BARBIE bestimmte den Sommer 2023

Der neue Film von Greta Gerwig mit Margot Robbie und Ryan Gosling in den Hauptrollen als Barbie und Ken hat nicht nur die Kinokassen erobert, sondern den ganzen Sommer 2023 bestimmt. Am Eröffnungswochenende hat der Film bereits $337 Millionen eingespielt und knackte in den folgenden Wochen die $1 Milliarde Dollar Marke. Dabei hatte der Film popkulturell auch einen großen Einfluss, die Trendfarbe des Sommers war eindeutig pink. Es wurde zum Beispiel ein Trend, sich pink zu den Vorstellungen anzuziehen und der Sommer wurde Barbie Sommer betitelt. #barbie hat über 17 Millionen Beiträge auf Instagram und über 83 Milliarden Aufrufe auf TikTok.

Wie Glamour berichtete, ist Barbiecore der „größte Modetrend 2023“ und bestimmte die Farben des Sommers: knallig, verspielt und pink. Glamour führt dies auf den Trend der Hyperfemininity zurück. Der Feminismus hat sich in den letzten Jahren dahin entwickelt, dass alle Frauen gleich viel wert sind und brachte den Trend der Hyperfemininity – Frauen, die dem Klischee der „Tussi“ entsprechen. Das ist eine gegenwärtige Entwicklung zu den letzten Jahrzehnten, in denen Frauen, die diesem Klischee entsprachen, oft belächelt wurden oder als unfeministisch angesehen wurden. Jetzt werden sie aber genauso wertvoll wie alle anderen Frauen betrachtet. Bis zu einem gewissen Maße entspricht auch Barbie diesem Klischee – ein Spielzeug, das an Mädchen gerichtet war, blond, schlank, und mit einem Fokus auf Fashion. Dabei haben berühmte Stars und Influencer wie Zendaya, Hailey Bieber oder Kim Kardashian diesen Trend dieses Jahr gerockt.

Tatsächlich war Barbies Einfluss größer als nur Klamotten-Trends, viele Frauen beendeten ihre Beziehungen wegen des Filmes. Auf TikTok gibt es immer mehr Videos von Frauen, die sich trennten, nachdem sie Barbie gesehen haben. Dabei begründen sie ihre Entscheidung damit, dass der Film ihnen gezeigt hat, dass sie etwas Besseres verdient haben und so mit ihnen resoniert hat, dass sie ihn genutzt haben, um die Meinungen ihrer Partner zu testen. Da dem Film inzwischen oft „Männerhass“ vorgeworfen wird, spalten sich da die Meinungen – oft zwischen Männer und Frauen. Viele Männer kritisieren die Darstellung von Ken als männerfeindlich, der nach seinem Ausflug in die reale Welt mit Barbie das Patriarchat ins Barbieland zurückbringt und die anderen Kens davon überzeugt. Als Resultat übernehmen die Kens Barbieland und machen es zum Kendom. Ken ist nur Barbies Nebencharakter, sie ist der Star. Wie er selber sagt, es heißt immer Barbie und Ken, nie einfach nur Ken. Zwar wird sich bei der Darstellung von Ken vieler männlicher Klischees bedient, aber bei der von den Barbies eben auch. Im Film wird sich sowohl über männliche, als auch weibliche Klischees lustig gemacht. Das macht den Film nicht männerfeindlich.

Während einige Männer gegen Barbie hetzen, wird dem Film zugesagt, wichtige feministische Statements zu beinhalten. Ein wichtiger Moment in Barbie ist America Ferreras Monolog, wie Frauen in der echten Welt zu sein haben, der viele Frauen berührt hat. Dabei ist Barbie selber ein Problem – die Puppe hat bewiesenermaßen zu einem erhöhten Risiko von Essstörungen bei Kindern beigetragen und negative Körperstereotypen verbreitet. Die Popkultur Barbie wird als nicht feministisch angesehen, der Film aber schon. Greta Gerwig selber hat in vielen Interviews betont, dass der Film feministisch ist. Der Film zeigt sich dabei selbstkritisch – in einer Szene, in der Barbie eine Existenzkrise hat und sagt, dass sie nicht perfekt ist, betont die Erzählerin, dass diese Nachricht nicht ganz ankommt, wenn man Margot Robbie castet.

Vielleicht hat der Film keinen bahnbrechenden neuen Beitrag zum Feminismus, aber was er auf jeden Fall bringt, ist eine Menge Spaß. Das Kostümdesign ist atemberaubend, Margot Robbies Outfits sind wunderschön und der Film ist vor allem ausgesprochen witzig. Nach Wochen sind die Kinos immer noch ausverkauft und der Film hat bereits einen Kultstatus erreicht. Die Fashion ist zeitlos und wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich so wichtig angesehen wie „Clueless“ und der Humor wird sich genauso als zeitlos beweisen.

 

 

 

 

Quellen:

https://www.instagram.com/explore/tags/barbie/?hl=de 

https://www.ipl.org/essay/Barbies-Positive-Influence-On-Pop-Culture-FCFR9HSVZT 

https://www.vox.com/culture/2023/7/12/23790929/barbie-movie-2023-barbiemania-explained 

https://www.desired.de/stars/kino-film/aus-diesem-grund-immer-mehr-frauen-verlassen-wegen-barbie-ihre-maenner/ 

https://www.glamour.de/artikel/barbiecore-modetrend 

https://www.moviepilot.de/news/angeblicher-maennerhass-in-barbie-das-ist-eine-der-duemmsten-film-diskussionen-aller-zeiten-1142595 

 

Superhero-Fatigue: Tatsächliche Müdigkeit oder einfach ein Qualitätsproblem?

Ob Avengers: Infinity War, Avengers: Endgame oder Spider-Man: No Way Home… Super-helden Filme und ihre Erfolge sind uns allen bekannt, doch handelt es sich dabei um ein Phänomen der Vergangenheit? Viele der aktuellen Marvel Projekte können nicht mehr an die vergangenen Erfolge anknüpfen. Woran liegt das? Gibt es die häufig in diesem Zusammenhang erwähnte „Superhero-Fatigue“ tatsächlich?

 

Die Verfilmung von Superhelden Comics war jahrelang ein Einnahmegarant für Filmstudios wie Disney oder Warner Bros. Der erfolgreichste seiner Art ist Avengers: Endgame (Veröffentlichung 2019) mit 2,8 Milliarden US-Dollar. Seitdem wurden etliche weitere Superhelden Filme veröffentlicht. Nur wenige konnten annähernd an diesen Erfolg anknüpfen. Es stellt sich also unweigerlich die Frage, warum dies der Fall ist. Anhand des Marvel Cinematic Universe (auch MCU genannt), soll dieser Frage hier auf den Grund gegangen werden.

 

Die Zahlen

Seit dem Erfolg von Avengers: Endgame veröffentlicht Marvel 22 neue Projekte in etwas unter vier Jahren (Stand August 2023). Nicht alle davon sind Kinofilme, sondern es handelt es sich auch um Serien und ein Holiday Special. Zwischen 2008 und 2019 kommt das MCU auf dieselbe Anzahl an veröffentlichen Projekten. Es gibt also einen massiven Anstieg, was die Veröffentlichungen angeht. Auf der anderen Seite stehen die Einspielergebnisse dieser 22 Filme seit 2019 und diese sprechen eine eindeutige Sprache. Einzig Spider-Man: No Way Home ist mit 1,9 Milliarden US-Dollar ein Film mit einer ähnlich guten Performance an den Kinokassen als Avengers: Endgame. Dass dieser Film unter dem Motto „Ausnahmen bestätigen die Regel“ läuft, zeigen die Einspielergebnisse der anderen Filme. Mit Black Widow (2021), Eternals (2021) und Shang Chi and the Legend of the Ten Rings (2021) sind das bereits drei der neueren Filme, die sich weit unten in der Liste der Einspielergebnisse des MCUs einordnen. Hier muss man jedoch auch beachten, dass diese Filme während der Corona-Pandemie veröffentlicht wurden. Auch hiervon wurden diese finanziellen Ergebnisse beeinflusst. Doch auch nach Ende der Corona-Pandemie finden die Erfolge nicht ihren Weg zurück zum Superhelden Genre. Das beweist Ant-Man and the Wasp: Quantumania, mit weltweiten Einnahmen von ca. 476 Millionen US-Dollar.

 

Die Superhero-Fatigue

Doch warum sind diese Zahlen so eingebrochen? Häufig wird hier die sogenannte „Superhero Fatigue“ erwähnt. Dabei handelt es sich, wie der Begriff schon andeutet, um eine Müdigkeit von den immer gleichen Geschichten. Es geht also darum, dass in Superhelden Filmen häufig eine Geschichte erzählt wird, die im Ton, der Handlung und den Charakteren den bereits existierenden Filmen ähnelt. Betrachtet man das MCU unter diesem Gesichtspunkt, so fällt auf, dass zwar der Aufbau vieler der neuen Projekte ähnlich zu den vorherigen ist, jedoch eine größere Diversität bei den Hauptcharakteren gegeben ist. Noch nie gab es so viele Protagonistinnen bei Marvel und auch People of Colour sind deutlich stärker repräsentiert. Spricht dies nicht eigentlich gegen das Argument der Superhero-Fatigue? Gerade bei der größeren Diversität der Charaktere bildet sich ein neues „Problem“ für die neuen Filme des MCU, denn ein Teil der Zuschauenden bezeichnet diese Filme als „woke“. Es folgt Review Bombing. Das bedeutet, dass ein Film/eine Serie mit Absicht schlechter bewertet wird, als sie ist, um so die durchschnittliche Bewertung des Projekts nach unten zu manipulieren. Diesem Teil der Zuschauenden wird man es kaum recht machen können und doch sorgen sie für eine geringere Zuschauerzahl und verhindern eine positive Atmosphäre rund um ein Projekt.

 

Das Qualitätsproblem

Es zeigt sich also schon, dass das zunehmende Desinteresse nicht nur an einer Superhero-Fatigue liegt. Könnte es schlichtweg einen Zusammenhang mit einer Abnahme der Qualität geben? Der Regisseur der Guardians of the Galaxy Filmreihe und der neue Chef der Marvel Konkurrenz DC, James Gunn, analysiert das Problem folgendermaßen: „It doesn’t have anything to do with superheroes. It has to do with the kind of stories that get to be told, and if you lose your eye on the ball, which is character. We love Superman. We love Batman. We love Iron Man. Because they’re these incredible characters that we have in our hearts. And if it becomes just a bunch of nonsense onscreen, it gets really boring”. Die Filme fokussieren sich also nicht genug auf ihre Charaktere innerhalb der Geschichte und sorgen deshalb für Langeweile bei den Zuschauenden. Ein weiterer Kritikpunkt rund um die Qualität der Filme ist außerdem etwas, das bei den Dreharbeiten selbst passiert. Es werden immer mehr Szenen vor einem Greenscreen statt einem klassischen Set gedreht. Gleichzeitig werden die Arbeitsumstände für die VFX Künstler*innen immer schwieriger. Es werden bis zu 80h Arbeitswochen, mit unbezahlten Überstunden und fast unerträglicher Druck berichtet. Kein Wunder also, dass die Effekte das ein oder andere Mal nicht den früheren Qualitätsstandard erreichen.

 

Das Streaming Problem

Zu all diesen schwerwiegenden Problemen, kommt nun noch ein weiteres, welches die Filmindustrie grundlegend verändert und eben auch das Superhelden-Genre. Streaming. 2020 launcht Disney den eigenen Streamingservice Disney+. Hier findet man auch alle MCU-Projekte, die für das Kino gedacht sind, schon wenige Monate nach dem Kino Release. Warum sollte man also überhaupt noch ins Kino fahren, wenn man auch einfach auf dem eigenen Sofa denselben Film schauen kann? Doch das ist nicht der einzige Aspekt. Auf Disney+ wurden 12 der 22 Projekte exklusiv veröffentlicht. Dabei handelt es sich um die Serien und Holiday Specials. Um alle Projekte zu sehen und auf dem neuesten Stand zu bleiben, muss man also den Streamingservice abonnieren. Auch hier entsteht neues Potenzial Zuschauende zu verlieren.

 

Das Fazit

Das MCU und seine Probleme sind vielfältig, manche davon lösbar, andere eher nicht. Dennoch wird deutlich, dass es zu simpel wäre, es nur auf eine Superhero Fatigue oder nur auf ein Qualitätsproblem herunterzubrechen. Die Kombination aus mehreren Faktoren hat das MCU an seinen aktuellen Punkt gebracht. Gelingt der Rückkehr zu alten, glanzvollen Zeiten? Oder versinkt das MCU in der Bedeutungslosigkeit? Dies sind Fragen, die nur die Zeit beantworten kann und es wird spannend werden diese Entwicklung zu verfolgen.

Zwischen Hype und Realität: Die Darstellung von ADHS und Neurodiversität in sozialen Medien

Queercoding im Zeichentrick – Zwischen versteckter Vielfalt und schädlicher Stereotypisierung

Was haben Pokémon, Scar und der Antichrist gemeinsam? Die Antwort: Sie werden alle mit stereotypisch queeren Eigenschaften besetzt. Was genau daran problematisch sein kann und was dahinter steckt, wird hier näher beleuchtet.

 

Info-Box "Queer"

Queer wird häufig als Sammelbegriff für Menschen aus der LGBTQ+- Community verwendet. Es kann jedoch auch eine Selbstbezeichnung für Identitäten sein, die über Kategorien wie „Frau“/“Mann“ oder „lesbisch/schwul“ hinausgehen. Queer kann auch eine Haltung sein, die Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit kritisch hinterfragt.

 

Dramatische Gestik, theatralisches und effeminiertes Auftreten auf der einen, Flanellhemden und eine burschikose Ausstrahlung auf der anderen: diese formelhaften Verhaltensmuster lassen sich zuhauf bei Charakteren entdecken, bei denen das sogenannte „Queercoding“ stattfindet.

Unter Queercoding bezeichnet man das Zuschreiben typischer Eigenschaften, die andeuten, dass eine Figur nicht heterosexuell oder cis-gender ist, ohne dass dies on- und offscreen bestätigt wird. Ihre Queerness wird somit nicht explizit gezeigt, aber beispielsweise durch bestimmte Tropes impliziert. Queercoding kann so weit gehen, dass ganze romantische Beziehungen gleichgeschlechtlicher Paare angedeutet werden. Dies fällt unter den Begriff des Queerbaiting.

Geschichtliche Hintergründe

An und für sich scheinen diese beiden Phänomene nicht allzu problematisch zu sein. Denn im Hollywood der 1930er Jahre waren sie ursprünglich als einfache, unterschwellige Möglichkeit gedacht, queere Menschen on screen zu repräsentieren. Gleichzeitig sollte eine staatliche Zensur Hollywoods, das als Zentrum eines maßlos ausschweifenden Lebensstils gesehen wurde, umgangen werden.

Um der Überwachung und Kontrolle durch die Regierung zu entgehen und das Image Hollywoods wiederherzustellen, gründeten die Studios selbst 1922 den Verband „Motion Picture Producers and Distributors of America“ (kurz: MPPDA).

Die MPPDA führte daraufhin einen „Production Code“ ein, auch „Hays-Code“. Mit dem Hays-Code schränkte sich das Filmgeschäft in seinen Produktionen selbst stark ein, um zu vermeiden, dass Gruppierungen von außerhalb auf ihre Werke Einfluss nahmen. Nebst des Verbots gewisser Gewaltdarstellungen und der Heroisierung von Kriminellen unterband der Hays-Code auch „sexuelle Perversion“, was damals eine Umschreibung für Homosexualität war.

Screenwriter*innen griffen daher auf bestimmte, wiedererkennbare Figuren zurück, um vor allem schwule Männer im Skript zu implizieren:

  • „The Sissy“: Der klassische Stereotyp schwuler Männer; eine effeminierte Darstellung, flamboyant, frech und eitel.
  • „The Artiste“: Personifikation der Gefahr, durch Kunst und dasselbe Geschlecht verführt zu werden.
  • „Sycophantic servant“: Eine zumeist männliche Helferfigur, die etwas zu obsessiv und demütig zu ihrem gleichgeschlechtlichen Herren ist.
  • „The Sadist“: Eine Person, die Gefallen daran findet, Menschen gleichen Geschlechts zu foltern und sich dadurch einen psychosexuellen Kick verschafft.

Im Laufe der Jahre und mit einem drohenden Zensurgesetz wurde der Hays-Code immer strenger und de facto Standard. Beispielsweise mussten Filme, die nicht von der MPPDA abgesegnet waren, einen Geldbetrag zahlen und wurden nicht in Kinos des Verbandes gezeigt. Obwohl der Hays-Code mit Beginn der 60er Jahre sein Ende fand, halten sich diese Archetypen bis heute.

Queercoded Zeichentrickcharaktere

Vor allem, aber nicht ausschließlich, finden sich Charaktere mit stereotypisch schwulen oder lesbischen Eigenschaften im Zeichentrick.

Im Anime „PreCure“ hat beispielsweise jede Staffel eine codierte weibliche Paarung, die sich durch eine homo-romantische Freundschaft auszeichnet.

Der Ruf einer weiblichen Stimme führt Elsa in die Ferne. Sie singt: „Or are you someone out there who’s a little bit like me?“ Filmstill: „Die Eiskönigin 2“

Mit dem Erscheinen des zweiten „Die Eiskönigin“ wurde viel darüber diskutiert, inwiefern Elsa als homosexuell gecodet ist: Bereits im ersten Teil muss sie sich verstecken, weil sie besonders ist und hat das Gefühl, ihr Leben zu zerstören, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Als sie im zweiten Teil von einer weiblichen Stimme von ihrer Familie weggeführt wird, erschließt es sich, Elsa als lesbisch zu labeln.

Ein weiteres populäres Beispiel für Queercoding ist Scar aus „König der Löwen“: Seine Augen wirken fast geschminkt, seine Gestiken führt er melodramatisch mit den Handgelenken aus und seine Stimmfarbe wirkt deutlich höher und weiblicher als die von Mufasa.

Auch stereotypisierte Figuren, die denen aus Zeiten des Hays-Codes entsprechen, lassen sich in „Die Schöne und das Biest“, sowie in „Pocahontas“ finden: In letzterem wurde der Bösewicht sissified. In „Die Schöne und das Biest“ finden sich die Merkmale des „Sycophantic Servant“ in LeFou wieder.

„Die Schöne und das Biest“ ist hierbei einer der Filme, die überdies die Absicht hatten, queer zu wirken – als kreativer Kopf wirkte hier Howard Ashman in den 80ern. Als schwuler Mann schaffte er mit „Aladdin“ und „Arielle- die Meerjungfrau“ zwei Filme, um seine Community zu repräsentieren. Auffällig ist jedoch, dass auch in diesen Filmen zumeist die Bösewichte mit formalhaft queeren Eigenschaften dargestellt wurden.

Die böse Seehexe Ursula. Filmstill „Ariellle – die Meerjungfrau“

In „Aladdin“ treffen Stereotype schwuler Männer auf Jafar zu, während die Seehexe Ursula in „Arielle“ von der Dragqueen Divine inspiriert worden sei.

Das Darstellen von Bösewichten mit queeren Eigenschaften geht jedoch auch über Disney hinaus: In der Schurkenbande Team Rocket aus „Pokémon“ wurde deren Mitglied James fortwährend als extravagant und theatralisch präsentiert.

Queercoding kann sogar so weit gehen, dass beispielsweise Charakteren, die mit homosexuellen Klischees dargestellt wurden, Provokationen drohen, die als homofeindlich zu verstehen sind. In „Ralph reicht´s“ ruft der Protagonist dem verweiblichten Rosaliebhaber und Bösewicht King Candy „Nelly Wafer“ zu, ein Schimpfwort gegen schwule Männer.

„King Candy“ in seinem rosa Schloss. Filmstill „Ralph reicht´s“

Auch in Darstellungen des Antichristen, beispielsweise bei „South Park“ oder den „Powerpuff Girls“ biegt der Teufel geschlechtliche Rollenvorstellungen durch das Tragen von Stöckelschuhen oder wird direkt als fester Freund von Saddam Hussein gezeigt.

 

Ist Queercoding problematisch?

An und für sich ist Queercoding erst einmal nicht verwerflich. Um Menschen der LGBTQ+ Community zu repräsentieren, muss deren Sexualität oder geschlechtliche Orientierung nicht unbedingt angesprochen oder zum Thema gemacht werden. Sie kann auch subtiler mit einbezogen werden. Gerade in Kontexten, in denen es nicht erlaubt ist oder war, diese Minderheiten darzustellen, kann Queercoding ein Mittel sein, um Menschen außerhalb heterosexueller und zweigeschlechtlicher Normen zu integrieren.

Problematisch wird es jedoch dann, wenn Queercoding für ein homofeindliches Publikum existiert. Wenn Hinweise auf Queerness die entscheidenden Eigenschaften moralisch grauer Charaktere oder Bösewichte auszeichnet, stehe die implizierte Sexualität in direkter Verbindung zu dem Status als Übeltäter*in, so der Dokumentarfilmer David Thorpe. Gerade weil Zeichentrick häufig für ein jüngeres Publikum gedacht wird, kann dies das Bild vieler Kinder in Bezug auf ein vielfältiges Bild von Sexualität und Geschlecht negativ beeinflussen.

Im Verwenden von Queercoding lässt sich in Bezug auf Filmemacher*innen feststellen, dass zumeist versucht wird, Filme sowohl für queere Menschen, als auch für ein weniger offenes Publikum zu schreiben. Durch das Versprechen von Repräsentation sollen sie als fortschrittlich gelten und das Publikum aus der LGBTQ+ Community anziehen. Auf der anderen Seite werden auch konservative Gruppierungen durch den Verzicht auf explizite Darstellungen von Homosexualität oder Transpersonen nicht vor den Kopf gestoßen.

Eine interessante Perspektive, die die Absichten der Filmemacher*innen auf eine niedrigere Stufe stellt, bietet Roland Barthes Werk „Tod des Autors“. In diesem beschreibt er, dass die Erfahrungen des Publikums und die Interpretation des finalen (textuellen) Produkts eine größere Bedeutung haben, als die Bestrebungen der Personen, die dieses Produkt schufen.

Heißt grob gesagt: Wenn das Publikum eine Figur als queer wahrnimmt, dann kann es auch beanspruchen, dass diese queer ist. Dies könnte eine Möglichkeit für LGBTQ+ Fans sein, um weitreichenderen Einfluss zu nehmen – bis es jedoch soweit ist, haben wir noch einen langen Weg zu gehen.

Quellen:

https://www.lsvd.de/de/ct/3385-Was-bedeutet-LSBTI-Glossar-der-sexuellen-und-geschlechtlichen-Vielfalt?gclid=EAIaIQobChMIoe_4rem7_wIVe4uDBx3q5wBSEAAYASAAEgJLAvD_BwE

https://gender-mediathek.de/de/media/remote-video/queer-coding-explained-hidden-plain-sight

https://feuerundbrot.de/folgen/queercoding

https://www.film.at/news/queer-coding-warum-haben-disney-boeswichte-oft-typisch-queere-eigenschaften/401156016

https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/h:hayscode-198

https://time.com/3949440/david-thorpe-do-i-sound-gay-interview/

Der Aufschwung des TV-On-Demand

Zuerst war das Fernsehen und es war groß. Dann kam das Internet und dies war größer. Groß genug, um die Gesellschaft zu verändern und groß genug, das Fernsehen zu verdrängen. Aber wie und warum? Welche Veränderungen brachte das Internet?

Mit Corona stieg das weltweite Streaming an.

Fernsehen auf und nach Verlangen. Das ist in Zeiten des Internets kein großes Problem mehr. Zu Beginn des Fernsehens gab es nur drei Kanäle. Die einzige Entscheidung war, welcher dieser drei Kanäle man einschaltete. Für neue Filme musste man ins Kino gehen. Heute ist das anders. Es gibt weitaus mehr als drei Sender und diese sind sehr verschieden. Da ist es nicht verwunderlich, dass von 1997 bis 2020 die durchschnittliche Sehdauer des Deutschen um 37 Minuten gestiegen ist. Aber jetzt fängt das Internet an, dem beliebten Zeitvertreib Konkurrenz zu machen. Netflix und Co ziehen, die Massen der jüngeren Generationen an sich.

Die Anzahl der Abonnenten bei Netflix sind rasant gestiegen, von 25,71 Millionen auf 230,7 Millionen weltweit, in den Jahren von 2012 bis 2022. Einen ähnlichen Aufschwung haben auch andere Streamingdienste zu verzeichnen. Keiner will mehr schauen müssen, was irgendein Produzent ihm vorsetzt, und das dann auch noch zu festgelegten Zeiten. Durch on demand wird das geändert. Man kann schauen, was, wo und wann man will. Durch die Funktion des Downloads wird die Reichweite der Selbstbestimmung noch mehr gestützt. Die TV-Sender versuchen nachzurücken, da auch ihr Angebot mehr und mehr im Internet gestreamt wird. Von 1800 Befragten in 2020 sagten 75 %, dass sie die Mediathek nutzen, dagegen gaben nur 29 % an, Live fernzusehen. Auch die Corona-Krise hat ihren Teil dazu beigetragen. In 2020 sind im Vergleich zum Vorjahr die Umsätze des traditionellen TVs um 4,9 % gesunken. Bei den Streamingdiensten hat es einen Zuwachs von 12,6 % gegeben.

Aber dieser Wandel bedeutet noch weitaus mehr. Es gibt den Nutzern die Freiheit, zu schauen, was ihnen gefällt und dies zu beliebigen Zeiten. Es hält die soziale Blase, in der wir ohne hin schon stecken, aufrecht. Dadurch erhalten die Menschen noch mehr die Möglichkeit, ihre Augen vor bestimmten Themen zu verschließen. Dieses gezielte Aussuchen der Themen, könnte zur Folge haben, dass unangenehmen, aber notwendigen Inhalten aus dem Weg gegangen wird.

Davor war jeder gezwungen, auch hin und wieder Anderes zu sehen. Jeder konnte dem Zuschauer über die Schulter sehen, da es in einem Wohnzimmer stattfand. Somit wurde man zum Beispiel in der Familie oft auch durch den Konsum der anderen geprägt und schaute diesen mit, auch wenn es eigentlich nicht im eigenen Interessengebiet liegt.

Fernsehen als Familienevent ist auch heute noch möglich.

An sich ist das Konsumieren von Filmen mittlerweile mehr ein Einzelsport als ein Gemeinschaftserlebnis. Früher war das abendliche gemeinschaftliche Fernsehen ein Familienevent, an dem alle teilnahmen. Es ging mehr um das Zusammensitzen und Entspannen von dem stressigen Arbeitstag als einsam im Zimmer eine Serie zu bingewatchen. Das führte zu einem leichteren Austausch und Verarbeitung des gesehenen.

Jedoch ist auch der Anspruch durch Freunde und Bekannte stärker immer alles geschaut zu haben, was sie schauen. Es gibt Kreise, in denen wird man regelrecht abgefragt über das Repertoire, um die Kompatibilität zu prüfen. Bestimmte Streamingdienste müssen genutzt werden, um dazuzugehören. Dies kann auch zur Folge haben, dass bestimmte Gruppen als schlecht gesehen werden, und somit Menschen ausgegrenzt werden. Besonders bei großen Franchise wie zum Beispiel bei Star Wars und Star Treck kann ein regelrechter Meinungskrieg beobachtet werden. Das Resultat sind regelrechte Glaubensgemeinschaften, die nur ihr Lieblingsuniversum als logisch, glaubwürdig und wertvoll erachten. Somit können sich Gesellschaftsgruppen spalten und führen zu Streitereien.

Solch eine Auffächerung in Gruppen ist nur möglich, da jeder die Freiheit hat selbst zu wählen und sich das vermeintlich richtige Programm selbst zu erstellen.

Und trotzdem hat das TV-On-Demand auch seine positiven Seiten. So die Internationalität von im Internet stattfindenden Konsummöglichkeiten. Das Internet ist in den meisten Ländern nicht an die Nationalität gebunden und kann somit auch Einblicke in andere Kulturen bieten. Zum Beispiel haben sowohl Netflix als auch Amazon Prime ein breites internationales Angebot mit Filmen und Serien aus unterschiedlichen Ländern und einheimischen Regisseuren. Das Angebot ist nicht mehr wie beim Fernsehen auf den westlichen Lebensraum eingeschränkt. Somit können neue Formen der Kunst entdeckt werden und durch Veranschaulichung ein reales Bild von anderen Ländern entstehen.

Das Hauptmotiv zum Medienkonsum auf Internetplattformen und im Fernsehen ist meistens Spaß. Ein Film oder eine Serie können, einem nicht nur eine neue Welt zeigen, sondern auch, die Realität für einen Augenblick verschwinden lassen. Da Filme durch Bild und Ton die zwei Sinne ansprechen, mit denen die meisten die Realität zum Großteil wahrnehmen, ist es mit ihnen möglich vollkommen in andere Lebenswirklichkeiten zu versinken und Emotionen zu erleben, die man vielleicht in der eigenen Realität vermisst. Es kann jedem Gemütszustand die richtige Medizin in Form von Bild und Ton gegeben werden und kann den emotionalen Zustand verbessern.

Dass wir uns als Gesellschaft immer verändern, ist nichts Neues. Und die Veränderungen, die mit dem TV-On-Demand kommen, sind, weder aufhaltbar noch vermeidbar. Es ist wichtig, wie bei vielen neuen Errungenschaften, sich selbst darüber klar zu werden, wie man dem Neuen in seinem Leben Platz gibt. Und so ist es auch mit dem Fernsehen, wie auch mit dem TV-On-Demand. Wie man die Selbstbestimmung nutzt, ist jedem persönlich überlassen.

 

Quellen:

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/118/umfrage/fernsehkonsum-entwicklung-der-sehdauer-seit-1997/#professional

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/653794/umfrage/zuschauermarktanteile-der-groessten-sendergruppen/

https://de.statista.com/themen/1840/netflix/#dossierSummary__chapter3

https://de.statista.com/infografik/22829/geschaetzte-umsatzentwicklung-bei-tv-und-video/

https://de.statista.com/infografik/24135/anteil-der-befragten-die-gelegentlich-fernsehsendungen-ueber-das-internet-schauen/

Mathe, Bio, Medienkompetenz: Warum das Internet in den Lehrplan gehört

Der Unterricht an deutschen Schulen wird immer digitaler. Doch nur durch das Arbeiten mit Tablets lernen die Kinder nicht, wie man Phishing Mails erkennt, welche Internetseiten seriös sind und auf welchen Link man lieber nicht klicken sollte.  

 

„Spam verstopft nicht nur E-Mail-Postfächer und bahnt Betrugsversuche an, sondern infiziert oft auch das Empfängersystem mit einem Schadprogramm zum Ausspionieren persönlicher Daten: Phishing heißt diese Cybercrime-Spielart – ein Kunstwort, das sich aus Passwort und Fishing zusammensetzt.“ (Zitat des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik)

 

Der Diskurs um die Digitalisierung der Schulen ist innerhalb der letzten Jahre immer relevanter geworden. Immer mehr Bundesländer setzen sich das Ziel, Unterricht digitaler zu gestalten und Schüler*innen dadurch einen richtigen medialen Umgang beizubringen. Mit der Integrierung von Tablets und Laptops geht aber ein mindestens genauso wichtiger Aspekt des Umgangs mit Medien einher: die grundlegende und kritische Auseinandersetzung mit Medieninhalten. Kurz gesagt, die Medienbildung. Dazu gehört die Aufklärung über Gefahren, wie man sich davor schützen kann und viele weitere Aspekte, die sich im Zuge der Digitalisierung im Lernplan widerspiegeln sollten.

Digitalisierte Zukunft

Vom Verabreden mit Freunden bis hin zu Überweisungen – inzwischen spielt sich vieles online ab. Auch im Leben der Kinder und Jugendlichen. In einer Umfrage vom November 2022 gaben 84 % der befragten Zwölf- bis Neunzehnjährigen an, täglich Zeit im Internet zu verbringen. Mit der wachsenden Digitalisierung steigt demnach auch die Notwendigkeit eines gefestigten Medienverständnisses und dem Wissen darüber, wie mit Medien und deren Inhalten umzugehen ist. Diesem Bildungsauftrag sind sich auch die Schulen bewusst.

In dem 2022 veröffentlichten Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg wird die Medienbildung unter dem Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ festgehalten und dient damit „[…] den Lehrkräften der allgemeinen Schulen und anderen schulischen Partnern als gemeinsame verbindliche Orientierungs- und Arbeitsgrundlage.“ Es liegt also an den Schulen, die Medienbildung ausreichend in den Unterricht mit einfließen zu lassen. Als eigenes Unterrichtsfach ist sie jedenfalls nicht angedacht. Fraglich ist jedoch, ob nicht gerade das für ein solch komplexes und wichtiges Thema wie das der Medienbildung angebracht wäre.

In naher Zukunft dürfte sich noch weitaus mehr digital abspielen, als es das in der Gegenwart bereits tut. Deshalb scheint es wichtiger denn je, Schüler*innen bereits früh über mögliche Gefahren und ratsame Verhaltensweisen mit Medien und deren Inhalten aufzuklären. Dies kann, und wird, nebenbei im Rahmen anderer Fächer wie Informatik vermittelt, sollte aber in Zukunft als eigenes, unabhängiges Fach in Betracht gezogen werden. Nicht nur gingen die vermittelten Inhalte dadurch nicht durch diverse andere Themen unter, sondern könnten auch über mehrere Jahre kontinuierlich und ausführlich besprochen werden. Neben den ersichtlichen Themengebieten wie Sicherheit im Internet und auf Social Media, könnte sich im Rahmen eines gesonderten Fachs auch mit Aspekten wie Konsum und Konsumkontrolle, Medienrecht und der Erkennung von Fakes (egal ob in Nachrichten-, Bild- oder Tonform) auseinandergesetzt werden. Auch für ihre weitere akademische Laufbahn könnten Kinder und Jugendliche von einer umfassenden Medienausbildung profitieren. So gehört zu einer fundierten Medienkompetenz auch das Recherchieren von verlässlichen Quellen, was spätestens an der Universität gefordert wir

Der richtige Umgang mit Medien wird immer wichtiger.

Lehrer-, Fachkräfte- und Ausstattungsmangel

Ein gesondertes Fach für Medienkompetenz fordert Fachpersonal. Da an deutschen Schulen ohnehin seit Jahren Lehrermangel herrscht, könnte dies ein ernsthaftes Problem für die Einführung eines Fachs für Medienbildung darstellen.

Auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften wäre notwendig, um einen solchen Unterricht zu gewährleisten. Als erster Schritt könnte jedoch jetzt schon versucht werden, die Medienbildung noch intensiver in Fächer wie Informatik miteinzubinden, in denen das bereits vorhandene Lehrpersonal eine etwas breiter aufgestellte Expertise aufweisen kann. Zwar wird Informatik nicht an allen Schulen unterrichtet, könnte dort, wo es angeboten wird, aber bereits einen Schritt in die richtige Richtung machen.

Inwiefern sich auf dieser Grundlage schließlich ein eigenes Fach herausbilden könnte, bleibt abzuwarten.

Auch eine entsprechende Ausstattung muss gewährleistet werden. Zwar hat sich die Internetversorgung von Schulen innerhalb der letzten Jahre stark verbessert, dennoch gaben im Herbst 2021 erst 54 % der Schulen an, Zugang zum Internet gewährleisten zu können.6 Viele Schulen müssten also noch mit entsprechenden Mitteln versorgt werden, um Schüler*innen eine umfassendere Medienausbildung überhaupt ermöglichen zu können.

Medienkompetenz an Schulen – Fazit

Egal ob als eigenes Fach oder zunächst nur stärker repräsentiert im üblichen Lehrplan: Medienkompetenz sollte in Zukunft umfassender an Schulen unterrichtet werden. Die Medien und das Internet nehmen inzwischen einen so großen Teil unseres alltäglichen Lebens ein, dass sie unumgänglich geworden sind. Je früher man Kinder und Jugendliche also über deren Chancen, Risiken und Handhabung unterrichtet, desto sicherer und souveräner können sie sich in Zukunft in der medialen Welt bewegen.

Frauen in der Stummfilmzeit – Die vergessenen Pioniere des Films

Frauen und die Stummfilmzeit. Zwei Begriffe, die wir im ersten Moment nicht miteinander verbinden, doch wie viel Anteil haben Frauen eigentlich tatsächlich an den Anfängen der Filmindustrie? Und welche Probleme gab es?

Die Filmwelt ist eine Männerdomäne. Das ist, woran die meisten denken. Insbesondere, wenn es um die Anfänge Hollywoods und die Ära der Stummfilme geht. Jedoch entspricht dies keinesfalls der Wahrheit.

Bereits seit Beginn des Films haben Frauen einen großen Anteil an der Weiterentwicklung dieser Industrie. In einem Artikel der Business Woman werden 29 verschiedene Rollen aufgezählt, die von Frauen innegehalten wurden. Diese Zahl alleine zeigt, dass Frauen präsent und prägend in der Filmindustrie waren und sind.

Die Rahmenbedingungen

Um die Rahmen- und Arbeitsbedingungen für Frauen in der Stummfilmzeit besser verstehen zu können, hilft es einen Überblick über die Filmindustrie zu dieser Zeit zu bekommen. Der erste Stummfilm wurde am 28. Dezember 1895, nicht wie man erwarten würde, in den USA gezeigt, sondern in Frankreich. Erst knapp drei Monate später, am 4. April 1896, wurde in New York der erste Stummfilm der Edison Company, als erster Stummfilm überhaupt in den USA, abgespielt. Zu dieser frühen Anfangszeit gab es kaum Möglichkeiten für Frauen in der Filmindustrie Fuß zu fassen.
 

Der Nickelodeon Boom – Die Chance für Gene Gauntier

Erst mit dem Boom der Nickelodeons zwischen 1906 und 1909 eröffnen sich Möglichkeiten für viele Frauen. Nickelodeons sind erste Kinosäle, die zwar schlicht eingerichtet und meist einfach nur bestuhlt waren, dafür aber für einen geringen Eintrittspreis Unterhaltung du kurze Filme anboten. Das Programm änderte sich meistens zwischen ein bis zwei Mal pro Woche.

Eine der Frauen, die während des Nickelodeon Booms ihre Karriere begann, ist Gene Gauntier. Sie war für die Kalem Company tätig, welche Anfang 1907 in New York von George Kleine, Samuel Long und Frank Marion gegründet wurde. In ihren Memoiren beschreibt Gauntier ihre Tätigkeiten als chaotisch. Wie für viele Frauen üblich, beschränkte sich ihre Arbeit nicht auf die Autorinnentätigkeit, für den sie bezahlt wurde, sondern reichte darüber hinaus. Sie schreibt hierzu:

„In addition to playing the principal parts, I also wrote, with the exception of a bare half-dozen, every one of the five hundred or so pictures in which I appeared. I picked locations, supervised sets, passed on tests, co-directed with Sidney Olcott”.

Sie galt als erstes „Kalem Girl“ während ihrer Zeit bei der Company zwischen 1907 und 1912. In dieser Zeit schrieb sie unter anderem das Konzept für Ben Hur (1907) und arbeitete als Schauspielerin in verschiedenen Projekten. Ihr Erfolg ermöglichte es ihr, 1912 die Gene Gauntier Feature Players Company zu gründen, welche allerdings nicht an ihren zu vorigen Erfolg anknüpfen konnte. Nach ihrer Zeit in der Filmindustrie, schrieb Gauntier für die Kansas City Post als Journalistin. Ein Karrierewechsel, der nicht untypisch ist für die damalige Zeit.

Mary Pickford und das Ende der Stummfilmzeit

 

Mary Pickford in einem ihrer Stummfilme

Eine der erfolgreichsten und bekanntesten Frauen in der Filmindustrie, während der Stummfilmzeit ist Mary Pickford. Sie begann ihre Karriere im Theater, um so ihre Familie nach dem Tod ihres Vaters zu ernähren. Ihre Zeit beim Film nahm 1909 ihren Anfang. Sie arbeitete als Schauspielerin und Autorin für D.W. Griffith’s Biograph Company, die sie aber 1912 endgültig verlässt. Bereits vor dem Aufkommen der Feature Films war sie eine Berühmtheit, doch vor allem danach erreichte ihr Erfolg neue Höhen. 1916 erhielt sie einen Vertrag, durch den sie 10 000 $ pro Woche, sowie 50 % der Profite an ihren Filmen und eine eigene Produktionsfirma. Jedoch war die Entwicklung von Stummfilmen zu den „Talkies“ in 1929 eine starke Veränderung, nicht nur für die Filmindustrie, sondern auch für Mary Pickford selbst. Trotz des Gewinns eines Oscars für ihren Film Coquette (1929), erreichten ihre Filme nicht mehr den vorherigen Erfolg.

Diese Veränderung beeinträchtigte die Karriere von vielen Frauen in der Filmindustrie und sorgte für einen erneuten Umbruch.

Women’s Work

Zur Zeit der Stummfilme stellt sich vor allem die Frage: Welche Arbeit ist denn eigentlich „women’s work“? Zu einem Zeitpunkt, an dem Frauen bereits Rollen als Autorinnen, Regisseurinnen oder Produzentinnen einnahmen, war diese Frage noch immer ungeklärt. Dies wird auch an den Beispielen Gene Gauntier und Mary Pickford deutlich.

Zwischen 1907 und 1920 begann die Industrie dann, das Schreiben, als eine für Frauen „geeignete“ Aufgabe anzuerkennen. Häufig waren diese Jobs anonym, sodass Zuschauende nicht wussten, wer den Film geschrieben hat. Eine weitere Beobachtung ist, dass die Bezahlung von Drehbuchschreibenden sank, als es ein von Frauen dominierter Job wurde (geschätzte Zahlen geben an, dass ca. 50 % der Drehbuchschreibenden weiblich waren). Zu Beginn der Stummfilmzeit wurden Drehbuchschreibende zum Teil doppelt so hoch bezahlt wie Regieführende. Zusätzlich gab es mehr als einen Fall, in denen Autorinnen angaben, dass ihre Szenarien abgelehnt wurden, wenn sie diese mit ihrem echten Namen versendet haben, dieselben Szenarien jedoch unter einem männlichen Pseudonym angenommen wurden.

Vergessene Arbeit

Gene Gauntier’s und vor allem Mary Pickford’s Projekte sind besser dokumentiert als, die von vieler ihrer Kolleginnen. Einer der Gründe dafür ist, dass viele Frauen in Partnerschaften mit ihren Partnern und Familien arbeiteten. Vor allem die Partnerschaft von Ehepartnern auch auf Arbeitsebene war üblich. Doch welche Mitarbeitenden erhalten in solchen Fällen für einen Film Credit?

Zu Beginn der Filmindustrie wurde weder männlichen noch weiblichen Personen Credit für einen Film zugesprochen. Erst 1911 wurde das erste Mal in einer Zeitung eine Liste mit den Beteiligten (Autor*innen, Schauspielende, Regieführende) eines Films veröffentlicht und dennoch war häufig unklar, wer tatsächlich an einem Film mitgewirkt hat. Gerade im Fall eines Duos aus Ehemann und -frau, wurde häufig ausschließlich der männliche Partner erwähnt. Dennoch ist es erwähnenswert, dass Autorinnen, Schauspielerinnen und Regisseurinnen, mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit für ihre Mitarbeit an einem Film erwähnt wurden als andere Arbeitsbereiche. So wurden viele Filmschaffende, und insbesondere Frauen, in der Filmindustrie in Vergessenheit geraten.

Das „Women Film Pioneer Project“

Um dieser Welle des Vergessens entgegenzuwirken, wurde das Women Film Pioneer Project ins Leben gerufen. Das Ziel dieses Projekts ist es, weibliche Filmschaffende aus verschiedenen Arbeitsbereichen vorzustellen und ihnen die Anerkennung für ihre Werke zurückzugeben. Sowie die historische Recherche in Bezug auf Frauen in der früheren Filmindustrie zu fördern. Für alle, die sich für dieses Thema interessieren, ist die Webseite des Women Film Pioneer Projects absolut empfehlenswert.