich nicht anders als ihre Offline-Pendants. Aber – wie Wyss (2003, S. 9) es nennt – gibt es Internetcodes, die die Beschränktheit des Mediums wettmachen; so ersetzen Smileys beispielsweise liebevoll an die Seite des Blattes gemalte Blumenranken. E-Mail-Liebesbriefe brechen oftmals auch althergebrachte Kommunikationsformen wie die Anrede auf oder – wie bei kurzen Liebesbekundungen – sind eher im Telegrammstil gehalten. Aber: Natürlich gibt es auch Liebes-E-Mails, die gängige Konventionen einhalten.

Der Vorteil des elektronischen Liebesbriefs ist natürlich die schnelle Übertragung, wobei nicht nur E-Mails genutzt werden: Mittels SMS können auf die schnelle auch kurze Liebesbotschaften verschickt werden, während MMS oder Bild-Anhängen an E-Mails der pictorial turn verstärkt wird (Simonis, 2008, S. 431). Gleichzeitig besteht aber auch die Möglichkeit, über Youtube Liebesbotschaften zu gestalten und sie für die ganze Welt zugänglich zu machen.

Aber: Nicht jeder ist kreativ genug, um selbst Liebesbriefe zu schreiben. Daher gibt es im Internet Liebesbriefgeneratoren, die einem diesen Job abnehmen. Doch wie Berichte in Internetforen zeigen, kommen diese beim Empfänger nicht immer gut an.

Foto: flickr/dev null (CC BY-SA 2.0)