Edutainment auf TikTok

Wie viel Mehrwert hat es?

Von Carola Heyn

TikTok ist mittlerweile mehr als nur eine Plattform für virale Tänze und lustige Videos. Immer mehr Content-Creator nutzen TikTok, um Wissen zu vermitteln und Bildung mit Unterhaltung zu verbinden – ein Ansatz, der als Edutainment bekannt ist. Doch wie nachhaltig ist diese Form der Wissensvermittlung wirklich? Kann TikTok tatsächlich dazu beitragen, Menschen zu bilden?  

Der Begriff Edutainment setzt sich aus „Education“ (Bildung) und „Entertainment“ (Unterhaltung) zusammen. Er beschreibt Formate, die Wissen auf eine unterhaltsame Weise vermitteln. Auf TikTok erfolgt dies meist durch kurze, kreative Videos, die sich mit unterschiedlichen Themen wie Geschichte, Naturwissenschaft, Sprachen oder Politik auseinandersetzen.

Ein bekanntes Beispiel sind die Kurzvideos von @herranwalt. Er klärt über aktuelle politische Themen auf und ordnet auch verschiedene Situationen juristisch ein. Auch historische Themen werden auf TikTok besprochen. So gibt es zum Beispiel die Creatorin @MissHistory, welche in verschiedenen TikToks über historische Personen und Ereignisse aufklärt.

 

Vorteile von Edutainment auf TikTok

TikTok hat sich durch seinen einfachen Zugang und die Kürze der Inhalte viele Vorteile, um Wissen leicht verständlich und schnell zu vermitteln. Es erreicht vor allem junge Zielgruppen. Statt langen Vorlesungen oder komplexen Fachtexten genügt ein einminütiges Video, um Interesse zu wecken oder Grundbegriffe zu erklären (Bachmair, 2007).

Vor allem ist Unterhaltung ein starker Anreiz, um Menschen zum Lernen zu bewegen. Edutainment-Formate auf TikTok nutzen Humor, visuelle Effekte und kreative Erzählweisen, um Themen interessant an die Nutzer zu vermitteln. Dieser Ansatz kann Neugier wecken und den Einstieg in neue, unbekannte Themen vereinfachen (ebd.).

Durch den TikTok-Algorithmus werden Inhalte empfohlen, die den individuellen Interessen der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen. Dadurch können Edutainment-Videos genau die Zielgruppen erreichen, die an den jeweiligen Themen interessiert sind.

Kritikpunkte und Herausforderungen

Trotz der offensichtlichen Vorteile stößt Edutainment auf TikTok auch auf Kritik.

Durch die geringe Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer können viele Themen nur angerissen werden, ohne in die Tiefe zu gehen. Dies birgt die Gefahr, dass TikTok-Nutzerinnen und -Nutzer sich mit Halbwissen zufriedengeben oder glauben, ein komplexes Thema vollständig verstanden zu haben (Kölmel & Kümmel, 2020).

Auch ist TikTok eine offene Plattform, auf der jede Person Inhalte erstellen kann. Dies bedeutet, dass nicht alle Edutainment-Videos auf wissenschaftlich fundierten Informationen beruhen. Fehlende Quellenangaben oder die Verbreitung von Halbwahrheiten und Pseudowissenschaft sind ein häufig kritisierter Punkt. So können schnell Videos verbreitet werden, die Verschwörungstheorien oder falsche historische Fakten behaupten.

Da TikTok stark auf Algorithmen basiert, die Interaktionen belohnen, stehen oftmals unterhaltende Elemente im Vordergrund. Dies kann dazu führen, dass die Qualität der Inhalte leidet, da sie hauptsächlich darauf ausgelegt sind, Aufmerksamkeit zu erregen (Kölmel & Kümmel, 2020).

Edutainment in der Praxis: Erfolgreiche und problematische Beispiele

Ein positives Beispiel ist der englischsprachige Creator Hank Green (@hankgreen1), der auf TikTok wissenschaftliche Themen wie Klimawandel oder DNA-Replikation anschaulich erklärt. Seine Videos sind nicht nur informativ, sondern auch durch seinen individuellen Humor gestaltet. Mit fundiertem Wissen und Quellenangaben gelingt es ihm, komplexe Themen verständlich zu machen und gleichzeitig das Interesse seiner Zuschauer zu halten.

Auch die Vermittlung von politischen Inhalten findet erfolgreich ihren Platz auf TikTok. So hat auch DIE ZEIT einen TikTok-Kanal, auf dem politische und gesellschaftlich aktuelle Themen diskutiert werden und so Aufklärungsarbeit geleistet wird.

Auf der anderen Seite gibt es Creator, die die Plattform für Desinformation nutzen. So kursieren Videos, die historische Ereignisse verzerren oder wissenschaftliche Fakten verdrehen (Jenkins, 2009). Allerdings sind dies oftmals keine einzelnen TikTok-Kanäle , sondern vielmehr einzelne Videos von verschiedenen Personen, die Fake News verbreiten. Vor allem in der Corona-Pandemie konnte man dies besonders oft feststellen, da zum Beispiel viele Videos mit falschen Fakten über die Impfstoffe kursierten.

Fazit: Revolutioniert TikTok die Bildung?

Edutainment auf TikTok hat zweifellos Potenzial. Es bietet eine neue, einfache Möglichkeit, Wissen zu vermitteln und vor allem junge Zielgruppen zu erreichen. Insbesondere bei Themen, die normalerweise als „trocken“ gelten, kann die Plattform durch Kreativität und Unterhaltung neue Zugänge schaffen.

Allerdings darf man die Grenzen von TikTok nicht vergessen. Der Fokus auf Kürze und Unterhaltung birgt das Risiko, dass Inhalte oberflächlich bleiben oder verzerrt dargestellt werden. Um von Edutainment auf TikTok wirklich zu profitieren, ist ein kritischer Umgang sowohl bei der Erstellung als auch bei der Rezeption der Inhalte sehr wichtig (Schmidt, 2013).

Es wäre wünschenswert, dass TikTok die Qualität von Bildungsinhalten stärker fördert, beispielsweise durch die Einführung von Verifizierungsmechanismen oder mehr Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen. Letztendlich kann Edutainment eine gute und unterhaltsame Ergänzung zur traditionellen Bildung sein – aber es ist kein Ersatz für tiefergehendes Lernen. Wie bei jeder Bildungsinnovation gilt: Die richtige Balance zwischen Qualität und Zugänglichkeit ist entscheidend.

Quellen:
  • Bachmair, B. (2007). Medienbildung in neuen Kulturräumen: Die deutschsprachige und internationale Diskussion.
  • Jenkins, H. (2009). Confronting the Challenges of Participatory Culture: Media Education for the 21st Century.
  • Kölmel, B., & Kümmel, F. (2020). „Zwischen Wissen und Unterhaltung: Der Boom von Edutainment-Formaten auf Social Media.“ In Medien und Bildung heute.
  • Schmidt, J. (2013). Lernen mit digitalen Medien.