World Economic Forum – World Economic Fail?
Von Jessica Dietz
Das World Economic Forum (WEF) gilt als Umschlagplatz der reichen Eliten. Dagegen haben am Wochenende vom 18. Bis 19. Januar 2025 Aktivist*innen aus aller Welt protestiert. Ihnen geht es nicht um wirtschaftliches Wachstum für wenige, sondern eine gerechte Umverteilung von Reichtum und ökologische Verantwortungsübernahme für alle.
Seit 1971 treffen sich im kleinen Schweizer Ort Davos einmal im Jahr die Reichsten der Reichen – und die, die ebenfalls ein Stück vom Kuchen haben wollen. Wirtschaftsexpert*innen, Politiker*innen ebenso wie zahlende Mitglieder und Wissenschaftler*innen kommen zusammen und diskutieren aktuelle globale Fragen der Wirtschaftspolitik. Finanziert wird das Forum von Unternehmen mit globalem Einfluss – und einem Mindestumsatz, der nicht unter 5 Milliarden US-Dollar liegt. Auch staatliche Zuschüsse fließen in das WEF, welches offiziell den Status einer internationalen Organisation innehat und sich selbst als unparteiisch und unabhängig von nationalen und politischen Interessen bezeichnet.
Ebenfalls einmal im Jahr reisen Gegen-Demonstrant*innen aus verschiedenen europäischen Ländern und sogar international an, um gegen diesen Gipfel der Exklusivität zu protestieren. Das Bündnis „Strike WEF“ hat auch dieses Jahr am Wochenende vor Beginn des Gipfels zu einer zweitägigen Winterwanderung nach Davos aufgerufen. Vom 18. Bis 19. Januar sind über 300 Menschen knapp 30 Kilometer nach Davos gewandert, immer begleitet vom Rattern der Helikopter, den wachsamen Augen des Militärs und unzähligen Polizeikontrollen.
Das WEF: Ein Gipfel der Exklusivität?
„Strike WEF“ setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein. Dazu gehört es, das WEF als elitären Umschlagplatz für die Interessen weniger zu kritisieren und den Beteiligten Greenwashing vorzuwerfen. Während das WEF sich auch an sozialen und klimapolitischen Belangen interessiert versteht, werfen die Kritiker*innen dem WEF Exklusivität und Verschwiegenheit vor, alles zum Wohl der eigenen Interessen. Und es stimmt, um der Veranstaltung beiwohnen zu dürfen, müssen exklusive Einladungen oder eine Mitgliedschaft vorliegen. Die Kosten für ein hochpreisiges Ticket belaufen sich 2024 auf 26 000 Euro. Basis-Jahresgebühren befinden sich 2024 bei 63 500 Euro. Es gibt jedoch Mitgliedschaften, die sich preislich bei einer halben Million jährlich bewegen und darüber hinaus. Der Zugang für kleinere Unternehmen und Vertreter*innen weniger wohlhabender Ländern ist auf Basis dieser Preise bereits stark eingeschränkt. Diese Perspektiven können dort also gar kein Gehör finden.
Dazu kommen die Kosten für den Polizei- und Militäreinsatz während der Veranstaltung, die von der Schweiz und zu einem Viertel vom Forum getragen werden. 2019 wurden für den Zeitraum des WEF knapp 9,5 Millionen Euro veranschlagt. Inzwischen soll das WEF den Beitrag erhöht haben, nachdem es wiederholt Kritik an den Kosten gab. Es werden Verkehrswege und Gebäude ebenso wie der Luftraum überwacht, insgesamt werden über 5000 Personen eingesetzt. Das Leben der Einwohner*innen in Davos und den umliegenden Dörfern ist während dieser Zeit stark eingeschränkt. Eine Anwohnerin erzählt, selbst zum Putzen müsse sie ihren Personalausweis vorweisen, ansonsten würde sie nicht an ihren Arbeitsplatz, eine Grundschule, gelassen. Auch die Demonstrant*innen mussten ihr Recht auf Protest einklagen. 2025 ist es erstmals wieder gestattet, die Kantonsstraße nach Davos zu bewandern. Die Jahre zuvor wurde es verboten.
Weltweit sind die Reichsten der Reichen für 52 % der Pro-Kopf-Emissionen verantwortlich und reich sind defacto nur wenige.
Mitglieder des Bündnisses „Strike WEF“ fordern „Tax the Rich“ und „Schluss mit dem Greenwashing“. Eine Delegation aus Peru ist angereist, um auf internationale Folgen und Verantwortlichkeiten von Ressourcen-Extraktivismus durch globale Konzerne aufmerksam zu machen. Während das WEF ein zunehmendes Interesse am Umweltschutz bekundet, steigt die Ungleichheit weltweit kontinuierlich. Die Einkommen multinationaler Unternehmen wachsen, während Investitionen nicht mehr in Arbeitsplätze, Lohnanhebungen, Infrastruktur oder Weiterbildung investiert werden, sondern in die Dividenden ihrer Aktionär*innen und Aktienrückkäufe. Auch emissionstechnisch steht die Bekundung des WEF mehr Klimaschutz leisten zu wollen im Widerspruch zum tatsächlichen Outcome: Teilnehmer*innen reisen mit Privatjets, Helikoptern und SUVs an und stellen bereits mit ihrem allgemeinen Lebensstil und ihren Geschäftspraktiken einen Widerspruch zu dieser Aussage dar. Die reichsten 1% sind für 15 % der Emissionen weltweit verantwortlich, weitere 9 % für 37 %. Das bedeutet weltweit sind die Reichsten der Reichen für 52 % der Pro-Kopf-Emissionen verantwortlich und reich sind defacto nur wenige.
Das Bündnis „Strike WEF“ fordert stattdessen ein für alle zugängliches Forum, in welchem Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit als Teil davon diskutiert werden. Dazu gehören Fragen der Umverteilung und eine Besteuerung von Reichen. Das WEF kann sich als unparteiisch und unabhängig von politischen und nationalen Interessen bezeichnen, die eigenen Interessen stehen jedoch im Mittelpunkt – und diese sind, laut „Strike WEF“, nicht mit einer sozialen und ökologisch gerechten Transformation zu vereinbaren.